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Bluthochzeit in Prag

Bluthochzeit in Prag

Titel: Bluthochzeit in Prag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Menschenmenge.«
    »Zwei Mädchen –« Der Chef Sektion I schüttelte wieder den Kopf, als er den schriftlichen Bericht durchlas. Noch einmal vertiefte er sich in die Angaben der Spurensicherung.
    Mordwerkzeug: Ein eiserner Leuchter.
    Fingerabdrücke können von einer Frauenhand stammen.
    Zugegeben: Eine Frau konnte Stanek erschlagen haben. Wer aber hatte die Leiche entfernt? Stanek war ein großer, kräftiger Mann gewesen, er wog gut seine 180 Pfund. Können zwei Mädchen unauffällig einen solchen Brocken von Mann wegschleppen?! Und dann – wohin? Vor allem aber: Wenn Frauen töten, lassen sie ihr Opfer meistens liegen. Die Tat allein genügt ihnen … den Toten auch noch zu beseitigen, dazu fehlt ihnen hinterher die Kraft und merkwürdigerweise auch der Mut. Vor der Leiche scheuen sie mehr zurück als vor dem Lebenden.
    Am Nachmittag dieses Tages wurde Stanek endgültig begraben. Im Geheimdienst glaubte man, die Tat rekonstruiert zu haben.
    Die Mädchen waren die Lockvögel, und Stanek, der Frauenheld, fiel auf sie herein. In der Wohnung warteten die Mörder und schafften die Leiche auch weg. »Ganz klar ein politisches Verbrechen«, sagte der Chef Sektion I, als man die ›Akte Stanek‹ abschloß. »Hier wird nur ein Zufall Klarheit schaffen … aber hoffen wir nicht darauf. Ich untersage aber sofort allen meinen Leuten, sich mit unbekannten Weibern und Zufallsbekanntschaften abzugeben. Verdammt noch mal, wenn das der Beginn einer Serie ist … und dann noch mit einem solch alten Trick! Aber so ist das … eine wippende Brust und ein schwingender Hintern, und schon werden die Kerle wie die Hunde, die hechelnd hinterherrennen …«
    *
    Die Tage, an denen Irena mit Pilny durch das Land fuhr und die Menschen interviewte, waren herrlich. Während Pilny mit den Leuten sprach, fotografierte sie – Bilder, die er brauchen konnte, wenn später aus seinen Reportagen eine Artikelserie wurde.
    In Fabrikkantinen knipste Irena die umkränzten Bilder von Dubcek. In einer Kirche eine alte Frau, die für die Männer in der Prager Burg betete. In einer Dorfschule eine Klasse, die einen Brief an Dubcek schrieb. Einen Bäcker, der seine Brote mit Bildern von Svoboda und Dubcek beklebte, einen Gesangverein, der ein von dem Dirigenten komponiertes Lied über den ›Frühling in Prag‹ einstudierte. Es gab eigentlich nur noch fröhliche Tschechen.
    Abends, wenn sie müde nach Prag zurückkehrten und Pilny seine Tonbänder im Funkhaus abgeliefert hatte, pünktlich genug, um die Berichte in der Aktuellen Schau senden zu können, empfing Frau Plachová sie wie verlorengegangene Kinder.
    Micha Lucek und Valentina kamen aus ihrer verwilderten Villa nicht mehr heraus. Ihre Liebe war vulkanisch, hemmungslos; ein Lavastrom war ihr Blut, eine ewig kochende und alles verbrennende Masse. Als ahnten sie im Unterbewußtsein das Schreckliche, das ihnen bevorstand, verbrachten sie jede freie Stunde in wilder Umarmung.
    »O ich liebe dich, Micha, ich liebe dich –« sagte sie manchmal und preßte den Kopf auf seine Brust. Ihr herrlicher, blanker, warmer, bebender Körper lag dann über ihm, und die Flut ihrer langen schwarzen Haare überspülte ihre Köpfe, Schultern und Rücken. »Was soll nur aus uns werden?«
    »Wir werden heiraten, Miroslava …«
    Der Name gab ihr einen Stich, ihr Herz schmerzte plötzlich. Miroslava … Warum habe ich nicht den Mut, zu sagen: Micha, ich heiße nicht so. Ich bin nicht Miroslava Tichá, ich bin nicht in Brunn geboren, meine Eltern stammen nicht aus der Hohen Tatra, ich habe nie Medizin studiert. Alles, alles ist Lüge! Ich heiße Valentina Konstantinowna Kysaskaja. Mein Vater war ein Schlosser in Kasan, meine Mutter eine Näherin in der Kleiderfabrik ›Rote Fahne‹. Bei den Komsomolzen bin ich ausgebildet, auf der Parteischule machte ich mein erstes Examen, die anderen später auf der Agentenakademie in Jaroslawl. Ich bin eine Frau, die für Geld Unruhe unter die Menschen trägt, die einsickert in das fette Bürgertum und dann die Flamme der Revolution entzündet. Ich habe in Westberlin die Studenten aufgewiegelt und bin mit ihnen gegen die Polizei gerannt. In Paris stand ich hinter den Barrikaden und warf Steine auf die Polizisten. In Bonn demonstrierte ich gegen die Notstandsgesetze. Für mich gab es keine verschlossenen Türen, Micha, ich kam überall hinein, wohin ich wollte, und wenn es nicht anders ging, half mir mein Körper dabei … So eine bin ich, Micha … eine Prostitutka, eine Hure, die

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