Bluthunde
ich mich nirgendwo mit dir sehen lassen. Fällt ja alles auf mich zurück, Praktikant! – Was guckst du denn so?«
»Da isse ja!«
Struller hatte die Telefonnummer gefunden. Ganz hinten im Notizbuch. Dem Buch aus 2011. Er holte tief Luft, wusste, dass er ein gefährliches Spiel spielte. Nun denn! Mit flinken Fingern hackte er die Nummer in die Tastatur und erlauschte das Freizeichen.
Eine butterweiche, weibliche Stimme meldete sich. »Ordnungsamt Düsseldorf, die Helga am Apparat.«
Ein zufriedenes Lächeln huschte über Strullers Gesicht. »Hallo Helga, ich bin es. Der Pit aus dem KK 11.«
»Och. Pit! Das ist ja ein Ding«, freute sich die Helga vom Ordnungsamt. »Du rufst an. Das ist schön. Wie du es an Altweiber auf dem Polizeifest versprochen hast. 2011.«
»Ähm …«
»Lass gut sein, Süßer. Gut Ding will Weile haben. Ich kann warten. Auf dich sowieso, Sweetheart«, gurrte Helga, und Struller meinte durch die Telefonleitung den wilden Augenaufschlag seiner Gesprächspartnerin hören zu können.
Die Helga, die Helga war ein Feger. Junge, Junge, hatten sie beide seinerzeit auf dem Altweiberball im Präsidium geschwoft. Schärfer als die Polizei erlaubt! Küssen? Knutschen? Ach was: Zungentornado!
»Man kommt zu nichts«, murmelte Struller zuckersüß.
»Da sagste was.«
»Helga-Maus, ich hab da ein kleines Anliegen.«
»Möchtest du einen Nachschlag, du wilder Tiger?«
Nein. Wollte er nicht. Er wollte was ganz anderes. Aufpassen jetzt, Struller! »Helga-Schatz, ein Nachschlag würde mich überfordern.«
»Mein Klammer-König!«
»Haha. Äh, Helga, wir müssen unbedingt mal eine Runde durch die Altstadt drehen. Wir müssen ja nicht unbedingt warten bis Karneval.«
»Da bin ich ganz deiner Meinung, Tiger.«
»Genau. Ich bring nur noch meinen Fall schnell zu Ende, aber dann gehen wir mal fein zusammen schnabbulieren. Und ein bisschen Schaka-Schaka. Vielleicht im
Bolker 9
?«
»Ich liebe es, wenn ein Mann die Pläne macht!«
»Ist meistens besser …«
»Wie meinst du das denn?«
»Äh … Nur so, Mäuschen. Hör mal, lass uns das gar nicht auf die lange Bank schieben. Und damit das schön schnell geht, kannst du mir einen riesigen Gefallen tun.« Struller hielt die Luft an. Entscheidende Phase.
»Nachtigall, ik hör dir trapsen! Pit, Pit, Pit. Du bist ein Schlawiner! Glaub nicht, dass ich dein Spielchen nicht von Anfang an durchschaut hätte. Die Helga ist nämlich keine kleine Dumme. Aber: Ich bin durchaus bereit, dir mit einem Gefallen zur Seite zu springen. Wenn es nichts Illegales ist! Aber dafür lässt du dann auch was springen. Nämlich den feinen Abend im Städtchen. Und mit Schnabbulieren meine ich keine Currywurst, Pommes, Majo! Haste mich verstanden?«
»Sicher, Helga, sicher.«
Struller würde das als alter Macho niemals so ausformulieren, aber im Grunde genommen liebte er Frauen, die nicht auf den Kopf gefallen waren. Eine Schublade, in die die flotte Helga vom Ordnungsamt ganz sicher reinpasste! Und was war im Leben schon umsonst?
»Dann schieß los!«, lockte Helga.
Struller holte tief Luft. Dann erklärte er Helga seine Samstagnacht-Knöllchen-auf-der-Franziusstraße-Spur. Dass er rausfinden musste, welcher Besitzer welches Fahrzeugs mit Knolle wohl ins 4004 gehört hatte und welcher nicht. Und dass der reguläre Dienstweg doch eindeutig zu kompliziert sei. Und viel zu lange dauerte, wo er die Info doch so schnell brauchte.
Helga erklärte sich bereit, Strullers Ansinnen bevorzugt zu behandeln. Genau genommen versprach sie Struller, sofort tätig zu werden. Er solle nicht aus dem Büro weggehen, sie würde die entsprechenden Kolleginnen sofort aufsuchen und eine Liste mit den aufgeschriebenen Kennzeichen noch vor dem Mittagessen zumailen.
Tiger, Tiger, Tiger!
Und viel Erfolg beim Fall!
Struller legte auf. Und ja, er würde Helga fein ausführen. Er hatte schon deutlich unangenehmere Deals eingefädelt. Im
Bolker 9
war er ewig nicht mehr gewesen. Hoffentlich gab es den Tanzschuppen überhaupt noch.
In einem zweiten Telefonat brachte er die Kollegen auf Ibiza ein wenig ans Arbeiten. Die würden das Alibi von Tim Winters überprüfen. Mal sehen, ob der Ibiza wirklich nicht verlassen hatte. Das Gespräch hatte sich ein wenig zäh dargestellt, weil die Spanier auf Ibiza überraschenderweise kein Deutsch sprachen und Strullers Englisch als ausbaufähig zu bezeichnen war. Aber immerhin, man kümmerte sich.
Als Struller zufrieden auflegte, ratterte das Faxgerät los, und
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