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Blutige Küsse und schwarze Rosen

Blutige Küsse und schwarze Rosen

Titel: Blutige Küsse und schwarze Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irina Meerling
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einem der Gräber und erst jetzt bemerkte Elias, dass sie durch das Friedhofstor gekommen waren. „Wir können aber genauso verbrannt, geköpft und zerstückelt werden. Und wir können ausbluten – allerdings nur, wenn die Wunden gewaltsam offengehalten werden, damit sie nicht zuwachsen. Es gibt also genug Varianten.“
    Ein mulmiges Gefühl breitete sich bei dem Gedanken des qualvollen Verblutens in Elias’ Magengrube aus. Er konnte sich kaum einen langsameren, schlimmeren Tod vorstellen.
    „Du musst nicht nervös sein. Elisabeth und Melchior sind wirklich in Ordnung“, meinte Nico, der seinen beklommenen Gesichtsausdruck falsch gedeutet haben musste. „Sei einfach du selbst.“
    Gemeinsam stiegen sie die Stufen zum Kircheingang empor und Elias dachte über diesen Ratschlag nach, den er nicht befolgen konnte, so sehr er auch wollte. Denn er selbst zu sein war ein Ding der Unmöglichkeit. Er kannte sich nur als Mensch. Wer, was oder wie er nun war, musste er zunächst noch herausfinden.
    Ein lautes Knarren erfüllte die Stille, als Nico die schwere Bogentür vor ihnen aufdrückte. Das Geräusch jagte Elias ein unangenehmes Frösteln über den Körper. Inmitten der stummen Nacht auf einem Friedhof solch einen Lärm zu erzeugen, konnte nicht richtig sein.
    Nico und er befanden sich nun in einer Art Vorzimmer, von dem aus eine weitere, kleinere Tür in den nächsten Raum führte. Hier, in dem Kirchenschiff, herrschte eine unnatürliche Kälte. Die Temperatur war eisig – doch vor allem der Mondschein, der den Boden und die morschen Sitzbänke durch die Buntglasfenster hindurch flutete, erzeugte eine unheimliche Atmosphäre.
    Elias fragte sich, ob sein warmer Atem zu sehen sein würde, wenn er jetzt spräche. Aber er wagte den Versuch nicht. Nicht eine einzige Silbe wollte ihm über seine vor Anspannung zusammengepressten Lippen kommen. Selbst seine und Nicos Schritte waren in dieser durchdringenden Ruhe zu laut.
    Durchdringende Ruhe? Nein.
    Etwas in diesem Saal hatte sich eben gerührt. Leise und unvernehmbar für das Gehör eines Sterblichen – laut genug für Elias. Etwas befand sich zwischen den Bänken.
    „Ich bin’s“, meldete Nico sich plötzlich zu Wort und ließ ihn erschrocken zusammenfahren. „Und das hier ist … Er gehört zu mir. Elias. Ihr könnt euch zeigen. Er ist … Ich vertraue ihm.“
    Das Etwas, das sich zwischen den Sitzbänken versteckt hatte, erhob sich nun nahe dem Altar. Es war eine Frau. Das gewellte, aschblonde Haar fiel ihr über Schultern und Rücken und umrahmte ein blasses, hübsches Gesicht. Ein wutverzerrtes Gesicht.
    „Was zum Teufel …?“
    „Elisabeth, meine Liebste, in Kirchen flucht man nicht“, ertönte eine Stimme hinter Nico und Elias.
    Elias wirbelte herum und erblickte einen weiteren Vampir. Er stand vor der Tür, durch welche sie eben gekommen waren, und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Einige Strähnen seiner schulterlangen, hellbraunen Haare hatten sich aus dem im Nacken zusammengebundenen Knoten gelöst und fielen ihm in die Stirn. Im Gegensatz zu der Frau wirkte er nicht wütend, sondern eher neugierig.
    „Wen hast du uns denn mitgebracht, Nico?“ Obgleich der Vampir sich nicht an ihn gewandt hatte, ließ er Elias nicht aus seinen fast anthrazitfarbenen Augen.
    „Das ist Elias. Ich erwähnte ihn schon ein paar Mal, erinnerst du dich?“
    „Du hattest hingegen nicht erwähnt, dass du ihn mitbringen würdest!“, mischte sich die Frau ein. Sie kam vom vorderen Teil des Schiffes nach hinten und trat an die Seite ihres Mitbewohners. Ihr katzenhafter Gang war majestätisch. „Wie konntest du so dumm sein, verdammt? Einen Menschen hierher zu schleppen! Wenn wir wegen ihm Schwierigkeiten bekommen, dann …“
    „Ich vertraue ihm“, wiederholte Nico seine Worte von vorhin. „Er wird keinem etwas sagen. Und was seine Menschlichkeit betrifft …“ Er zögerte hörbar und Elias überkam ein beunruhigendes Gefühl. Nico war niemand, der schnell einzuschüchtern war. Dass er nun mit sich rang, war kein gutes Zeichen.
    „Nein!“ Elisabeth schüttelte ungläubig den Kopf, wobei das Haar ihr strähnig ins Gesicht fiel. „Nico, sag nicht, dass du ihn …“ Sie brach ab, drehte sich dem anderen Vampir zu. „Melchior, er hat ihn gebissen! Er hat einen Menschen verwandelt!“ Erfolglos versuchte sie, das Beben in ihrer Stimme zu unterdrücken. „Er hat einen Vampir erschaffen!“
    Unwillkürlich trat Elias einen Schritt zurück. Etwas in seinem

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