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Blutgold

Blutgold

Titel: Blutgold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B McGilloway
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angeleuchtet wurde. Auf den Regalen der Vitrine glitzerte
Goldschmuck. Ich ging hinüber und betrachtete den Schmuck und die
Preisschilder, derweil Patterson sich bei der zwanzigjährigen Rezeptionistin
anbiederte. Das kleinste Schmuckstück in der Vitrine – ein Paar Ohrstecker –
war mit € 350 ausgezeichnet.
    Da kam John Weston die Treppe herab und schritt mit ausgestreckter Hand
auf uns zu. Sein Lächeln war starr, geschäftsmäßig, freundlich, raubtierhaft.
Er roch nach teurem Aftershave. Seine Manschetten ragten gerade so weit aus den
Ärmeln seiner Anzugjacke hervor, dass man sowohl die Qualität des Stoffs als
auch die goldenen Manschettenknöpfe sah, die ebenfalls wie der Torques geformt
waren, der das Unternehmenslogo bildete. Seine Haut war gebräunt, die Haare
sorgfältig geschnitten: Er war fünfzig, sah aber jünger aus, trotz der mit Grau
durchsetzten Koteletten.
    »Meine Herren«, begann er mit starkem amerikanischem Akzent. »Danke,
dass Sie gekommen sind. Besorgen wir uns einen Kaffee.«
    Er nahm Pattersons Hand in beide Hände und schüttelte sie. Dann
wiederholte er die Geste bei mir.
    »John Weston«, sagte er breit lächelnd.
    »Ben Devlin«, erwiderte ich.
    »Ben«, wiederholte er und nickte, wie um zu zeigen, dass er meinen
Namen im Gedächtnis abspeicherte. Dann legte er mir die Hand auf den Ellbogen
und führte mich mit sanftem Druck zur Treppe. Ich widersetzte mich, und er
blieb stehen.
    »Ich bewundere nur gerade Ihre Kollektion hier«, sagte ich. »Für so
etwas würde meine Frau töten.«
    »Wunderschön, nicht wahr?«, stimmte er immer noch lächelnd zu. Seine
Zähne waren makellos, regelmäßig und unnatürlich weiß. Unterschwellig war ich
mir bewusst, dass ich unbedingt Gründe finden wollte, um den Mann nicht zu
mögen, obwohl er bisher nur liebenswürdig zu uns gewesen war.
    »Jackie«, sagte er zu der jungen Frau, die uns begrüßt hatte. »Haben
Sie die Mappen parat?«
    Zaghaft lächelnd holte Jackie zwei dicke Mappen unter ihrem
Schreibtisch hervor. Beide waren in Leder gebunden und trugen das Orcas-Logo.
Man scheute hier keine Kosten.
    »Und suchen Sie etwas Hübsches für Bens Frau heraus, ja?«
Verschwörerisch zwinkerte er mir zu. Ehe ich das Angebot ablehnen konnte,
steuerte er mich schon wieder in Richtung Treppe.
    Westons
Büro war so groß wie das gesamte Erdgeschoss der Garda-Wache in Lifford, wo ich
stationiert war. Es befand sich in einer Ecke im obersten Geschoss des
Gebäudes, sodass er von seinem Schreibtisch aus sein Reich sowohl nach rechts
als auch nach links hin überblicken konnte. Als wir sein Büro betraten,
betätigte er einen Schalter. Die Rollos an den Fenstern fuhren hoch und gaben
den Blick frei auf die weiträumige Goldmine sowie die majestätische Landschaft
des Donegal, in die Weston ganz buchstäblich seine Nische gegraben hatte.
    »Wunderschönes
Land«, bemerkte er. »Absolut überwältigend.«
    Allmählich kam mir der Verdacht, dass Weston nur in Superlativen
sprach. Zudem fiel mir auf, dass er darauf achtete, die Landschaft zu
bewundern, nicht aber seine eigenen Veränderungen an ihr.
    Ich sah hinab auf den Wald zu unserer Linken. Zwischen den Bäumen
erhaschte ich einen Blick auf den Carrowcreel, ein Nebenflüsschen des River
Finn. Das Licht glitzerte auf der Wasseroberfläche wie auf den Scherben eines
zerbrochenen Spiegels.
    »Beinahe eine Schande, hier Industrie anzusiedeln«, sagte ich und
erntete dafür einen warnenden Blick von Patterson. Während wir die zwei Etagen
zu Westons Büro hinaufgestiegen waren, hatte er seine Anbiederungsversuche bei
Weston fortgesetzt, indem er dessen Bemerkungen über das Wetter bekräftigend
wiederholt hatte.
    »Beinahe«, stimmte Weston lächelnd zu. »Das ist auch mein Land,
Inspektor. Ich habe nicht vor, es zu zerstören. Eine Voraussetzung für die
Genehmigung war unsere Zusicherung, dass wir dieses Gebiet so verlassen werden,
wie wir es vorgefunden haben. Jeder Erdklumpen, der ausgegraben wird, kommt
wieder zurück an seinen Platz. Es wird so sein, als wären wir nie hier
gewesen.«
    »Und wann wird das sein?«, fragte ich.
    »Wenn es sich nicht mehr rentiert, nehme ich an«, sagte er und streckte
mir zum Zeichen seiner Aufrichtigkeit die Handflächen hin. »Schließlich bin ich
Geschäftsmann.« Er hielt kurz inne, dann fuhr er fort: »Obwohl das hier
natürlich alles Moor war, bevor wir kamen. Und so muss es auch wieder Moor
werden, obwohl die Moore selbst künstlich von irgendeinem Unternehmer

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