Blutflucht - Evolution
sie auch nie schicken, denn dort wiederholen sie meistens die Bluttests. Sie darf LP niemals in die Hände fallen. Zum Glück hat sie nur gering ausgeprägte psychische Kräfte, aber sie wäre für unsere Projekte nicht uninteressant. Wenn die Klonkrieger zusätzlich die Fähigkeiten hätten, zu wissen, was ihre Feinde denken … nicht auszumalen!
Jetzt war ich ein bisschen stolz, eine Fähigkeit zu haben, die für andere durchaus interessant war. Ich seufzte leise. Immerhin etwas.
Auf den nächsten Seiten wurde ich hellhörig.
Das Warrior-Projekt besteht nun schon seit fünf Jahren, aber die Klone wachsen Norris zu langsam. Sie werden mindestens noch einmal fünf Jahre brauchen, bis sie voll einsatzfähig sind. Sie werden dann immer noch aussehen wie halbe Kinder, aber die effizientesten Tötungsmaschinen sein, die die Welt je gesehen hat
.
Ich muss ständig an den Jungen aus Winola denken. Hoffentlich findet Norris ihn nie. Das Protein in seinem Blut, das die Wundheilung beschleunigt, könnte modifiziert vielleicht auch die Wachstumsphasen der Klone verkürzen
.
Beinahe verschüttete ich meinen Kaffee, als ich Jack die Stelle zeigte. »Dein Blut ist für Lago-Pharm noch so viel wertvoller«, erklärte ich. »Die haben in ihren Laboren Superkrieger geklont. Stell dir vor, mit deinem Blut könnten sie innerhalb kurzer Zeit eine Armee züchten!«
»Vielleicht sollte ich mich gleich erschießen, wenn ich für die Welt so eine große Gefahr darstelle«, sagte er trocken.
Seine Worte schockierten mich. Ich stellte die Tasse neben meinen Füßen auf die Stufe und legte Jack einen Arm um den Rücken. »Bitte sag so was nicht.«
Jack seufzte und lehnte seine Stirn gegen meine. »Ich weiß im Moment nicht, wie es weitergehen soll. Ich kann mich doch nicht für den Rest meines Lebens verstecken.« Tief sah er mir in die Augen. »Wovon soll ich leben? Außerdem möchte ich dir so eine Existenz nicht zumuten.«
»Wir werden eine Lösung finden«, flüsterte ich und fuhr mit den Fingern in sein Haar. »Vielleicht liegt sie ja in diesem Buch.« Ich gab ihm einen tiefen Kuss, in den ich all meine Gefühle für Jack legte. Wie sehr ich ihn liebte. Für diesen Mann würde ich alles tun, nur um ihn wieder glücklich zu sehen.
Ich genoss einen Moment seine Nähe und seine Körperwärme. Am liebsten wollte ich mich mit ihm in unsere Schlafsäcke kuscheln, aber wir mussten bald los, uns an den Abstieg machen. Xara wartete auf uns mit einer neuen Lieferung. Am meisten freute ich mich auf eine ordentliche Matratze. Mir tat von der Nacht jeder Knochen weh, aber Jack strahlte reine Vitalität aus. Mit seinen übermenschlichen Kräften würde es für ihn ein Kinderspiel sein, die Matratze den langen, mühevollen Aufstieg zu tragen.
Ich kuschelte mich an Jack, und gemeinsam schauten wir in das Buch. Was ich jetzt las, ließ mir allerdings das Blut in den Adern gefrieren:
Norris hat heute einen fünfzehnjährigen Jungen aus dem Waisenhaus geholt. Er hat die Gabe, ganze Körperteile nachwachsen zu lassen
.
Dr. Harcourt, dieser Bastard, schnitt dem Jungen bei vollem Bewusstsein einen Finger ab. Den ganzen Tag saß er am Bett des weinenden Kindes und verfolgte fasziniert, wie der Finger nachwuchs. Der Junge hatte dabei unvorstellbar große Schmerzen. Entgegen Harcourts Anweisungen, spritzte ich dem Kind ein Sedativum
.
Einen Eintrag später schrieb mein Vater:
Bin ich ein schlechter Mensch, weil ich nichts für die Kinder tun kann, die wie Sträflinge in winzigen Zellen hausen und die einzige Abwechslung, die sie haben, Tests sind, die an ihnen gemacht werden?
Heute ist wieder ein Mädchen gestorben, das Harcourts Experimente nicht überlebt hat. Es ist so schrecklich!
Ich meine – ich habe es versucht, habe Norris regelrecht angefleht, den Kindern wenigstens ein schöneres Zimmer zu geben, sie miteinander reden und spielen zu lassen, aber Norris bleibt hart. Er befürchtet, dass sie ihre Kräfte vereinen könnten, um zu entkommen
.
Rose würde mich verachten, wenn sie wüsste, was in meiner geschlossenen Abteilung alles passiert. Zum Glück arbeitet sie auf einer anderen Station. Nur wenige wissen von den eingesperrten Mutanten
.
Und Kate – wie kann ich sie jemals wieder ansehen?
»Oh Gott«, flüsterte ich. Die Umgebung verschwamm vor meinen Augen, mir wurde schlecht.
Jack wollte mir das Buch wegnehmen, aber ich hielt es eisern fest. Jeder Eintrag konnte von Bedeutung sein. »Lass nur«, wisperte ich. »Ich muss es
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