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Blutflucht - Evolution

Blutflucht - Evolution

Titel: Blutflucht - Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loreen Ravenscroft
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unzählige Fältchen zeigten, sagte mir, dass ihn sein Bein heute besonders schmerzte. Sam hatte die Kiefer aufeinandergepresst und die Brauen nach unten gezogen.
    »Klar«, antwortete ich.
    Dankbar lächelnd drehte er sich um und wandte mir seinen kahlen Hinterkopf zu, auf dem nur noch geschätzte zwanzig graue Härchen wuchsen.
    Mein Herz verkrampfte sich, als ich ihn mir genauer anschaute, denn ich kann die Aura sehen, die jeden Menschen wie ein Leuchten umgibt. Sams Leuchten wurde von Jahr zu Jahr schwächer. Das war kein gutes Zeichen. Nichtsdestotrotz tat ich ihm immer gerne einen Gefallen, denn schließlich hatte ich es
ihm
zu verdanken, dass ich mein Geld nicht mit Betteln oder Schlimmerem verdienen musste. Dabei dachte ich an die armen Mädchen, die bei Einbruch der Dunkelheit an den Straßenlaternen standen, in der Hoffnung, irgendein reicher Kerl käme vorbei und würde eines Tages vielleicht mehr von ihnen wollen als nur ihren Körper.
    Also ging ich an meinem »Tiger« vorbei, mit der Absicht, ihm einen unauffälligen Blick zuwerfen zu können. Ich konnte mich an ihm nicht sattsehen, auch wenn er gerade keinen ganz so appetitlichen Eindruck machte und der Bart störte. Ich mochte keine kratzigen Bärte, aber ich wusste ja, wie er darunter aussah. Nur deshalb war er für mich das Paradebeispiel eines Verführers: geheimnisvoll, gefährlich und atemberaubend männlich. Mein Puls raste, als ich neben ihm über die abgenutzte Holztreppe in den Keller verschwand.
    Dort unten war es angenehm kühl, daher liebte ich diesen Ort. Die drückende Hitze der Kneipe und die schlechte Luft machten mir zu schaffen. Ich setzte mich auf die unterste Stufe, schloss die Augen und sog den Geruch von trockenem Holz, süßlichen Rattenködern und Alkohol in mich auf. Das erinnerte mich daran, Sam noch beim Reparieren des Kellerregals zu helfen. Das kleine Erdbeben letzte Woche hatte es umgeworfen. Es waren jedoch nur einige Flaschen zu Bruch gegangen. Immer häufiger bebte es und das machte mir Angst. Es war, als würde Mutter Erde ihre alte Haut mitsamt ihren »Parasiten« abstreifen wollen.
    Plötzlich fiel oben die Tür zu, die ich immer offen ließ, wenn ich in den Keller ging, und das Stimmengewirr der Männer verstummte abrupt.
    »Na, Zuckerpuppe, brauchst du Hilfe?«
    Mein Herz setzte einen Schlag aus, nur um danach mit doppelter Wucht weiterzuhämmern. Ich sprang auf und wirbelte herum. Im gelben Licht der Glühbirne erkannte ich die zwei Halbstarken.
    »Verzieht euch nach oben, ihr habt hier nichts verloren!«, entgegnete ich mit lauter Stimme. Mir wurde mulmig in der Magengegend. Diese zwei aufdringlichen Typen machten mich langsam wütend.
    Ich versuchte mich zwischen den beiden durchzudrängen, um nach oben zu kommen, allerdings hatten sie sich nebeneinander auf eine der schmalen Stufen gestellt und ließen mich nicht vorbei.
    »Doch, wir haben
dich
hier verloren, Sweety.« Der Braunhaarige mit dem leicht pickligen Gesicht grinste anzüglich und stieß mich gegen das Holzgeländer, das mir unangenehm in den Rücken drückte. Sein Atem stank nach Bier und Zigaretten, weshalb sich mein Magen noch mehr verkrampfte.
    Da wurde oben die Tür aufgerissen. Hoffentlich würde Sam nichts passieren, dachte ich, denn gegen diese Jungs hätte er nicht viele Chancen. Dazu war er schon zu alt und krank. Es war jedoch nicht Sam – es war mein Tiger.
    Vor Überraschung erstarrte ich.
    »Ab nach Hause mit euch, Zeit ins Bett zu gehen«, sagte er ruhig, aber bestimmt, mit seiner sinnlichen Stimme, die Hände lässig in die Hüften gestemmt.
    Mein Herz raste. Nicht nur, weil mir die Teens unheimliche Angst einjagten, sondern vor allem, weil mein Tiger einfach umwerfend aussah, wie er da oben auf den Stufen stand. Schmale Hüften, breite Schultern, durchtrainierte Arme – er vereinte alle Eigenschaften eines Traummannes. Zudem wirkte er auf seine Weise stark und irgendwie unverwundbar. Das lag wohl daran, dass ich ihn so unwiderstehlich fand.
    Allerdings war er nur rein äußerlich ruhig. In seinem Inneren tobte ein Orkan und dessen Ausläufer wirbelten bis in meinen Kopf. Tiger war geladen wie ein Starkstromgenerator.
    Die Jungs drehten sich zu ihm um und ich stieg die letzten zwei Stufen hinab, um mich aus der Schusslinie zu bringen. Ärger lag in der Luft.
    »Was hast du gesagt, Biest?«, keifte ihn Blondie an. Sein mit Wasserstoff gebleichtes Haar hing ihm strähnig ins Gesicht. Es hatte etwas Feminines an sich und wäre beinahe

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