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Blutige Asche Roman

Titel: Blutige Asche Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Pauw
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in Tränen ausbrechen. Meneer de Boer stand vermutlich kurz davor, über den Tisch zu springen und Pissing Peter zu lynchen. Von mir aus gerne. Ich würde mit Vergnügen meinen Stuhl zur Seite schieben, um ihm mehr Platz zu machen. Ich würde ihm sogar meinen Mont-Blanc-Füller leihen, ein Examensgeschenk meiner Mutter, falls er eine Mordwaffe benötigte.
    »Das ist mir neu«, sagte de Leeuw.
    »Dann sollten Sie etwas genauer lesen.«
    »Stimmt das?«, fragte Meneer de Boer seine Tochter. »Hast du deinen Personalausweis gefälscht, um bei dieser widerlichen … Darbietung mitmachen zu können?«
    Kims Gesichtsausdruck blieb unverändert.
    »Vielleicht kannst du unsere Frage beantworten?«, sagte ich.
    Sie zuckte die Schultern.
    »Wer schweigt, stimmt zu, das ist zumindest meine Meinung.« Ich hasste mich für diese Bemerkung. Das hatte nichts mit Ehre zu tun, von meinem Gewissen ganz zu schweigen.
    »Ich würde die Antwort doch lieber von meiner Mandantin hören«, sagte de Leeuw.
    »Glauben Sie etwa, ich bin verrückt?«, rief van Benschop empört, so als sei er der Traumatisierte. »Ich lass doch keine Minderjährigen mitspielen. Wissen Sie überhaupt, wie viele Mädchen bei mir Schlange stehen, um …«
    »Das reicht.« Ich warf van Benschop einen Blick zu, an
dem sich Kims Vater ein Beispiel nehmen konnte. »Herr van Benschop möchte damit sagen, dass er keinerlei Interesse daran hatte, eine Minderjährige zu beschäftigen. Nicht umsonst sind alle Darstellerinnen verpflichtet, sich auszuweisen.« Frag nach der Kopie des Personalausweises, flehte ich de Leeuw in Gedanken an. Frag danach. Aber Telepathie schien nicht gerade seine Stärke zu sein.
    »Ohne den gefälschten Personalausweis hätte Ihre Mandantin nie eine Rolle bekommen.« Eine bessere Steilvorlage konnte ich ihm gar nicht geben.
    Aber statt sich nach dem Beweismaterial zu erkundigen, wandte sich de Leeuw an seine Mandantin. »Kim, ich möchte, dass du jetzt gut nachdenkst. Hast du wirklich deinen Personalausweis gefälscht?«
    Zum ersten Mal kam Bewegung in das Mädchen. Sie zappelte auf ihrem Stuhl herum, und ihre Mundwinkel zitterten. Sie würde einknicken.
    Alle Anwesenden sahen sie gespannt an. Sie sackte förmlich in sich zusammen.
    »Das war Rick«, sagte sie schließlich mit einer Kleinmädchenstimme.
    »Was?«, wollte de Leeuw wissen.
    Mach endlich Schluss mit dieser Schmierenkomödie, flehte ich innerlich. Ich beschloss, nie mehr so einen Fall anzunehmen. Dann noch lieber Ehescheidungen.
    »Rick hat irgendwas mit der Kopie meines Personalausweises gemacht.«
    »Mist«, sagte Meneer de Boer. »Verdammt noch mal, Kim. Wir haben dir doch tausend Mal gesagt, dass der kein Umgang für dich ist.«
    Mevrouw de Boers sorgfältig geschminkter Mund war nur
noch ein schmaler Strich. Ein flatliner auf dem EKG-Monitor. Das Einzige, was fehlte, war ein schriller Piepton.
     
    »Ich kann nur hoffen, dass Sie heute Nacht gut schlafen«, sagte Meneer de Boer zu mir, bevor er den Besprechungsraum verließ. »Herzlichen Glückwunsch.«
    Wir hatten über das Finanzielle gesprochen und uns auf einen Betrag geeinigt, der knapp über unserem Gegenvorschlag lag.
    Ich wusste nicht, wie ich darauf reagieren sollte. Keine Entschuldigung, kein Einwurf, kein Gegenangriff. Normalerweise würde ich »Auf Wiedersehen« sagen. Oder »Gute Heimfahrt«. Aber beides fand ich ziemlich unpassend. Ich sah zu, wie die sich auf ihre Eltern stützende Tochter aus dem Besprechungsraum geführt wurde. De Leeuw nickte mir kurz zu und ging ihnen hinterher. Die Tür fiel zu.
    »So, das lief ja prima.« Van Benschop rieb sich die Hände. »Darf ich Sie auf einen Drink einladen? Mögen Sie Champagner?«
    »Prima? Das lief prima?«, fragte ich.
    »Ja. Ehrlich gesagt, hatte ich keine besonders hohen Erwartungen an Sie, aber so, wie Sie das hingekriegt haben … Einfach fantastisch. Hab ich nicht gleich gesagt, dass sich diese Kim de Boer einfach nur aufführt?«
    Ich drehte mich zu ihm um und sah ihn ungläubig an. »Wenn Sie der Meinung sind, dass es ›prima‹ gelaufen ist, nur weil Sie das Recht auf Ihrer Seite haben, täuschen Sie sich. Sie haben einfach bloß Glück gehabt, dass der blöde Anwalt der Gegenseite geschlafen hat. Denn sonst hätte er Hackfleisch aus Ihnen machen können.«
    »Auf das Ergebnis kommt es an, sag ich immer.«

    »Das Ergebnis?« Ich musste mich beherrschen, nicht laut zu schreien. »Das Ergebnis ist, dass eine ganze Familie zerstört wurde. Von den

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