Blutflucht - Evolution
sich am Kopf. »Natürlich haben wir daran gedacht, aber so weit sind wir noch nicht. Wir bauen seit zwei Jahren so etwas wie ein Militär auf. Es hat lange gedauert, genug von uns zusammenzutrommeln, aber jetzt werden es fast täglich mehr. Wir schulen unsere Kräfte, sind aber noch nicht stark genug, um einen Angriff auf eine so große Einrichtung zu wagen. Wir haben keine genauen Zahlen über die Menge der Superkrieger, die sie dort drinnen versteckt halten. Immer wieder gab es herbe Rückschläge, denn die AMF hat ebenso ihre Spitzel bei uns eingeschleust. Wir wollen nichts mehr riskieren.«
Ich dachte sofort an George. Er war auch ein Mitglied der Anti-Mutanten-Front gewesen, obwohl er einer von uns gewesen war. Was hatte die AMF ihm versprochen, dass er für sie gearbeitet hatte? Oder wurde er erpresst?
Das würden wir vielleicht nie erfahren.
»Jetzt, wo wir endlich unsere Satelliten im All haben, bringt uns das enorm voran«, sagte Ron. »Wir überlegen gerade, unsere Truppen zusammenzuziehen, aber einige scheuen sich noch, bei einem Putsch mitzumachen. Wir könnten auf einen Schlag alles verlieren. Die Gegenseite ist einfach zu stark und mächtig.«
»Wie lange wird das noch dauern, bis wir gegen MUTAHELP in den Krieg ziehen können?«, fragte ich.
Ron grinste. »Du bist wie deine Eltern.«
»Und das hat sie das Leben gekostet«, warf Jack ein.
Es müssen immer Opfer gebracht werden, um Siege zu erringen
, dachte ich betrübt.
»Ich bin der Einzige, den sie freiwillig in das Institut lassen würden«, flüsterte Jack.
Ich wirbelte auf dem Absatz herum. »Bist du wahnsinnig? Du würdest nicht mal in die Nähe des Computers kommen, weil sie dich …« Weiter kam ich nicht. Allein der Gedanke schnürte mir den Hals zu.
»Wir würden niemals Jacks Leben für diese Sache aufs Spiel setzen«, sagte Ron. »Lago-Pharm darf ihn ohnehin nicht erwischen, wer weiß, was die mit seinem Blut noch alles vorhaben. Wir müssen einen anderen Weg finden. Dasselbe gilt auch für unsere Leute. Viele von ihnen haben außergewöhnliche Fähigkeiten. MUTHELP würde sich die Finger lecken.« Ron seufzte. »Falls du noch etwas herausfindest, melde dich sofort bei mir, Torri.«
»Mach ich«, erwiderte ich und legte auf. Doch Hoffnung, jemals einen Ausweg aus dem Dilemma zu finden, hatte ich im Moment nicht.
Ein paar Wochen später hatten wir es uns in der Hütte schon richtig gemütlich gemacht. Wir verfügten über Matratzen, Zudecken und allen möglichen Komfort. Außerdem war die Verpflegung spitzenmäßig. MALVE scheute keine Kosten. So luxuriös hatte ich noch nie gegessen. Das Obst war frisch, das Fleisch echt – kein Synthetikfras.
In der Abgeschiedenheit der Berge kamen Jack und ich uns näher. Nicht nur körperlich – vor allem seelisch. Jacks psychische Narben saßen tief. In manchen Nächten klammerte er sich wie ein Ertrinkender an mich, wenn Dr. Harcourt ihn in seinen Träumen heimsuchte. Mittlerweile hatte ich meine Fähigkeiten besser im Griff und versuchte alles in meiner Macht stehende, um Jack zu helfen. Während er schlief, drang ich in sein Bewusstsein ein und half ihm, den Traum zu steuern und den grausamen Arzt zu überwältigen. Wenn Jack dann in meinen Armen erwachte, liebte er mich, als würde es kein Morgen mehr geben.
Tagsüber trainierte ich meine Fähigkeiten. Wenn ich zu Jack Körperkontakt herstellte, schaffte ich es, ihn an einer richtig großen Illusion teilhaben zu lassen. Ich musste mich sehr stark konzentrieren, um ein Trugbild zu erschaffen, aber es klappte tatsächlich! Ich konnte ihm zeigen, was ich wollte. Einmal ließ ich eine Rakete aus dem See aufsteigen.
Viel schwerer war es, jemandem etwas vorzugaukeln, wenn ich ihn nicht berührte. Daher probierte ich es erst mit etwas Kleinem und einem Versuchsobjekt, das über weniger Intelligenz verfügte als ein Mensch: Chipsy. Jack und ich amüsierten uns köstlich, als ich ein Abbild von dem süßen Nagetier heraufbeschwor und das echte Eichhörnchen mit dem virtuellen Wesen schimpfte, weil es Angst hatte, es würde ihm seine Kekse wegnaschen.
Jack hatte währenddessen MALVE alles weitergegeben, was er über das Institut wusste: wie es innen aussah, wie viele Menschen dort arbeiteten, welche Sicherheitsvorkehrungen es gab. Jack wusste nicht viel, da er die meiste Zeit an ein Bett gefesselt gewesen war oder im Wachkoma gelegen hatte, aber jede Information war besser als keine.
Auch wenn wir beide nicht genug voneinander haben
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