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Blutherz - Wallner, M: Blutherz

Blutherz - Wallner, M: Blutherz

Titel: Blutherz - Wallner, M: Blutherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wallner
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im nächsten hob es den Trampler förmlich in die Höhe. Unerklärlich, wieso der bullige Kerl über Sam schwebte – da sah sie: Er hing am gestreckten Arm des Fremden, der das rüpelhafte Verhalten offensichtlich missbilligte.
Sam musste zusehen, wie der Ledertyp mit einem überraschten Schrei rückwärts fiel und zwischen den Körpern verschwand. Der Fremde bot der erstaunten Sam seine Hand und zog sie hoch.
    »Es ist zu voll hier«, sagte er. »Warum setzen wir uns nicht in die VIP-Lounge?«
    Er führte sie zu einem exklusiven Logenplatz; die Nische bestand aus einer schwarz gepolsterten Liege, auf die der Fremde seinen Mantel breitete. Während sie an seine Seite sank, bemerkte Sam, dass sie förmlich im eigenen Schweiß zerfloss. Die Hitze in der Lounge war unerträglich, die Luft kaum zu atmen, er aber wirkte kühl und bleich, als säße er im Inneren eines unsichtbaren Kühlschrankes.
    »Ich sollte mir mal die Hände waschen.« Sie lächelte unsicher.
    Er überging es einfach. »Woher stammen Sie? Aus Schottland?«
    Schon der Zweite an diesem Tag, der sie darauf ansprach! »Meine Heimatstadt liegt nahe der schottischen Grenze.« Sie befächelte ihre Bluse. »Und woher stammen Sie?«
    »Unsere Familie lebt seit Langem in London.«
    »Ich habe vorhin Ihren Namen nicht richtig verstanden.«
    »Sagen Sie einfach Teddie zu mir.« Er sah ihr in die Augen. »Was machen Sie so?«
    »Ich bin Krankenschwester im Chelsea and Westminster Hospital. Und wo arbeiten Sie?«
    »Wir haben ein Familienunternehmen, das ich bald leiten werde.«
    Die Antwort, sein Auftreten und seine Kleidung machten ihr klar, dass er zu der unausrottbaren Minderheit der Privilegierten gehörte, der Reichen, für die andere Lebensgesetze galten als für gewöhnliche Menschen, die in der Untergrundbahn
fuhren und deren Nahrung aus dem Supermarkt stammte. Sam fühlte sich plötzlich unsicher in seiner Gegenwart, war von ihm fasziniert und zugleich überfordert. »Wie sind Sie vorhin ausgerechnet auf mich gekommen?«
    »Sie standen da so verloren im Regen.« Er hatte Drinks bestellt und schob ihr einen hin.
    »Sprechen Sie häufig Unbekannte an?«
    Statt einer Antwort ergriff er ihre Hand. »Wollen wir tanzen?«
    »Jetzt gleich?«
    »Deshalb sind wir doch hier.«
    Sam nahm einen kräftigen Schluck, ließ sich von ihm hochziehen und auf die Tanzfläche führen. Der junge Mann fasste sie um die Taille und nahm ihre Hand, dass sie sich vorkam wie auf einer gestellten Fotografie. Aber nur für einen Moment. Im nächsten Augenblick führte er sie über das Parkett, als seien sie nicht in einem kreischenden Club, sondern auf dem erlesensten Ball aller Bälle. Sie fürchtete, mit den hopsenden, trampelnden Leuten zusammenzustoßen, aber Teddie setzte seine Schritte gekonnt, machte überraschende Wendungen, schnelle Drehungen und ließ Sam keine Sekunde aus seiner Führung. Als umgebe ihn ein unsichtbares Kraftfeld, blieb der Raum um sie beide frei. Nie im Leben war Sam so unwirklich geschwebt. Sie tanzten nicht eine, nicht zehn Nummern, sie tanzten ohne Ende. Teddie kannte keine Erschöpfung, seine Phantasie erlahmte nicht. Sam war, als verbringe sie ein ganzes kurzes Leben in seinem Arm, als besitze der Tanz eine Jugend, eine Reifezeit, und aus einem Impuls heraus hob sie den Kopf, stieg auf die Zehenspitzen und näherte ihren Mund dem seinen. Etwas Merkwürdiges geschah. Auch wenn er spürbar Lust hatte, sie zu küssen, auch wenn seine Lippen sich öffneten, wurde daraus nicht das Durchströmen und Erschauern
eines Kusses; der junge Mann fuhr vielmehr zurück, ein Röcheln entrang sich ihm, rasch schloss er den Mund.
    Seine Reaktion war unmöglich misszuverstehen. Sam war sicher, ihn mit ihrer Plumpheit abgestoßen zu haben. Was war sie auch für ein Dorftrampel! Vom Tanzen zum Schmusen, so stellte sich eine dumme Gans aus Lower Liargo die Sache vor. Prompt beendete er den Tanz und kehrte in die Loge zurück. Sam wollte nichts mehr hören, nicht reden, keinen Schluck mehr trinken, sie hatte diese wunderbare Begegnung zunichtegemacht! Sie murmelte, es sei spät, sie müsse zur Frühschicht ausgeschlafen sein. Sein Angebot, sie in der Limousine heimzubringen, lehnte sie ab, verabschiedete sich, lief die violette Treppe hoch und am Türsteher vorbei auf die Straße.
    Die Kühle tat gut. Nach dem Regen war Nebel aufgekommen, er wirkte für Samantha wie eine schützende Wolke, in der sie sich verstecken konnte. Im dichten Nebel lief sie zur

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