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Bluthochzeit in Prag

Bluthochzeit in Prag

Titel: Bluthochzeit in Prag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zerbrechen?« sagte er heiser. »Kann unsere Generation nicht über diesen Dingen stehen?«
    »Wir, ja wir!« Irenas Kopf flog herum. »Aber ich kann dich nie zu meinem Vater und meiner Mutter bringen! Ich kann nie sagen: Seht, das ist mein Mann! Er heißt Karel Pilny, ist ein Tscheche und Kommunist! – Das ist unmöglich. Paps würde es nie verzeihen, ihn träfe der Schlag, er würde dich mit seinen Händen packen und die Treppe hinunterwerfen! Seine einzige Tochter … mein Gott. Karel, was soll ich tun … hilf mir doch … wie kommen wir aus dieser Grube der Vergangenheit heraus … ich liebe dich doch …«
    In der Nacht war alles einfach und ohne Probleme. Harro Dolgan in Braunschweig war so weit weg wie das Gut in Groß Bliden … aber der Mond war nahe, der durch die Ritzen der Läden schien, und Karel war nahe, sein glatter Körper und sein ruhiger Atem, der über Irenas Gesicht strich, und die Laute der Nacht waren nahe, ein fernes Hundebellen, ein Rascheln im Weinberg, das Knacken der alten Holzbalken, das leise Rauschen des Windes um die Dachschindeln, das Knarren des alten, breiten Bettes und die Wärme der nackten, aneinandergepreßten Körper.
    Sie blieben drei Tage in der Hütte zwischen den Weinbergen und glaubten, das Paradies gefunden zu haben.
    *
    An diesem Sonntag traf Valentina Kysaskaja aus Moskau in Prag ein. Sie flog mit einer sowjetischen Maschine der Aeroflot und passierte die Kontrolle auf dem Flughafen Ruzyne ohne Beanstandung. Niemand erkannte, daß ihr Paß gefälscht war … ein Blick auf das Foto und in das Gesicht des schwarzhaarigen, erschreckend schönen Weibchens genügte, die Kontrolleure legten die Hand grüßend an die Mütze und starrten dem zauberhaften Wesen nach, das lässig, einen rosa Staubmantel über dem Arm, mit wiegenden Hüften und den schönsten, geradesten Beinen, die es auf dieser Erde gab, das Flughafengebäude verließ.
    Niemand holte sie ab oder erwartete sie … das war von Tschernowskij so befohlen. »Sie haben in Prag nur mich, Valentina Konstantinowna«, hatte Tschernowskij zu ihr beim Abschied in Moskau gesagt. »Und das sind runde 1.800 Kilometer, die zwischen uns liegen. Ich möchte nicht, daß unsere V-Leute Sie kennen. Sie sind eine tschechische Studentin und sonst nichts. Jede Nacht um 0 Uhr 11 nehmen wir Funkkontakt miteinander auf. Den Code kennen Sie … Gorkijs ›Nachtasyl‹, 2. Akt, jedes dritte Wort numeriert nach dem Alphabet. Ich wünsche Ihnen viel Glück.«
    »Danke, Genosse Oberst.« Valentina Kysaskaja nahm ihren neuen Paß aus der Hand Tschernowskijs und schlug ihn auf. Sie hieß nun Miroslava Tichá, geboren in Brunn. Studentin der Medizin, zuletzt in Paris.
    »Ein schöner Name«, sagte Valentina. Sie hatte eine samtweiche dunkle Stimme. Sie streichelte mit den Tönen. »Fast so schön wie Kysaskaja. Miroslava Tichá … haben Sie ihn ausgesucht, Genosse Oberst?«
    »Ja.« Tschernowskij genoß den Blick der schwarzen Augen. »Verlieben Sie sich nicht, Valentina Konstantinowna … wir brauchen Sie noch in Moskau und überall auf der Welt.«
    »Das sagen Sie jedesmal, wenn Sie mich wegschicken, Andrej Mironowitsch.«
    »Paris war ein heißes Pflaster, geben Sie es zu.«
    »Und ich bin zurückgekommen in die Arme der Sektion X.« Valentina steckte den Paß in ihre kleine Handtasche aus Krokodilleder. »Unversehrt.«
    »Die Männer in Paris müssen blind sein!« Tschernowskijs Herz schlug schneller. Alter Esel, sagte er sich vor. Du bist nun fünfzig Jahre, dein Sohn ist älter als dieses schwarze Teufelchen, im November sollst du sogar Großvater werden … und doch zuckt es dir in den Lenden, wenn du sie ansiehst und ihre Augen dir antworten. Andrej Mironowitsch, blamier dich nicht. Gott hat sie nicht für dich geschaffen, du bist zwanzig Jahre zu spät in ihre Glut gekommen.
    »Karel Pilny ist ein schöner Mann«, sagte Tschernowskij und suchte Zigaretten und Feuer. Er war nervös, wenn er daran dachte, daß Prag für Valentina Konstantinowna gefährlicher sein konnte als Paris. Irgend etwas tat in ihm weh, und als er genauer nachforschte, war es das Herz. Das machte ihn unsicher und ließ ihn in den Rauch seiner Papyrossa flüchten. »Wir haben ein Bild von ihm … wo ist es nur … ach, hier … sehen Sie ihn sich an! Ein netter Bursche.«
    Er reichte Valentina ein Foto von Pilny über den Tisch. Ein Kontaktmann im Prager Funkhaus hatte es nach Moskau geschickt. Mit hochgezogenen Brauen sah sie das Bild an.
    »Na?« fragte

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