Blutgier - Ein Alex-Delaware-Roman 21
Steuer in Laughlin vor acht und sieben Jahren.
»Er trinkt immer noch«, sagte ich. »Drei Bier hat er zugegeben. Ein langjähriges Alkoholproblem würde erklären, warum er keinen Führerschein hat.«
»Ein Säufer und Spanner. Hast du die Tattoos gesehen?«
»Ein Knastbruder. Aber er hat offenbar keine Straftaten mehr begangen, seit er vor fünf Jahren über die Grenze gekommen ist.«
»Und deshalb bist du schwer beeindruckt?«
»Nein.«
»Was mich beeindruckt«, sagte er, »ist die Kombination von Einbruch und Voyeurismus.«
»Einbrechen um der sexuellen Sensation willen«, sagte ich. »Und all die DNS-Übereinstimmungen, die aus Einbrechern Sexualverbrecher machen.«
»Alkohol zur Senkung der Hemmungen und junge, attraktive Frauen, die rein- und rausmarschieren. Eine herrliche Kombination.«
Wir fuhren zu Reynold Peatys Wohnung an der Guthrie Avenue und nahmen bei der Gelegenheit die Zeit, angefangen am Fundort der Leiche. Bei mäßigem Verkehr nur eine Fahrt von sieben Minuten, um Beverlywoods makellose, baumbestandene Straßen zu durchqueren. Nach Einbruch der Dunkelheit noch kürzer.
Der erste Block im Osten der Robertson bestand aus Apartments, und die Instandhaltung war eher oberflächlich. Peatys Einheit im ersten Stock war eine von zehn in einem aschgrauen zweistöckigen Kasten. Die im Haus wohnende Verwalterin hieß Ertha Stadlbraun. Sie war Mitte siebzig, groß, dünn, knochig, ihre Haut hatte die Farbe von Zartbitterschokolade, und ihre grauen Haare waren in weiche Wellen gelegt.
»Der verrückte Weiße«, sagte sie.
Sie lud uns auf einen Tee in ihre Erdgeschosswohnung ein und ließ uns auf einer zitronenfarbenen Velourssamt-Couch Platz nehmen. Das Wohnzimmer war zwanghaft aufgeräumt, hatte olivfarbenen Teppichboden, Keramiklampen, Nippsachen in offenen Regalen. Es war mit einer Garnitur sogenannter mediterraner Möbel vollgestopft. Ein Airbrush-Porträt von Martin Luther King dominierte die Wand über der Couch, zu dessen beiden Seiten Schulfotos von etwa einem Dutzend lächelnder Kinder hingen.
Ertha Stadlbraun war in einem Morgenmantel zur Tür gekommen. Sie entschuldigte sich, verschwand in einem Schlafzimmer und kehrte in einem blauen, mit Uhren gemusterten Hemdkleid und passenden Pumps mit klobigen Absätzen zurück. Ihr Parfum rief Erinnerungen an die Kosmetiktheke eines mittelgroßen Kaufhauses in meiner Kindheit im Mittleren Westen wach. Was meine Mutter »Eau de Toilette« zu nennen pflegte.
»Vielen Dank für den Tee, Ma’am«, sagte Milo.
»Heiß genug, Gentlemen?«
»Perfekt«, erwiderte Milo und nahm zur Demonstration einen Schluck Orange Pekoe. Er richtete den Blick auf die Schulfotos. »Enkelkinder?«
»Enkel und Patenkinder«, sagte Ertha Stadlbraun. »Und zwei Nachbarskinder, die ich aufgezogen habe, nachdem sie früh ihre Mutter verloren hatten. Wollen Sie bestimmt keinen Zucker? Oder Obst oder Plätzchen?«
»Nein danke, Mrs. Stadlbraun. Das ist nett von Ihnen.«
»Was meinen Sie?«
»Nachbarskinder aufzunehmen.«
Ertha Stadlbraun winkte ab und griff nach der Zuckerdose. »Bei meinem Glukosespiegel sollte ich das lassen, aber ich tu’s trotzdem.« Zwei gehäufte Teelöffel weißes Pulver schneiten in ihre Tasse. »Also, was wollen Sie über den Verrückten wissen?«
»Wie verrückt ist er, Ma’am?«
Mrs. Stadlbraun lehnte sich zurück und strich das Hemdkleid über ihren Knien glatt. »Ich will Ihnen erklären, warum ich betont habe, dass er weiß ist. Nicht, weil ich deshalb Ressentiments gegen ihn habe. Sondern deshalb, weil er hier der einzige Weiße ist.«
»Ist das ungewöhnlich?«, fragte Milo.
»Kennen Sie sich in dieser Gegend aus?«
Milo nickte.
»Dann wissen Sie Bescheid«, sagte Ertha Stadlbraun. »Einige der besseren Häuser sind wieder von Weißen übernommen worden, aber die Mietwohnungen sind in der Hauptsache mexikanisch. Ab und zu gerät man an einen Hippie-Typ, der nicht kreditwürdig ist und gern mieten würde. Aber meistens kriegen wir die Mexikaner, die ins Land kommen. In regelrechten Wellen. In unserem Haus vertreten ich und Mrs. Lowery und Mr. und Mrs. Johnson, die wirklich alt sind, die schwarze Seite. Der Rest besteht aus Mexikanern. Außer ihm.«
»Führt das zu Problemen?«
»Die Leute halten ihn für seltsam. Nicht weil er tobt und irres Zeug redet, sondern weil er zu still ist. Man kann mit dem Mann nicht kommunizieren .«
»Redet er nie?«
»Ein Mensch, der einem anderen Menschen nicht in die Augen sieht«, sagte Ertha
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