Blutfrost: Thriller (German Edition)
neunmonatigen Jungen. Sie legte das Kind vorsichtig auf den Wickeltisch, streichelte ihn, zog ihn zärtlich aus und wusch ihn mit einem großen Schwamm, den sie immer wieder in das Becken mit Wasser tunkte. Zum Schluss frottierte sie ihn vorsichtig und ließ ihn in das große Badetuch gewickelt liegen. Jetzt begann sie mit dem Kind zu blödeln, indem sie Verstecken mit seinem Schnuller spielte. Schließlich langweilte mich das Ganze, und ich goss mir Wein nach.
»Jetzt musst du aufpassen«, sagte er. Man sah, dass die Mutter den Schnuller neben den Kopf des Kindes gelegt hatte, während sie mit der Hand unter die Wickelkommode glitt, wo verschiedene Dinge lagen, unter anderem eine Plastiktüte, die sie mit der einen Hand nahm, während sie mit der anderen die Aufmerksamkeit des Jungen auf eine Reihe von Gegenständen richtete, die im Regal standen. Dann hielt er das Video an. »In diesem Moment hat das Observierungsteam im Keller bemerkt, dass sie irgendetwas im Schilde führte. Sie haben das Personal im Schwesternzimmer alarmiert und darum gebeten, dass sofort jemand nach dem Kind sieht. Aber die Schwester, die das Telefon abgenommen hatte, war nicht über die Überwachung unterrichtet und dachte, dass sich da irgendjemand einen Spaß erlaubte. Der Mann im Keller warf daraufhin den Hörer auf die Gabel und rannte nach oben, aber noch ehe er aus der Tür war, sah er im Bildschirm, was jetzt geschieht.«
Der Rollstuhlmann ließ das Video weiterlaufen, und wir sahen, wie die Mutter die Plastiktüte fest auf das Gesicht ihres Sohnes drückte, bis ein Mann mittleren Alters in Zivil in den Raum stürzte, dicht gefolgt von einem Arzt und einer Schwester.
»Es vergingen zweiundvierzig Sekunden, bis sie zur Stelle waren.«
Auf dem Video sah man, wie die Mutter die Plastiktüte zu verstecken versuchte, dass die Schwester sich das Kind schnappte und gefolgt von dem Arzt aus der Tür stürmte, während der Polizist die Arme der Frau ergriff. Danach war nur noch Flimmern zu sehen.
Ich kannte den Fall ganz genau, trotzdem war es wirklich beunruhigend, eine authentische Sequenz von etwas derart Unverständlichem zu sehen: Mütter, die Aufmerksamkeit bekamen, weil sie bei ihren Kindern immer neue Symptome erfanden oder ihnen, wie hier, direkt die Symptome lebensbedrohlicher Krankheiten zufügten. Aber ich hatte Feierabend und war nicht gekommen, um über Münchhausen by Proxy oder Leichenschändung zu reden.
Er aber saß neben mir im Rollstuhl und redete weiter über den Fall, als wäre wirklich das der Grund, weshalb ich hier war, hier bei ihm.
Ich hatte jetzt schon anderthalb Flaschen Wein intus und in meinem Unterleib zirkulierte eine Wärme, als turnten lauter kleine Kaulquappen in meinem Slip herum. Mein Über-Ich lag blutig und windelweich geschlagen irgendwo in einer Ecke und sagte kein Wort mehr. Ich spürte einen unersättlichen Drang nach etwas, das er mir nicht bieten konnte. Was aber wollte er dann? Was wollte er von mir? Er saß nur da, redete und zeigte mir einen Film. Wollte er bloß die Gesellschaft einer Dame? Küssen kriege ich noch hin , hatte er gesagt. Wollte er das denn auch? Es sah nicht gerade danach aus. Ich wollte es aber und legte meine Hand auf seine. »Spürst du das?«
Er schüttelte den Kopf, fügte dann aber hinzu: »Doch, da an der Schwimmhaut zwischen Daumen und Zeigefinger.« Ich fuhr zärtlich mit der Fingerspitze des Zeigefingers auf und ab. Und plötzlich wurde mir bewusst, dass er ja gar nichts tun konnte, ob er nun etwas von mir wollte oder nicht. Er konntesich ja nicht bewegen. Wollte ich etwas von ihm, musste ich schon selbst aktiv werden. Er redete weiter. Wie oft wurde er von einer Frau, die er attraktiv fand, an einer Stelle berührt, die er spürte? Aber er redete und redete und redete. Über die Behauptung der Mutter, sich nicht an die Versuche erinnern zu können, ihr Kind erstickt zu haben. Seine unbeeindruckte Art versetzte mir einen Stich ins Herz. Ich musste wirklich etwas tun.
Ich stand auf, beugte mich hinunter und küsste ihn mitten in einem Satz, von dem ich nichts mehr mitbekam, als ich meine Zunge zwischen seine kräftigen, wohlproportionierten Lippen schob. Sie waren weich und feucht, und er entfachte mich gleich, sodass meine Beine unter mir nachgaben und ich ins Schwanken kam, während ich in seinen Mund stöhnte. Er führte seinen Arm unter mein Kleid; seine Knochen waren mehr als spürbar und seine Zunge wurde zu einem Wassermann in meinem Mund. Ich packte
Weitere Kostenlose Bücher