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Blutige Asche Roman

Titel: Blutige Asche Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Pauw
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Tischnachbarn, unterhielt, und beugte sich zu mir. »Ich an deiner Stelle würde etwas gegen diesen Stefan unternehmen. Der hat dich sauber reingelegt. Oder hat es dir dort gefallen, in der Isolierzelle, Reetje? Gibt es dir einen Kick, wenn du spürst, wie die Papierklamotten an deinem Schwanz scheuern?« Rembrandt nahm einen Bissen von seinem Brot und kaute mit offenem Mund. Ich sah schnell woandershin. »Bald hast du die Station verlassen, und dann ist es zu spät.«
    Hoffentlich war das Frühstück bald vorbei. Doch dann sah ich, dass der Soziotherapeut mit der Brille eine neue Scheibe Brot aus dem Korb nahm. Es würde bestimmt noch fünf Minuten dauern.
    »Weißt du, was du tun musst?« Rembrandts stinkender Käseatem wehte mir ins Gesicht. Ich lehnte mich so weit wie möglich in die andere Richtung und versuchte, die Fische vor meinem inneren Auge heraufzubeschwören.
    »Du musst ihn darauf ansprechen. Sag ihm, du weißt, dass er es war. Du wirst schon sehen, wie er darauf reagiert.«
    Venus. Saturn. Hannibal. King Kong. Peanut. Rosine. Chili.
    »Rembrandt. Warnung Nummer zwei. Kein Getratsche am Frühstückstisch. Bei der nächsten Warnung bekommst du Zimmerarrest.«

    »Ach ja?« Rembrandt stand auf. Alle hörten auf zu essen, bis auf Richard, der wie immer Figuren aus seinem Brot schnitt. Ich sah einen mit Leberwurst bestrichenen Weihnachtsbaum auf seinem Teller liegen.
    Mit einem Ruck zog Rembrandt seine Hose herunter und holte seinen Schwanz hervor. »Weißt du was? Du kannst mich mal. Fick dich!« Er wackelte mit dem Ding hin und her. »Fick dich«, wiederholte er.
    »So bekommst du nur Probleme«, sagte der andere Soziotherapeut. Er war neu auf der Station, ich hatte ihn noch nicht oft gesehen.
    »Fick dich. Fick dich. Fick dich.« Mit jedem Wort wackelte Rembrandt mit seinem Schwanz keine dreißig Zentimeter von mir entfernt hin und her.
    Ich kroch unter den Tisch.
    »Das ist deine letzte Chance, die Hose wieder hochzuziehen. Ansonsten muss ich die Wachleute rufen, und wir alle wissen, was dann passiert.«
    »Fick dich«, hörte ich Rembrandt noch einmal sagen. Von meinem Platz unter dem Tisch sah ich, wie er seine Hose wieder hochzog. Ich atmete erleichtert auf.
    »Gut«, sagte der Soziotherapeut mit der Brille. »Du bekommst mindestens eine Woche Stubenarrest. Das Frühstück ist beendet.«
    Ich blieb, wo ich war. Erst als alle den Tisch verlassen hatten, kam ich darunter hervor.
     
    Weil ich Küchendienst hatte, musste ich alles in die kleine Küche zurücktragen, die Spülmaschine einräumen und den Aufstrich in den Kühl- und Vorratsschrank stellen. Auf einmal stand der Soziotherapeut mit der Brille ebenfalls in der Küche.
Ob er wohl gehört hatte, was Rembrandt gesagt hatte, bevor er anfing, mit seinem Pimmel herumzuspielen? Dass ich ihn darauf ansprechen sollte. Schnell verstaute ich das Brot im Brotkasten und konzentrierte mich auf meine Aufgaben.
    »Was sollte das vorhin beim Frühstück?«
    Jetzt fing das schon wieder an. Ich versuchte, an meine Fische zu denken, und hoffte, er würde schnell wieder gehen.
    »Stellen wir uns hier taub? Hauptsache, du weißt, dass nichts von dem, was Rembrandt sagt, wahr ist.«
    Ich öffnete den Kühlschrank und legte Leberwurst, Hinterschinken und Käse hinein.
    »Egal, deshalb bin ich nicht gekommen. Ich wollte dir nur sagen, dass du Besuch bekommst.«
    Ich hatte heute gar nicht mit Iris Kastelein gerechnet. Das waren gute Neuigkeiten. Jetzt konnte ich ihr erzählen, dass ich meine Fische wiederbekommen würde. Das würde ihr gefallen, da war ich mir sicher.
    »Deine Mutter. Das ist das erste Mal, dass sie kommt, oder?«
    Ich erstarrte. Das Marmeladenglas, das ich in der Hand gehabt hatte, fiel zu Boden. Es knallte auf die Fliesen, und alles war mit roter Matsche vollgespritzt.
    »Macht dir das Angst?«
    Ich sagte nichts, sondern starrte auf die hellroten Flecken. Ich musste daran denken, wie mich meine Mutter das letzte Mal im Gefängnis besucht hatte. »Es ist vorbei«, hatte sie gesagt. »Ich kann dich nicht mehr besuchen. Ich schaffe das einfach nicht mehr.« Diesmal hatte sie nicht geweint oder mich festgehalten.
    »Hörst du mich?« Der Soziotherapeut mit der Brille klopfte mir auf den Arm.

    Eine lange Pause entstand, in der ich mich fragte, was ich tun oder sagen sollte.
    Er räusperte sich. »Na gut. Ich hole dich gegen elf ab. Bringst du die Küche wieder in Ordnung?«

51
    Meine Mutter spielte jeden Mittwochabend von halb acht bis halb elf Bridge

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