Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutfrost: Thriller (German Edition)

Blutfrost: Thriller (German Edition)

Titel: Blutfrost: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Staun
Vom Netzwerk:
Brüste drücken und seine ganze Faust in meinen Slip schieben.
    Gesunde Finger vermisste er am meisten. Dass er nicht gehen konnte, machte ihm nicht so viel aus, aber seine Finger machten ihn traurig.
    Auf dem Sofatisch lagen stapelweise Ausdrucke, alles Texte, die er mit Hilfe der steifen Daumen geschrieben hatte.
    »Irgendetwas muss ich ja machen«, sagte er erklärend und seufzte tief, als er mit Blick auf das Papierchaos erzählte, dass er mit Hilfe seiner Daumen ein Buch über die merkwürdigen Fälle schreiben wollte, die er im Laufe seiner Karriere bearbeitet hatte, »nur die übelsten Sachen, das, was in Erinnerung bleibt.«
    Er begann mir von einer Leichenschändung in Kolding zu erzählen, erkannte aber bald an meinem flackernden Blick, dass mich diese Sache nicht wirklich interessierte. Ich wurde ärgerlich. Konnte er mich nicht wenigstens küssen?
    Dann begann er über einen anderen Koldinger Fall zu reden, »vermutlich einer der ersten Fälle von Münchhausen by Proxy, der hier in Dänemark in weiteren Kreisen bekannt wurde. Du weißt doch, was das ist?«
    Ich verdrehte die Augen. Natürlich wusste ich das. Vermutlich wusste ich mehr darüber als er. »Der Fall war aber nicht der erste beschriebene Fall«, sagte ich, um jeden Zweifel auszuräumen, dass er sich jetzt auf meinem Gebiet befand. »Der erste war im Jahr 1977. Damals wurde eine Sechsjährige immer wieder ins Krankenhaus eingewiesen, weil sie Blut im Urin hatte, bis sich dann irgendwann gezeigt hatte, dass ihre Mutter dem Urin das Blut beimischte.«
    »Das wusste ich nicht«, sagte er etwas verärgert und zeigte mit seiner geballten Hand auf ein altes VHS-Band, das neben den Papieren auf dem Schreibtisch lag.
    »Aber ich habe das Originalvideo von dem Fall in Kolding. Willst du es sehen?«
    Ich hatte im Laufe meiner Zeit mit nicht wenig Münchhausen-by-Proxy-Opfern zu tun gehabt, sowohl mit toten als auch mit lebenden, und das Phänomen faszinierte mich immer wieder. Es war zwar kein Sex, aber auf jeden Fall besser als Leichenschändung. Ich stand auf, nahm das Band und steckte es in den Recorder. Der Rollstuhlmann aktivierte die Maschine mit dem Daumen, während er die Fernbedienung mit dem linken Unterarm nach unten drückte. Dann aber machte er den Recorder wieder aus und begann ärgerlich auf dem Rollstuhl vor und zurück zu rucken.
    »Ach, Mist!«, schimpfte er und drückte auf einen Knopf an der Armlehne des Rollstuhls. Eine Sekunde später kam seine Helferin ins Zimmer. Else. Und natürlich warf sie mir wieder ihren unergründlichen Fahrstuhlblick zu.
    »Ich brauche einen Schlag auf den Bauch«, sagte er ihr.
    Ich saß neben seinem enormen Rollstuhl auf dem Sofa und meine Kinnlade sackte sprichwörtlich bis auf meine Knie, als ich sah, wie sie ihm mit voller Wucht in den Bauch schlug. Und dann noch einmal, bis ein Husten zu hören war.
    »Ich kann nicht mehr selber husten«, erklärte er, als sie gegangen war, und schaltete den Recorder wieder ein. Er vergaß, dass ich Ärztin war und er mir eigentlich gar nicht so viel zu erklären brauchte. Nichtsdestotrotz kam mir diese Kur seltsam vor.
    Ziemlich lange war auf dem Bildschirm nur ein Flimmern zu erkennen, doch dann sah man plötzlich ein weiß gekacheltes, leeres Bad. Ich dachte an Else, an ihren Blick, aber der Rollstuhlmann durchbrach meine Gedanken mit seinen Worten:
    »Polizeikommissar Poul Løhde bekam im September 1988 mittels einer richterlichen Verfügung die Befugnis, das Zusammensein von Mutter und Sohn im Badezimmer des Krankenzimmers per Video zu überwachen. Das Badezimmer lag im Erdgeschoss, und in einem Kellerraum stand der Monitor, über den die Polizisten alles verfolgen konnten. Gibst du mir einen Schluck Wein?«
    Ich stellte das Weinglas auf seine Faust und führte es an seinen Mund, während ich dachte, dass er »Befugnis« gesagt hatte. Das Band zeigte weiterhin das leere Badezimmer. Irgendwann kam eine Krankenschwester herein, nahm ein Becken und ging wieder. Erneut saßen wir da und starrten auf das leere Badezimmer. Es war möglich, dass die Aufnahme von ’88 war, aber die ganze Atmosphäre wirkte älter, und hätte mir jemand gesagt, dass diese Szenerie in einer Badeanstalt in Osteuropa irgendwann um die Jahrhundertwende herum spielte und dass man das Becken für einen Aderlass brauchte – ich hätte es geglaubt.
    »Pass auf, jetzt kommt sie«, sagte er, als ich das Glas auf denTisch stellte. Und ganz richtig: Eine Mutter betrat den Raum, auf dem Arm ihren

Weitere Kostenlose Bücher