Blutgier - Ein Alex-Delaware-Roman 21
Stadlbraun, »macht alle nervös.«
»Er ist unsozial«, sagte ich.
»Wenn jemand an Ihnen vorbeigeht, sagen Sie guten Tag, weil Sie als Kind gute Manieren von Ihrer Mama gelernt haben. Aber dieser Mensch hat es nicht gelernt, und er besitzt nicht die Höflichkeit, einen Gruß zu erwidern. Er schleicht herum - das ist das richtige Wort dafür. Wie der Butler in dieser alten Fernsehserie. An den erinnert er mich.«
»Die Addams Family «, sagte Milo. »Lurch hieß der Butler.«
»Genau, Lurch. Jedenfalls hält er den Kopf immer gesenkt und starrt auf den Boden, als ob er nach einem verlorenen Geldstück suchen würde.« Sie schob den Kopf vor wie eine Schildkröte, bog den Hals scharf nach unten und glotzte auf den Teppichboden. »Genau so. Wie er da sieht, wo er hingeht, bleibt mir ein Rätsel.«
»Tut er außerdem irgendetwas, das Sie nervös macht, Ma’am?«
»Diese Fragen, die Sie mir stellen, machen mich nervös.«
»Reine Routine, Ma’am. Tut er -«
»Es ist nicht das, was er tut. Er ist einfach ein seltsamer Vogel.«
»Warum haben Sie an ihn vermietet, Ma’am?«
»Hab ich nicht. Er war schon hier, bevor ich eingezogen bin.«
»Wie lange ist das her?«
»Ich bin kurz nach dem Tod meines Mannes hier eingezogen - das war vor vier Jahren. Früher hatte ich mein eigenes Haus in Crenshaw, nette Gegend, dann ist sie auf den Hund gekommen, und jetzt wird sie wieder nett. Als Walter gestorben ist, hab ich mir gesagt, wer braucht denn den ganzen Platz, den großen Garten, um den man sich kümmern muss. Ein Immobilienmakler mit einer flinken Zunge bot mir einen Preis, den ich für gut hielt, und deshalb habe ich verkauft. Großer Fehler. Wenigstens hab ich das Geld gut angelegt, ich denke daran, mir wieder ein Haus zu kaufen. Vielleicht draußen in Riverside, wo meine Tochter wohnt. Dort kriegt man mehr für sein Geld.« Sie strich sich über die Haare. »In der Zwischenzeit bin ich hier, und was sie mir für die Hausverwaltung bezahlen, deckt meine Kosten, und es bleibt auch noch was übrig.«
»Wer ist sie?«
»Die Eigentümer. Zwei Brüder, reiche Söhne, die das Haus zusammen mit einer Menge anderer Gebäude von ihren Eltern geerbt haben.«
»Zahlt Mr. Peaty seine Miete pünktlich?«
»Das ist eine Sache, die er tut«, sagte Stadlbraun. »Am Monatsersten, per Postanweisung.«
»Geht er jeden Tag zur Arbeit?«
Stadlbraun nickte.
»Wohin?«
»Ich habe keine Ahnung.«
»Empfängt er je Besuch?«
»Er?« Sie lachte. »Wo sollte er ihn empfangen? Falls ich Ihnen sein Apartment zeigen könnte, würden Sie verstehen, was ich meine, es ist winzig. War früher ein Wäscheraum, bis die Eigentümer ihn in ein Einzimmerapartment umgebaut haben. Da ist kaum Platz für sein Bett, und alles, was er außer dem Bett hat, sind eine Kochplatte und ein kleiner Fernseher und eine Kommode.«
»Wann waren Sie zum letzten Mal drinnen?«
»Das muss zwei Jahre her sein. Seine Toilette war verstopft, und ich hab die Abflussreinigung angerufen, damit sie sich das Rohr ansehen. Ich war kurz davor, ihm die Schuld zu geben - Sie wissen schon, weil er zu viel in die Toilette gestopft hat, wie das manche Idioten tun.« Bedauernd senkte sie den Blick. »Wie sich herausstellte, waren es Flusen. Als sie den Raum umgebaut haben, war niemand so schlau, die Siphons zu säubern, und irgendwie haben die ganzen Flusen einen großen Pfropfen gebildet und eine unglaubliche Sauerei angerichtet. Ich erinnere mich noch, wie ich gedacht habe: Was für ein winzig kleines Zimmer, wie kann jemand nur so wohnen.«
Milo sagte: »Klingt wie eine Zelle.«
»Genau das ist es auch.« Stadlbraun kniff die Augen zusammen. Lehnte sich zurück. Verschränkte die Arme vor der Brust. »Das hätten Sie mir von Anfang an sagen sollen, junger Mann.«
»Was, Ma’am?«
»Wie eine Zelle? Er ist ein Exs träfling , stimmt’s? Was hat er getan, um ins Gefängnis zu kommen? Und noch wichtiger, was hat er getan, dass Sie hier vorbeikommen?«
»Nichts, Ma’am. Wir müssen nur ein paar Fragen stellen.«
»Jetzt hören Sie aber auf«, sagte Ertha Stadlbraun. »Keine Ausflüchte.«
»An diesem Punkt -«
»Junger Mann, Sie stellen mir diese Fragen nicht , weil dieser Mann daran denkt, Präsident zu werden. Was hat er getan ?«
»Nichts, von dem wir wissen. Das ist die Wahrheit, Mrs. Stadlbraun.«
»Sie wissen nichts mit Sicherheit, aber Sie haben bestimmt einen Verdacht .«
»Ich kann wirklich nicht mehr sagen, Mrs. Stadlbraun.«
»Das ist nicht in
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