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Blutige Asche Roman

Titel: Blutige Asche Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Pauw
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Trotzdem hatte sie mir vorhin nicht aufgemacht. Anna kaute auf der Madeleine. Das rote Bändchen lag zu ihren Füßen auf dem Boden.

    Dann sah mich Rosita. Sie schaute mich an. Wahrscheinlich erschrak sie, denn die Schultern hoben sich und sie ließ die Zigarette aufs Sofa fallen. Auf das Sofa, das ich ihr gekauft hatte. Schnell griff sie nach der brennenden Kippe und strich über die Stelle, wo sie gelandet war. Anna sah mich ebenfalls. Ihre Lippen formten ein »Ray!«. Sie winkte mir sogar zu.
    Weil ich nicht wusste, was ich tun sollte, blieb ich vor dem Fenster stehen. Rosita erhob sich vom Sofa. Ich dachte, sie würde mich reinlassen, denn sie ging zur Hintertür. Sie machte sie einen Spalt auf und steckte den Kopf heraus. »Was willst du hier, Ray? Kannst du mich nicht einmal einen Tag in Ruhe lassen?«
    Ich holte tief Luft und beschloss, es einfach zu sagen. Das, worauf ich so lange gewartet hatte. Ich hatte darauf gehofft, davon geträumt, und jetzt war es so weit. »Ich bin gekommen, damit wir eine Familie sind. Du, Anna und ich.«
    Einen Moment lang sagte sie nichts. Dann brach sie in Gelächter aus.
    Aber was ich gesagt hatte, war nicht lustig.
    Als sie sich wieder erholt hatte, sagte sie: »Ray! Du glaubst doch nicht im Ernst, dass aus uns eine Familie wird? Wie kommst du nur darauf! Ich mag dich und finde dich nett, obwohl ich es gestern nicht sehr nett fand, dass du am Fuß der Treppe stehen geblieben bist. Aber was soll’s, ein Stück weit war das auch meine Schuld. Aber jetzt spinnst du wirklich. Wir sind Nachbarn. Vielleicht auch Freunde. Aber eine Familie? Jetzt werd bitte wieder normal.«
    »Aber du hast es doch selbst gesagt!« Ich ging zur Tür und wollte sie packen. Sie umarmen und küssen, wie Menschen es tun, die zusammengehören.

    Aber sie wich zurück. »Nie im Leben!« Sie warf die Tür hinter sich zu, schloss ab und zog die Vorhänge vor.
    Ich betrachtete den goldenen Stoff, während ihre Worte durch meinen Kopf sausten wie Rosinen durch den Teig in der Knetmaschine. Die furchtbare Wahrheit drang langsam bis zu mir durch. Sie hatte mich zum Narren gehalten. Sie hatte mir erzählt, wir seien beinahe eine Familie. Beinahe bedeutete: Nur noch ein kleines bisschen, und dann ist es geschafft. Aber dieses kleine bisschen gab es gar nicht. Weder heute noch morgen noch in ferner Zukunft.
    Ich bekam wieder einen klaren Kopf. Ich wusste, was ich zu tun hatte.

41
    Der Nächste auf meiner Liste war Asscher. Es hatte mich große Mühe gekostet, ihn zu einer Verabredung zu überreden. Obwohl es half, als ich damit drohte, ihn diesbezüglich zu Hause anzurufen, falls ihm das besser passe. Schließlich hatte er eingewilligt, sich in einem Autobahnrestaurant zu treffen, das vermutlich hauptsächlich von Handelsvertretern besucht wurde, und von Leuten, die sich übers Internet kennengelernt hatten. Auf den Tischchen mit lachsfarbenen Tischdecken standen Vasen mit jeweils einer einzigen Gerbera und dem Blatt einer Fingeraralie. Ein zaghafter Versuch, für eine gemütliche Atmosphäre zu sorgen.
    Ich konnte durchaus verstehen, was Rosita an Victor Asscher gefunden hatte. Er war zwar nicht wirklich gut aussehend, wirkte aber unheimlich männlich, vor allem für einen Bilanzbuchhalter. Er war überdurchschnittlich groß, kräftig gebaut und hatte für seinen grauen Maßanzug und seine gestreifte Seidenkrawatte ungewöhnlich lange Haare.
    »Wie bereits am Telefon erwähnt, habe ich Ihnen nichts zu sagen. Alles, was ich weiß, habe ich bereits der Polizei erzählt. Außerdem habe ich nur sehr wenig Zeit.«
    »Sie haben mit der Polizei gesprochen? Wie merkwürdig …«
    Er machte sich nicht die Mühe, seine Gereiztheit zu verbergen. »Wie meinen Sie das?«
    »Ihre Zeugenaussage fehlt in der Akte.«

    »Das stimmt. Na und?«
    Ich sah ihn so lange fragend an, bis er von sich aus weiterredete. »Als Rosita und Anna ermordet wurden, war ich mit meiner Familie auf Kreta. Ich musste es aus der Zeitung erfahren.« Er schluckte.
    »Noch auf Kreta oder nachdem Sie schon wieder zu Hause waren?«
    »Auf einer Terrasse in so einem griechischen Fischerdorf sah ich einen drei Tage alten Telegraaf rumliegen. Da stand es drin.«
    »Wie schrecklich für Sie.« Ich stellte mir Asscher vor, umringt von Frau und Kindern, während er die furchtbare Nachricht von seiner Geliebten las. »Das muss wirklich furchtbar gewesen sein.«
    Ich sah, dass er sich schwertat. »Soll ich Ihnen ein Glas Wasser holen?«
    Er nickte.
    Als ich mit dem

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