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Bluthochzeit in Prag

Bluthochzeit in Prag

Titel: Bluthochzeit in Prag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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auf, Genossen …« Dann knieten sie und feuerten die erste Garbe aus ihren Maschinenpistolen dem rasenden Wagen nach.
    Die Kugeln schlugen in den schwankenden Aufbau und zersplitterten im Inneren einen Röhrenkasten und einen Verstärker. Valentina hatte sich zu Boden geworfen und lag nun flach zwischen den herumrollenden Schemeln. Über sie hinweg jaulten die Geschosse, zerplatzte Glas, Splitter regneten auf sie herab. Dann verstummte das Schießen, aber Lucek jagte weiter die Chaussee hinunter.
    Sie wartete noch ein paar Sekunden, dann kroch sie nach vorn und hämmerte mit den Fäusten an die Wand zum Führerhaus.
    »Was ist los, Micha?« schrie sie. »Halt an, laß mich hinaus!«
    Sie wußte, daß es sinnlos war, aber sie versuchte es immer und immer wieder. Dann war es ihr, als hörte sie hinter dem Wagen das helle Knattern von Motorrädern. Näher und näher kam es … und wieder bellten Schüsse, aber die Kugeln trafen den Wagen noch nicht.
    Sie werden ihn töten, dachte sie. Sie werden ihn zusammenschießen wie einen in die Enge getriebenen Wolf.
    Sie trommelte wieder mit den Fäusten gegen die Wand, schrie seinen Namen und flehte ihn an, kein Held zu sein. Dann knatterte die zweite Garbe von den verfolgenden Motorrädern in den Wagen, und dieses Mal trafen sie, durchschlugen den Aufbau und zerschmetterten wieder einige Funkgeräte.
    Micha Lucek sah im Rückspiegel die näher kommenden Russen. Er wußte genau, daß er gegen diese Motorräder keine Chance hatte, daß sie schneller waren als er, daß sie ihn überholen würden. Aber aufgeben?
    Er umklammerte das Lenkrad, starrte auf das im Scheinwerfer hüpfende Band der Straße und überlegte einen Trick.
    Ich lasse sie nahe herankommen, dachte er. Wenn sie vier, fünf Meter hinter mir sind, werde ich plötzlich bremsen, mit aller Kraft, auch wenn der Wagen sich wie ein Kreisel drehen wird. Aber ehe sie reagieren können, werden sie in mich hineingerast sein wie Kanonenkugeln. Der Wagen wird es überstehen, sie aber nicht.
    Er sah in den Rückspiegel und atmete schwer. Ich hätte Miroslava nicht mitnehmen dürfen, dachte er. Ich hätte sie Pilny mitgeben müssen, auch gegen ihren Widerstand. Welche Ängste muß sie ausstehen? Und in wenigen Sekunden, der Zusammenprall … sie wird sich verletzen …
    Das waren die Augenblicke, in denen Lucek überlegte, ob er nicht die wahnsinnige Jagd aufgeben und sich von den Russen festnehmen lassen sollte. Aber dann dachte er daran, daß er Pilny versprochen hatte, den Wagen aus Prag herauszubringen. Die Stimme der Freiheit.
    Wieder ein Blick in den Rückspiegel. Die drei Motorräder, die bisher nebeneinander gefahren waren, hatten sich getrennt. Während das mittlere hinter dem Wagen blieb, zogen die beiden anderen nach rechts und links. Sie setzten zum Überholen an.
    Mit starrem Gesicht wartete Lucek, bis er die Lederhelme der Russen neben sich sah. Er blickte in die jungen Gesichter, die aufgerissenen Augen, die zu ihm hinaufstierten.
    Kommt näher, dachte Lucek verbissen. Rückt auf, ihr Hunde. Überholt mich, setzt euch vor mich … ich werde ein Artist sein und euch zeigen, welche Kunststückchen man mit einem Lastwagen vollführen kann. Steuer rechts herum und weggeschleudert bist du, Genosse aus der Steppe … Steuer links herum, und du wirst durch die Luft fliegen, mein Junge. Blitzschnell geht das bei dieser Geschwindigkeit.
    Er beugte sich vor, visierte den linken Motorradfahrer an und preßte dann die Lippen aufeinander. Plötzlich spürte er einen Schlag gegen die Schulter. Dann erst hörte er den Knall, das Splittern des Fensters neben sich, spürte eine heiße Welle zu seinem Hals spülen, die wie kochendes Öl war, in das man ihn gelegt hatte. Der Arm wurde gefühllos, aber plötzlich begann er zu zittern und zu zucken, so heftig, daß der ganze Körper mitgeschüttelt wurde. Warme Nässe rann an ihm herunter, und erst, als sie aus dem Ärmel über die Hand lief, sah er, daß es sein Blut war.
    Der Sowjetsoldat links neben ihm hob wieder die Maschinenpistole. Es war eine wahre Kunst, bei dieser Geschwindigkeit einhändig zu fahren und mit der anderen Hand zu zielen und zu schießen. Lucek bewunderte ihn für eine Sekunde. Dann zog er den Wagen nach links, sah, wie der Mund des jungen Russen zu einem Schrei aufriß, spürte den Aufprall, hörte das Knirschen von Eisen, ein Körper wirbelte durch den Strahl des Scheinwerfers, der schwere Wagen schleuderte, zermalmte etwas unter sich und fand dann die

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