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Bluthochzeit in Prag

Bluthochzeit in Prag

Titel: Bluthochzeit in Prag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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umklammerten sich und drückten sich aneinander, als wollten sie ein Körper sein, ein einziges Wesen, ein neues Wesen.
    »Karel –« sagte sie leise, und dann weinte sie und krallte sich in seinen Haaren fest.
    »Irena –« Er preßte sie an sich, spürte ihre festen runden Brüste, ihren Leib, ihre Schenkel, ihren ganzen zitternden, schmalen, vom Schleier der goldenen Haare umwehten Körper. »Mein Gott – wie liebe ich dich. Irena –«
    Sie küßten sich und vergaßen, wo sie waren. Sie verbannten ihre Umwelt und sahen und spürten nur sich.
    Die nächste Ausgabe der ›Ranni cervánky‹ brachte einen Leitartikel von Karel Pilny. Am Anfang war das Wort, hieß er. Ein leidenschaftliches Bekenntnis zur Freiheit des Geistes innerhalb der sozialistischen Gesellschaft.
    *
    Im Funkhaus diskutierte man über den Aufsatz. Man klopfte Pilny auf die Schulter. Sieh an, der Karel. Wer hätte das gedacht? Aber so ist es immer: Beim ersten Hauch der Frühlingsluft kommen die Biber aus dem Bau. Mit Karel Pilny kann man also rechnen. Brav, Genosse.
    In Moskau bekam der Artikel Pilnys einen dicken roten Strich. In der Liste wurde sein Name angekreuzt. General Ignorow schickte die ›Ranni cervánky‹ zwei Stockwerke höher zu Oberst Tschernowskij. Als eine Woche später auch noch ein Artikel in der Zeitschrift ›Student‹ erschien, rief Ignorow, böse wie immer, Tschernowskij an.
    »Kümmern Sie sich um diesen Karel Pilny, Andrej Mironowitsch«, sagte er. »Er entwickelt sich. Bisher war er nur unter den Personen, die man überprüfen sollte … jetzt beginnt er plötzlich zu quietschen. Seine Ansichten sind idiotisch, aber gerade Idiotie schluckt das Volk wie süße Milch. Was macht Ihr Wundermädchen Valentina?«
    »Sie kommt übermorgen aus Paris zurück. Früher ging es nicht, Pawel Antonowitsch. Sie war beschäftigt mit den Studentenunruhen an der Sorbonne. Ein Teufelsweibchen ist sie!«
    »Setzen Sie sie auf Pilny an!« sagte Ignorow mürrisch.
    »Auf einen einzigen? Ein solcher Aufwand?«
    »Lieber Andrej Mironowitsch –« General Ignorow sah mit verkniffener Miene auf eine Karikatur aus einer westdeutschen Zeitung, die vor ihm auf dem Tisch lag. Sie zeigte den braven Soldaten Schweijk, wie er den russischen Bären an einem Nasenring hinter sich herführt. »Im Krieg haben unsere Panzer mit ihren Kanonen auf einen einzelnen deutschen Soldaten gezielt, wenn er vor ihnen herlief. Das war zwar auch Verschwendung, aber man traf. Dieser Pilny ist so ein hakenschlagender Hase … sehen Sie zu, daß Ihre Valentina die richtige Kanone ist, ihn zu treffen.«
    »Sie wird es sein.« Oberst Tschernowskij sah Valentina Kysaskaja vor sich. Ein schwarzer Engel. Ein Herzbluttropfen der Schöpfung. Wer konnte ihr widerstehen? »Ich schicke sie sofort weiter nach Prag.«
    Und während Karel Pilny neue Artikel schrieb, die Irena Dolgan in der Stadt verteilte, während sie die Frühlingsabende in den Gärten verbrachten und eng umschlungen durch den Ledeburpark oder den Lobkowitzgarten schlenderten, unter den Blütenbüschen stehenblieben, sich küßten und dann über das Gewirr von barocken Treppen, Balustraden und Pavillons blickten, bereitete Oberst Tschernowskij in aller Stille und Ruhe ihren Untergang vor.
    Aus Paris traf Valentina Kysaskaja ein. Es war wirklich ein wildes, den Atem raubendes Vögelchen.
    *
    Es war an einem hellen Junitag, als Pilny mit Irena Dolgan hinausfuhr zu den Weinbergen von Melnik und vor einem mitten in den Rebenhängen gelegenen, versteckten, von Efeu überwucherten Holzhäuschen anhielt. Von der Bank, die vor dem Hause stand, sah man hinüber zu einem Schloß und auf den Zusammenfluß von Moldau und Elbe. Pilny öffnete die Tür der Hütte mit einem langen, alten Schlüssel, ergriff dann Irena, die ihn mit weiten Augen ansah, nahm sie auf seine Arme und trug sie über die Schwelle wie eine Braut.
    Im Haus setzte er sie vorsichtig auf einen Lehnstuhl, stieß die Fensterläden auf und ließ die Sonne in den einzigen großen Raum. Ein alter Eisenofen stand in der Ecke mit einem geflickten Rohr, ein Tisch und ein paar Stühle möblierten die andere Ecke, an der einen Längsseite waren zwei Betten aufgeschlagen, rohe, hölzerne Gestelle aus ungehobelten Brettern mit Roßhaarmatratzen und dicken Kissen.
    Pilny blieb am Fenster und drehte Irena den Rücken zu. Er blickte über die Weinberge und wußte, daß er jetzt etwas erklären mußte. Er kam sich vor wie ein Mensch, der in einer anderen Sprache mühsam

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