Bluthunde
einem Auge.
»Also«, stammelte Jensen leicht irritiert. »Ich bin …«
»Ich weiß, Sie sind der Mann vom erotischen Eskortservice. Ich muss sagen, ich bin sehr angetan.«
Jensen schluckte.
»Ein prächtiger Bursche, oder? Was meinst du, Hilde?«
Jensen schluckte noch mal, denn er entdeckte besagte Hilde, die auf roten High Heels mit silberfarbenen Metallnieten aus dem Nebenzimmer zu ihnen in den Flur stöckelte und nur unwesentlich mehr trug als ihr Gatte. Obenrum was Dünnes, Durchsichtiges. In hellem Blau. Dem unteren Teil ihres Körpers wollte Jensen sich noch nicht widmen …
»Ganz deiner Meinung, Sigmar. Yam, yam«, stimmte sie anerkennend zu.
Entsetzt entdeckte Jensen in Hildes Hand eine schwarze, fransige Lederpeitsche, die sie jetzt mit einer heftigen Bewegung aus dem Handgelenk heraus auf einen kleinen Beistelltisch knallend niedersausen ließ. Jensen trat erschrocken einen Schritt zurück.
»Das muss ein Versehen sein …«, setzte er an, aber Sigmar und Hilde Bosselmann schüttelten gleichzeitig heftig mit den Köpfen.
»Nein, nein, kein Versehen«, erklärte Sigmar. »Hilde und ich werden häufig jünger geschätzt, aber wir sind beide schon ganz knapp über Sechzig.«
»Und alles noch hübsch stramm«, summte Hilde, knallte erneut mit der Peitsche und schüttelte rhythmisch den Teil ihres Körpers, von dem sie offenbar annahm, dass dort das Stramme besonders schön zur Geltung kam.
Wie gebannt starrte Jensen nun exakt dorthin. Der gleiche Effekt wie bei einem schweren Autounfall: Man will es nicht, aber man
muss
einfach hingucken. Und kann dann wochenlang nicht durchschlafen.
»Hilde«, mahnte Sigmar und drohte schelmisch mit dem erhobenen Zeigefinger. »Überfordere den jungen Mann nicht. Wir wollen ja am Anfang nicht gleich schon übertreiben.«
Hilde schmollte gespielt, Jensen holte tief Luft. »Ich bin Polizist …«
»Nein, nein«, unterbrach ihn Sigmar wieder. »Einen Polizisten hatten wir letzten Monat. Sie sind heute der Mann vom bösen, bösen Finanzamt.«
»Bin ich nicht!«
»Doch, doch. Letzte Woche hatten wir den rabiaten Krankenpfleger, mit Einlauf, kommende Woche ist die schmutzige Schornsteinfegerin gebucht und heute ist Finanzamt mit gemeiner Steuer-CD aus der Schweiz. Wenn Sie jetzt bitte durchkommen wollen, ich werde nur bei Anwendung von Gewalt alles, alles offen legen.«
Sigmar Bosselmann leckte sich mit seiner Zungenspitze lüstern über die Lippen und ging voran ins Wohnzimmer. Jensen folgte ihm und entdeckte, dass der aparte Slip vom Sigmar hinten nur aus zwei schmalen Stoffstreifen bestand. Und die versanken zwischen … tja, da wo kleine Stoffstreifen am Hintern eben versinken konnten.
Hilde legte ihrerseits forsch eine Hand auf Jensens Popo und räusperte sich. »Wir sind für Ehegattensplitting.«
Jensens Knie wurden weich. Ehegattensplitting? In diesem Zusammenhang bekam das Wort ja eine ganz neue Bedeutung. In welche Liebesfalle war er denn hier reingeraten? Hing hier irgendwo eine versteckte Kamera?
Hilde kicherte erregt. »Sie kommen früh, junger Mann. Hoffentlich ist das kein schlechtes Omen.«
Sigmar musterte Jensen von oben bis unten. »Ich hatte Sie mir ein wenig … biederer vorgestellt. Mit Hornbrille und Aktentasche, die Kleidung vielleicht ein wenig konservativer, aber ich finde es geht. Was meinst du, Hilde?«
»Ich finde ihn heiß.«
»Danke«, flüsterte Jensen. Und drückte dann aber entschlossen sein Polizistenkreuz durch. »Aber: Das ist eine Verwechslung. Ich arbeite bei der Mordkommission und habe eine Nachfrage wegen Ihres Fahrzeugs, das am Samstag falsch geparkt wurde.«
Die beiden lächelten milde, Sigmar nickte. »Der Mann vom Ordnungsamt. Wir haben falsch geparkt, Hilde. Böse, böse, böse …«
Hildes Peitsche knallte. Jetzt wurde es Jensen zu bunt. Er präsentierte entschlossen seinen Dienstausweis. »Hier!«
»Dönerimbiss Bodrum, Kölner Straße?«, fragte Sigmar.
Jensen wurde noch röter als er sowieso schon war. Mist, schon wieder! Schnell wechselte er die Ausweise und bemerkte erfreut, dass zumindest die wilde Hilde sich bemühte, hervorstechende Teile ihres strammen Körpers nicht mehr ganz so offensiv zu präsentieren. Die Peitsche legte sie zur Seite …
»Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen. Ein Dienstausweis«, murmelte Sigmar.
»Ja. Meiner«, gab Jensen zurück. »Es geht um Ihr Fahrzeug, den Passat.« Jensen nannte das Kennzeichen.
»Aha.« Sigmar griff irritiert nach einem Bademantel, der über einem
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