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Bluthochzeit in Prag

Bluthochzeit in Prag

Titel: Bluthochzeit in Prag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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war da … sie hatte es gar nicht anders erwartet.
    *
    Aus der Reportage Ein deutsches Mädchen in Prag wurde nichts. Aber Pilny kam durch Irena in einen Kreis, in den er sonst wohl nie eingedrungen wäre: Er lernte die Studentengruppen des ›Prager Frühlings‹ kennen.
    Irena nahm ihn einfach mit und stellte ihn ihren Freunden vor. In einem Kellerlokal der Altstadt tagten sie, zwei Stockwerke unter dem Asphalt. Es waren nach Moder riechende Gewölbe, Wände aus dicken Quadern und Böden aus breiten Steinplatten. Mit ein paar bunten Matten hatte man die Räume ein wenig wohnlicher gemacht, aber was brauchte man in diesem Fuchsbau auch anderes als ein paar Stühle, einen Tisch, einige Glühbirnen und viel jugendlichen Geist? Nur zwei ganz hinten liegende Zimmer waren bestens ausgestattet. Hier rumorte es manchmal die ganze Nacht durch, es war ein Stampfen und Knirschen, Brummen und Klappern, Klirren und Zischen. Auf einer uralten Druckmaschine stellten die Studenten eine eigene Zeitung her, wöchentlich einmal dreitausend Exemplare, die man dann in der Universität verteilte und die von Hand zu Hand ging … erst durch die Hörsäle und Seminare, später zu den Zimmerwirten, von diesen die Straßen hinauf und hinunter. Jeder in Prag kannte sie.
    ›Ranni cervánky‹ hieß die Zeitung. ›Morgendämmerung‹. Ein poetischer Name für eine politische Revolution.
    Das Geld für diese Zeitung sammelten die Gruppen unter den anderen Studenten; die Väter schickten es, Geschäftsleute stifteten Beträge, in ihrer Freizeit gaben die Studenten Unterricht und Nachhilfestunden und lieferten die Honorare in den Kellergewölben ab. Siebenmal hatte die politische Polizei bisher vergeblich versucht, den geheimen Druckort zu entdecken. Sie hatte Verteiler der Zeitung verhaftet und tagelang verhört, sogar zu einem Prozeß und einer Verurteilung war es gekommen. Aber die Zeitung erschien weiter … jeden Samstag wurde sie noch druckfeucht verteilt. Einige Exemplare lagen auch im Archiv von General Ignorow in Moskau, wortwörtlich übersetzt und an einigen Stellen mit roten Ausrufezeichen versehen. Auch Tschernowskij bekam in diesen Tagen ein paar Ausgaben von ›Ranni cervánky‹ mit Ignorows eigenhändiger Bemerkung: »Lassen Sie Ihr Vögelchen Valentina fliegen! Diese Studenten sind die Führer von morgen. Je eher sie im Zaumzeug traben, um so besser für die Sicherheit unserer Interessen. Sie müssen in diese Rattenlöcher eindringen, Andrej Mironowitsch!«
    Als Karel an der Hand Irena Dolgans zum erstenmal in den unterirdischen Gewölben erschien, begrüßte sie kein Freudengeheul. Man ließ Pilny vielmehr im ersten Raum stehen und zog Irena in den nächsten Keller.
    »Bist du verrückt?« Der Medizinstudent Lucek griff sich an den Kopf und rannte hin und her. »Wen schleppst du uns da heran? Einen Funkreporter! Karel Pilny! Ja kennst du denn Karel Pilny nicht? Er ist einer, von dem man nicht weiß, wohin er gehört. Er hat Kossygin interviewt und aus Wien ein Gespräch mit zwei westdeutschen Schriftstellern gebracht. Beides wurde gesendet, und mit beiden Reportagen schlug er Ecken ab. Was sollen wir mit ihm? Himmel noch mal, wenn er zu singen anfängt!«
    »Er wird den Mund halten«, sagte Irena.
    »Da bist du sicher?«
    »Vollkommen sicher.«
    »Wie lange kennst du ihn?«
    Irena zögerte einen Augenblick, dann sagte sie steif: »Neun Tage …«
    Lucek wischte sich über die Augen. »Was ist bloß mit dir, Irena? Wenn uns der Staatssicherheitsdienst erwischt, wandern wir in die Zuchthäuser.«
    »Das weiß ich alles. Aber ich dachte, Karel könnte uns helfen. Er kennt Tausende in Prag …«
    »Und Tausende kennen ihn! Das ist ja der Wahnsinn!« Michael Lucek war außer sich. Er rannte in dem Gewölbe wie ein Raubtier hin und her, umkreiste Irena mit finsterer Miene und wußte nicht, was nun geschehen sollte. Die Sicherheit der ganzen Gruppe stand auf dem Spiel. Überall, nicht nur in Prag, wuchs der Widerstand gegen den alten, doktrinären Kommunismus. Aus Preßburg, Pilsen, Karlsbad, Brunn, Eger und Ostrau kamen Briefe, die von dem gleichen freiheitlichen, nationalen Denken berichteten, das jetzt auch zu den Führungsspitzen der Partei wehte. Und da brachte diese Irena Dolgan einen Mann in den Keller, von dem man wußte, daß er politisch ein Nichts war, ein Nackter, dem jede Fahne stand, in die man ihn einwickelte, ob sie rot war oder blau-weiß-rot.
    »Warte hier!« sagte er endlich und blieb ruckartig stehen. »Ich werde

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