Blutige Küsse und schwarze Rosen
mit Nico in seiner Küche gestanden und eine Tasse Blut in der Mikrowelle aufgewärmt hatte, war er nicht mehr als ein passiver Beobachter gewesen. Selbst als Nico ihm erklärte, dass das Blut kühl aufbewahrt, des Geschmackes wegen dagegen warm getrunken werden musste, war Elias lediglich von dem Bild der sich drehenden Tasse in der Mikrowelle belustigt gewesen.
„Wird also nichts mit Eiswürfeln und Cocktail-Schirmchen“, hatte er gemeint und leise gelacht.
Es war das erste Mal, dass Nico vor seinen Augen Blut zu sich genommen hatte und Elias hatte erstmals begriffen, dass dies nun auch seine Nahrung war.
Nico seufzte, den Blick in die Ferne gerichtet. „Danke, dass du noch da bist. Obwohl ich dir das alles angetan habe.“ Seine Augen schimmerten feucht und er blinzelte die Tränen weg. „Es tut mir so leid. Alles, was ich noch tun kann, ist, dir zu versprechen – zu schwören –, dass ich an deiner Seite bleibe. Du wirst nicht allein in diesem ewigen Leben verharren müssen. Ich weiß, wie beängstigend diese Vorstellung ist. Nur hab ich nicht eine Sekunde geglaubt, dass es dir genauso gehen würde wie damals mir … Bevor ich Elisabeth und Melchior kennenlernte, brachte mich der bloße Gedanke daran fast um. Und selbst jetzt … Das mit den beiden ist so ’ne Sache. Sie nahmen mich auf und ich sehe sie als Freunde an. Dennoch wird das mit uns früher oder später auseinandergehen, befürchte ich. Sie waren immer nur zu zweit; wer weiß, wie lange sie mich da in ihrer Mitte haben wollen.“
„Bist du froh?“, fragte Elias vorsichtig. „Dass du nun jemanden hast, der bleibt? Der nicht so vergänglich ist, wie alles andere, und mit dem du all das erleben kannst?“ Was brachte einem die ganze Schönheit der Welt, wenn da niemand war, mit dem man sie teilen konnte?
„Ich fühle mich furchtbar deswegen, aber … ja. Trotz der Schuldgefühle tut es gut. Nach meiner Verwandlung hab ich so oft überlegt, was ich mit dem Rest meines Lebens anfangen soll – wo ich doch sogar schon als Sterblicher niemanden hatte, der zu mir steht. Plötzlich lernte ich dich kennen und, keine Ahnung, du warst so … wie du nun mal eben bist. Dein ganzes Gerede und deine Begeisterung für Vampire … Wenn ich heute darüber nachdenke, wird mir klar, dass ich all das überbewertet habe. Unbewusst. Ich hab deine Äußerungen überinterpretiert, weil ich so sehr jemanden finden wollte, der diese Art von Leben mit mir teilt. Das war unfassbar leichtsinnig und dämlich und ich …“ Endlich sah Nico ihn an. „Ich bin so erleichtert, dass du mich nicht einfach zur Hölle geschickt hast.“
Ein weiteres tiefes Seufzen verriet Elias, dass sein Kumpel sich gerade einen zentnerschweren Brocken vom Herzen geredet hatte.
„Du müsstest eigentlich wissen, dass ich das niemals tun würde“, meinte Elias vorwurfsvoll. „Du solltest mich inzwischen wirklich gut genug kennen.“
„Tja, ich dachte bislang auch, dass ich dich gut genug kenne!“, konterte Nico und sah ihn seinerseits anklagend an, die gepiercte Augenbraue in die Höhe gezogen. „Und wo wir gerade dabei sind: Gibt es da nicht etwas, das du mir längst hättest erzählen sollen?“
Bestürzt sah Elias auf die Dachziegel hinab, auf denen sie saßen. Er wusste genau, wovon sein Freund sprach.
„Wieso hast du mir nie gesagt, dass du schwul bist? Hast du ernsthaft geglaubt, ich könnte nicht akzeptieren, dass du auf Männer stehst?“ Nico schüttelte verständnislos den Kopf. „Wie lange weißt du es?“
Elias lachte freudlos auf. „Wie lange kennen wir uns denn?“
Nico nickte, begriff offensichtlich und ging nicht weiter auf die Tatsache ein, dass Elias so lange schon etwas für ihn empfand. Stattdessen begann er zu lächeln. Es war ein ungezwungenes, natürliches Lächeln. „Und was dachtest du, wie ich reagieren würde, du Idiot?“, wollte er wissen, gab Elias gespielt einen Klaps auf den Hinterkopf und grinste ihn an.
Zum Lachen war Elias aber nicht zumute. Das Herz hinter seinen Rippen schlug vielleicht nicht mehr im gewohnten Takt, doch es schaffte es trotzdem zu stolpern und ihm Unbehagen durch den ganzen Körper zu pumpen. Er konnte nichts entgegnen, fand seine Stimme nicht.
Es war Nico, der wieder zu reden begann. Er wählte seine Worte mit Bedacht, möglicherweise sogar zögernd, als er etwas aus seiner Hosentasche zog und sagte: „Ich habe hier … deinen Wunsch … Er ist noch immer unerfüllt.“
Schockiert keuchte Elias auf. Er konnte seinen
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