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Bluthochzeit in Prag

Bluthochzeit in Prag

Titel: Bluthochzeit in Prag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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östlichen Kommunismus zum Schmelzen brachte. Verwundert blickte der Westen nach Prag: Unter dem Eis kam ein freundliches, vertrauensvolles Gesicht hervor. Ein befreites Lächeln, ein kluges, schalkhaftes Augenzwinkern, eine freundlich hingestreckte Hand: Der alte Schwejk lebte noch!
    Vor allem die Konferenz in Preßburg, auf der die UdSSR, Polen, Ungarn, Bulgarien und die DDR zu Gericht über die mündig werdende CSSR saßen und am Ende zugestehen mußten, daß Sozialismus und Kommunismus auch etwas anderes sein können als eine Diktatur der Massen, befreite die Menschen in der Tschechoslowakei vom jahrzehntelangen inneren Druck.
    Die sowjetischen Manövertruppen rückten ab. Daß sie nicht weit zogen, sondern an den Grenzen stehenblieben und dort warteten … wen regte das jetzt noch auf? Man war es gewöhnt, mit der Macht zu leben. Die Hauptsache: Das Land war frei! Man konnte denken, ohne sich zu ducken. Man konnte reden, ohne durch einen Maulkorb zu murmeln. Man konnte schreiben, ohne für das Wort Freiheit als Imperialist angeschrien zu werden. Man konnte atmen – Mein Gott, es war, als wehe über das ganze Land ein Duft von Blüten!
    Karel Pilny war jetzt viel unterwegs. Er fuhr im Land herum und gab Berichte über die Freude der Menschen zum Funkhaus durch. Er interviewte Fabrikarbeiter und Direktoren, Bauern und Ärzte, Bergleute und Chemiker, Politiker und den berühmten ›Mann auf der Straße‹, Studenten und freigelassene politische Häftlinge.
    Irena Dolgan begleitete ihn auf allen Fahrten. »Ich lasse dich jetzt nicht mehr ohne Aufsicht«, hatte Pilny gesagt. »Ein Totschlag genügt mir.«
    Der Tod des Geheimagenten Stanek wurde mit Stillschweigen umgeben. In keiner Zeitung erschien ein Bericht über den Toten, die Ermittlungen der Geheimpolizei vollzogen sich im stillen. Als Stanek nicht zum Dienst erschien und auch mehrere Telefonanrufe nicht angenommen wurden, fuhren zwei Kollegen zu seiner Wohnung. Sie klingelten, und als sich Stanek nicht meldete, öffneten sie die Tür mit einem Spezialdietrich. Zwanzig Minuten später standen der Chef der Sektion I, der stellvertretende Polizeichef von Prag und der sowjetische Verbindungsmann Rubilew vor der blutverschmierten Couch, dem sich wie ein Schwamm mit Blut vollgesogenen Kissen und dem beschmutzten Teppich. Zwei Beamte der Spurensicherung untersuchten jeden Fleck der kleinen Luxuswohnung, bestäubten alle beweglichen Gegenstände und nahmen eine Menge Fingerabdrücke ab.
    »Kein Zweifel, Stanek ist verschwunden«, sagte der Chef Sektion I. Mit seinem Regenschirm – draußen prasselte ein Sommerregen auf die Dächer und grollte in der Ferne ein Gewitter – tippte er auf die Blutflecken und drehte das Kissen mehrmals um. »Irgend jemand hat ihn umgebracht. Er muß vorher wild um sein Leben gekämpft haben.«
    »Oder um etwas anderes …« sagte einer der Spurensicherer aus der Zimmerecke. Er hob einen Knopf hoch, der hinter einem Sessel gelegen hatte. »Ein Blusenknopf! Perlmutt, Stanek hat ein Weib bei sich gehabt.«
    »Ich habe nie behauptet, daß Stanek ein Heiliger war.« Der Chef Sektion I nahm den Knopf und ließ ihn auf dem Handteller tanzen. »Aber es ist absurd, daß eine Frau ihn so zugerichtet hat, daß er im eigenen Blut schwimmt.« Er steckte den Knopf in die Tasche und winkte ab, als sei er ein Bahnbeamter und ließe einen Zug abfahren. »Schluß. Die Wohnung wird geräumt. Den Hausbewohnern sagen wir, Stanek sei nach Preßburg versetzt worden. Die Möbel werden morgen von einem Möbelwagen abgeholt, so wie es bei einem Umzug üblich ist. Alle Ermittlungen ab sofort mit äußerster Diskretion. Falls Stanek – was ich vermute – von einem fremden Agenten ermordet wurde, ist dies nicht der letzte Streich. Spielen wir die dummen Hunde … vielleicht kriechen die anderen dann aus ihrem Bau.«
    Aber diese Hoffnung war vergeblich. Auch alle Nachforschungen über Staneks Umgang, seine Bekannten, seine Mädchen, sein tägliches Leben außerhalb des Geheimdienstes verliefen im Sande. Nur eines erfuhr man durch Zufall: Am Tag seines Todes war Stanek im Kino gewesen. Die abgerissene Kinokarte stak in der Brusttasche seines Anzuges. Und die Frau an der Kinokasse konnte sich, als man Staneks Bild zeigte, erinnern, daß er zwei auffallend hübsche Mädchen angesprochen hatte. »Die eine war blond, die andere schwarz. Mehr kann ich euch nicht sagen«, berichtete die Kassiererin. »Er faßte sie beide unter und verschwand in der

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