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Blutgold

Blutgold

Titel: Blutgold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B McGilloway
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ab,
und Orcas kam in Sicht: sechseinhalb Hektar Donegal-Moorlandschaft, die nun
Irlands größte Goldmine beherbergten. Vorabprüfungen in den 1990er-Jahren
hatten ergeben, dass durch das Gestein hier im Boden mehrere hochwertige
Goldadern verliefen. Ein Erzgang zog sich offenbar über die gesamten
sechseinhalb Hektar und am Flussbett des River Finn entlang.
    »Ich frage mich, wo …«, setzte Patterson an und brach wieder ab. Wir
brauchten nicht nach dem Weg zu fragen. Ein Stück die Straße hinauf stand
bereits eine ganze Garda-Fahrzeugkolonne neben diversen Geländewagen in den
Orcas-Farben. Das muss die halbe Polizei des Donegal sein, dachte ich. Ein
guter Tag, um anderswo im County ein Verbrechen zu begehen.
    Wir kamen
fast bis zum Fundort, dann blieb unser Wagen in einer Schlammpfütze stecken.
Also gingen wir zu Fuß weiter, wobei wir auf dem nassen Weg immer wieder
ausrutschten. Vor uns hatten sich diverse Kollegen versammelt, die meisten in
Hemdsärmeln. Einige hatten Patterson offenbar bemerkt, denn sie taten plötzlich
sehr beschäftigt. Andere traten einfach beiseite, um ihn vorbeizulassen.
    »Schöne Scheiße«, stieß er hervor. »Weston hat gerade einen
Rekordgewinn gemacht. Es hieß, er wollte eine größere Investition tätigen. Aber
das hier schreckt den Kerl womöglich ab.«
    Als wir die Grube erreichten, ließen die beiden Männer darin die Spaten
fallen und kletterten auf die Lehmböschung, die sie ausgehoben hatten. Die Erde
war beinahe schwarz und erfüllte die Morgenluft mit einem modrigen Geruch. Es
dauerte ein, zwei Sekunden, bis ich die Leiche entdeckte, denn bisher waren nur
der Kopf und ein Teil eines Armes zu sehen.
    Pattersons Sorge war überflüssig. Falls hier ein Mord verübt worden
war, dann vor ein paar Tausend Jahren, wie es aussah.
    Die Leiche war zusammengekrümmt. Unter einer Haut von der
Beschaffenheit alten Leders zeichnete sich die Muskulatur ab. Das Gesicht war
flach gedrückt worden, vermutlich vom Gewicht der Erde, die darauf gelastet
hatte. Die Augen standen offen, auch wenn die Höhlen schon lange leer waren.
Der Mund stand ebenfalls weit offen, und die Zähne – stumpf und relativ weit
auseinanderstehend – saßen noch immer im Kieferknochen. Hier strahlte der Tod
gewiss keine heitere Gelassenheit aus: Das Gesicht war wie im Todeskampf
verzerrt. An den wie Klauen gekrümmten Fingern, die aus der Erde herausragten,
saßen nach wie vor Fingernägel.
    »Himmel, was ist das?«, fragte Patterson. »Rufen wir den
Rechtsmediziner oder doch lieber einen Archäologen?«
    Einige Männer in der Nähe lachten gutmütig.
    »Wenigstens ist er nicht gestorben, während wir Dienst hatten, was,
Jungs?«, fuhr er fort.
    »Brauchen wir einen Arzt, der ihn für tot erklärt?«, rief jemand.
Erneutes Gelächter.
    »Am besten holen wir trotzdem die Spurensicherung«, schloss Patterson.
»Nur damit alles seine Richtigkeit hat.« Dann nickte er mir zu. »Weston
erwartet uns.«
    Unterwegs zum Hauptgebäude ließ ich den Blick über das Bergwerk
schweifen. Als es eröffnet wurde, hatte es einiges an Protesten von
Umweltschutzgruppen gegeben, und auch ich hatte meine Vorbehalte gehabt, die
auf dem wenigen gründeten, was ich in den Zeitungen gelesen hatte. In
Wirklichkeit war die Mine ganz anders, als ich erwartet, und viel kleiner, als
ich sie mir vorgestellt hatte. Dennoch hatte sie die Landschaft erheblich
verunstaltet.
    Zwei große Lagerhallen standen nebeneinander, die Wellblechdächer waren
blutrot angestrichen. Trotz der Größe des Bergwerks waren nur wenige Arbeiter
zu sehen, und auf dem Mitarbeiterparkplatz zählte ich ein halbes Dutzend Autos.
Eines war ein schwarzer Lexus mit schlammbespritztem personalisiertem
Nummernschild: Weston war bereits da.
    Man schickte uns zum einzigen gemauerten Gebäude auf dem Gelände, einem
dreistöckigen weißen Klotz. Neben der Eingangstür brachte ein Arbeiter gerade
mit einem elektrischen Schraubenzieher eine Bronzeplakette an der Mauer an. Er
richtete die Plakette aus, und die Sonne spiegelte sich darauf. Als wir an ihm
vorbeigingen, nickte er uns zu, wischte sich mit dem Handrücken die Nase ab und
setzte seine Arbeit fort.
    Westons Empfangsdame erwartete uns bereits. Auf dem Boden lag ein
dicker Teppich, auf dem sich das Motiv eines goldenen Torques – eines alten
keltischen Halsreifs – in mehreren diagonalen Mustern wiederholte. An einer
Seite der Empfangstheke stand eine Mahagonivitrine, deren Inhalt von winzigen
Halogenstrahlern

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