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Bluthochzeit in Prag

Bluthochzeit in Prag

Titel: Bluthochzeit in Prag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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einige Querstraßen geführt, bis sie die Orientierung völlig verloren. Nach zwanzig Minuten Wanderung über den regennassen Asphalt blieben sie vor einem Haus stehen. Es lag in einer Nebenstraße, war ein moderner Neubau mit vielen Appartements, ein nüchterner Bau mit zwei Aufzügen und einem Treppenhaus aus Kunstmarmor. Ein großes Klingelbrett, vier Reihen Briefkästen, vierzig kleine Wohnungen, ein menschlicher Bienenstock, eine Aufeinanderschichtung von Wohnwaben.
    »Hier?« fragte Irena, als der Mann die Tür aufschloß und den Fahrstuhl mit einem Knopfdruck herunterholte.
    »Ja, hier.« Der Mann ließ die Mädchen einsteigen, drückte auf die Taste 7. Stock und sah Valentina und Irena grinsend an, während sie langsam emporschwebten.
    Der Lift hielt an einem schmalen Treppenabsatz. Gegenüber eine Kunststofftür. Vergeblich versuchte Irena, die Visitenkarte zu entziffern.
    Dann standen sie in einer kleinen, aber sehr kostbar ausgestatteten Wohnung, der Mann schloß hinter ihnen die Tür ab und schob den Schlüssel in seine Hosentasche. Er klappte ein offenstehendes Fenster zu, zog die schweren Vorhänge vor, knipste alles Licht an, und das waren neben dem Kronleuchter noch drei Wandlampen, eine Stehlampe und eine Tischlampe, schälte sich aus seinem Mantel und nickte den mitten im Raum wartenden Mädchen zu. Plötzlich hatte er eine Pistole in der Hand, und sein Gesicht veränderte sich schrecklich. Es strahlte eine Gier aus von solcher Hemmungslosigkeit, daß sein Blick wie eine klebrige Masse war, die an den Mädchen herabfloß.
    »Setzt euch!« sagte er rauh und winkte mit dem Lauf der Pistole zu einer Couch. Sie war mit einem großblumigen Stoff bezogen, ein breites Monstrum mit Daunenkissen. »Machen wir es uns gemütlich. Die Pistole?« Er lächelte breit. »Sie ist nur ein Requisit, eine kleine Erinnerung, daß es hier nur eine Alternative gibt … gehorchen oder sterben!« Er streckte die Hand mit der Pistole aus und hielt sie den Mädchen unter die Augen. Auf dem Lauf stak ein merkwürdiges, röhrenartiges Ding. Valentinas Augen wurden eng. Schalldämpfer. Niemand würde die Schüsse im Hause hören. Es würde nur blob-blob machen, wie dumpfe Schläge mit einem lappenumwickelten Hammer. Wer achtete schon darauf?
    »Legen Sie Ihr dummes Pistölchen mit dem Schalldämpfer weg«, sagte sie und lehnte sich auf der Couch zurück. Ihr enger, kurzer Rock schob sich hoch über die Schenkel. Sie schlug auch noch die Beine übereinander und wußte, daß man jetzt den Rand ihres Schlüpfers sah.
    Der Blick des Mannes, der über sie hinwegglitt, bei ihren Brüsten und den Schenkeln kurz verharrte, befriedigte sie. Auch du bist nur ein Mann, dachte sie. Und du hast in deinem ganzen Leben noch nie ein Weib gesehen wie Valentina Kysaskaja. Ich warne dich, mein Lieber. Man wird dir den Kopf abdrehen, und du merkst es nicht.
    Der Mann setzte sich den Mädchen gegenüber in einen Sessel und hielt die Pistole auf die Brust Irenas gerichtet. Er stützte die Hand dabei auf das Knie, denn eine Pistole mit Schalldämpfer ist kein leichtes Ding, das man immer ausgestreckt von sich weghalten kann.
    »Wir sind uns begegnet, mein blondes Täubchen, im Zimmer des politischen Kommissars. Erinnerst du dich nicht? Du hattest dich geweigert, auszusagen. Du hast keine Namen genannt. Dann hat man dir gedroht, dich so klein wie eine Wanze zu machen … du hast bloß die blonden Haare in den Nacken geworfen und geantwortet: ›Macht mit mir, was ihr wollt! Ich sage nichts.‹ – Ich habe dich bewundert, du blonde Hexe. Ich habe mir gedacht, wie herrlich es sein müßte, so viel Mut und Starrheit in den Armen zu halten und sie durch Liebe zu zerbrechen. Ich liebe den Kampf, weißt du. Ich bin ein merkwürdiger Mensch. Ein Mädchen, das sich von selbst ins Kissen legt … was ist das schon? Es unterscheidet sich von einer Hure nur, daß es kein Geld dafür nimmt. Mit der Seele lieben … Blödsinn. Liebe soll Kampf sein. Eroberung. Niederlage. Kapitulation. Ich liebe die Mädchen, die sich wehren, die um sich beißen, schlagen, stoßen, kratzen, schreien und sich wie toll gebärden, bis sie besiegt sind. Ich liebe die Gewalt in der Liebe. Ich muß einen Menschen zerbrechen können, um ihn zu genießen –«
    »Na also«, sagte Valentina. »Nun sehen wir klar. Ich dachte mir so etwas Ähnliches, als ich diese Wohnung sah. Was sind Ihre Wünsche, Genosse?«
    Der Mann zuckte bei dem Wort Genosse leicht zusammen. Erneut starrte er Irena

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