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Bluthochzeit in Prag

Bluthochzeit in Prag

Titel: Bluthochzeit in Prag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Flecken bildeten. »Was wollen Sie von uns? Ihre Divisionen haben unser Land besetzt, der Aufstand der Freiheitsliebenden ist erstickt, die Regierung in Prag wird tun, was Moskau befiehlt, oder man wird sie wegfegen wie damals die Leute in Ungarn. Die Welt sieht zu und schweigt, unsere sozialistischen Reformen werden verwässert, es regieren in unserem Land wieder die Zensur, der Maulkorb, die Angst … Ihre Panzer und Rotarmisten werden dafür sorgen, daß keiner den Mund weiter aufmacht, als es zum Essen und Trinken notwendig ist.«
    »Das stimmt genau.« Tschernowskij umklammerte mit beiden Händen sein hochgezogenes linkes Knie. »Die Weltmeinung kümmert uns einen Dreck. Wir schaffen Ordnung in unserem Lebens- und Interessenraum, und wir möchten den sehen, der uns daran hindern will! Der Westen? Amerika? Zum Lachen ist das! Ein Atomkrieg wegen der Tschechoslowakei?«
    Tschernowskij beugte sich etwas zu Lucek vor. Ihre Blicke trafen sich. »Hier sitze ich, Lucek – und es wird keinen geben, der mich hindern kann, das zu tun, was ich will!«
    »Und was wollen Sie?« fragte Lucek.
    »Sie vernichten!« antwortete Tschernowskij trocken.
    »Das ist eine Aufgabe für Kinder.« Lucek lehnte sich zurück gegen die ihn stützende Valentina. »Ein Dreijähriger mit einem Knüppel könnte mich jetzt erschlagen. Sie haben kindliche Wünsche, Tschernowskij.«
    »Man kann es so sehen.« Tschernowskij blickte sinnend an Lucek vorbei. »Politisch sind Sie völlig uninteressant. Die Lage wird sich stabilisieren, und dann werden Feuerköpfe wie Sie isoliert sein. Ihre klugen Männer Svoboda und Dubcek werden alles tun, um einen Kompromiß zu finden: Die Forderungen Moskaus einbauen in den neuen Sozialismus, wie ihn sich das tschechische Volk vorstellt. Das wird möglich sein … im Grunde genommen ist jede Politik nur ein Zaubertrick. Was wollen Sie also noch auf der Straße? Wogegen wollen Sie demonstrieren? Sie sind politisch ein völlig unwichtiger Mann! Ein Zwerg, der seine Hosen aufbläst, um größer zu erscheinen. Theoretisch könnten Sie hingehen, wo Sie wollen … zunächst ins Krankenhaus, dann wieder auf die Universität, Sie könnten Ihre Examina machen, Ihren Doktorhut in Empfang nehmen … keiner würde Sie jetzt noch daran hindern.«
    »Und praktisch?« fragte Lucek.
    »Praktisch? Ich habe Sie gesucht wie ein verlorenes Auge und gefunden.« Tschernowskij lächelte böse. »Uns verbindet keine politische Gegnerschaft … uns verbindet Haß.«
    »Das verstehe ich nicht –«, sagte Lucek verwundert.
    »Hat Ihnen Valentina nie etwas erzählt?« Tschernowskij sah die Kysaskaja herausfordernd an. »So still, Valentina? Früher waren Sie ein zwitscherndes Vögelchen. Jetzt sitzen Sie nur da und streicheln seine blonden Haare.«
    »Er liebt mich«, sagte Valentina nüchtern.
    »Das habe ich nicht gewußt.« Lucek richtete sich auf. »Dann ist also alles, was mit Valentina und mir geschehen ist, nur ein persönlicher Kampf gewesen?«
    »Ein Privatkrieg, ganz recht. Die politische Lage gestattet es mir, ihn mit allen offiziellen Mitteln zu führen. Auch Ihre Vernichtung, Lucek, wird eine politische Tat sein. Ich habe von Moskau dafür einen Freibrief.« Tschernowskij erhob sich abrupt. »Sie haben mir eine Sehnsucht gestohlen, Lucek. Ich war gezwungen, mehr als einmal meinen Stolz zu brechen. Sie haben mich vor mir selbst lächerlich gemacht. Mich erfaßt Ekel, wenn ich mein Spiegelbild sehe. Das kann ein Mann nicht wegwischen wie Fettflecken von seiner Brille. Wenn Sie nicht gekommen wären, besäße ich jetzt das Schönste dieser Welt: Valentina.«
    »Nie!« schrie die Kysaskaja und umklammerte Luceks Schultern.
    »Warum sagen Sie das, Valentina? Ohne die tschechische Krise wären Sie nie nach Prag gekommen, hätten Sie nie Michael Lucek kennengelernt. Ich hatte schöne Pläne mit Ihnen. Zum Baikalsee wollte ich mit Ihnen fahren, im Sommer, wenn die Rosen duften und der heiße Wind über das Wasser streicht. Wir wären in einem Boot hinausgefahren, und die Sonne, der weite Himmel, die Wolken, die wiegenden Wellen, sie hätten unsere Herzen geöffnet. Sie wären an diesem Tage meine Geliebte geworden, ich weiß das ganz sicher. Und es wäre Ihnen nicht schwergefallen … Sie sind ja zur Hure ausgebildet worden …«
    »O Sie Schwein, Sie erbärmliches Schwein!« stöhnte Lucek. »Hätte ich nur mehr Kraft.« Er beugte sich so schnell vor, daß Valentina ihn nicht mehr zurückreißen konnte, und spuckte Tschernowskij ins

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