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Blutige Küsse und schwarze Rosen

Blutige Küsse und schwarze Rosen

Titel: Blutige Küsse und schwarze Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irina Meerling
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sein.“
    Nico lachte auf, woraufhin irgendwelche Nager in ihre unterirdischen Bauten huschten und dort aufgeregt umhertrappelten. „Wir können uns mit nichts anstecken, werden nie krank. Unser Immunsystem ist zu stark für Eindringlinge.“ Er schielte neckisch zu Elias herüber. „Oder könntest du dir einen verschnupften Vampir vorstellen?“
    Bei dieser Vorstellung musste Elias ebenfalls schmunzeln – bis das alte Haus, in dem sich seine Wohnung befand, in Sicht kam und seine kurze Unbeschwertheit zunichtemachte. Der Gedanke daran, gleich völlig alleine zu sein, legte sich wie ein grauer Schleier um sein Herz. Mit Nico an seiner Seite fühlte er sich stärker, nicht so furchtbar einsam auf der Welt. Und nun würde er eine Nacht voller Ängste und Zweifel überstehen müssen.
    Unwillkürlich verlangsamte Elias die Schritte, als sie die gepflasterten Straßen der Wohnsiedlung erreichten, wo sich Nicos Heimweg von dem seinen trennen würde. Er wollte seine kommende Einsamkeit in die Ferne rücken, selbst wenn es sich dabei nur um Sekunden handelte.
    „Macht es dir etwas aus, wenn ich ein wenig davon nehme, wenn wir bei dir sind?“, fragte Nico, den Blick auf die Flasche in Elias’ Hand gerichtet. „Ich verhungere nämlich.“
    „Bei mir?“, wiederholte Elias. Die Erleichterung ließ ihn beinahe vom Boden abheben. Nico würde bei ihm bleiben. Er würde ihn nicht alleine lassen. „Natürlich nicht, nein.“
     
    ***
     
    In der Nacht tat Elias kein Auge zu. Unzählige Eindrücke strömten auf ihn ein, und so sehr er es auch versuchte, ignorieren konnte er keinen von ihnen. Weder das Rauschen und Knurren und Rattern der Heizungsleitungen, noch das Ticken sämtlicher Uhren der Wohnung oder die knarrenden Sprungfedern, wann immer Nico sich im Wohnzimmer nebenan herumdrehte.
    Stunden schienen vergangen, als er seine Schlafversuche schließlich aufgab, ans Fenster trat und es weit öffnete. Die frische Luft streifte angenehm durch sein Haar, fuhr durch den leichten Stoff seines Nachtshirts und bereitete Elias eine Gänsehaut am ganzen Körper. Er sah auf den Garagenanbau hinunter, der sich keinen halben Meter unterhalb seines Fensters befand, und hievte sich auf die Fensterbank. Mit einer Drehung schwang Elias die Beine nach draußen, kletterte hinaus und setzte sich auf das kleine Dach.
    Der Mond hatte bereits zum Untergang angesetzt. Er war noch immer fast kreisrund.
    Bald würde es zum Morgen dämmern. Noch aber spannte sich der klare, nachtblaue Himmel über Elias und ließ seine Sterne wie lupenreine Diamanten auf die Erde hinunter scheinen und funkeln.
    Die meisten Menschen schauten viel zu selten da hoch, überlegte Elias. Sie verpassten so viel von ihrer eigenen Welt, kannten diese überhaupt nicht. Selbst wenn sie hinsehen wollten; ihre kläglichen Sinne nahmen nur einen Bruchteil dessen wahr, was Elias nun imstande war, zu erleben. Er sah die blinkenden, tanzenden Glühwürmchen um Sträucher schwirren und hörte die nächtlichen Tiere auf ihrer Futtersuche im Gras und Gebüsch rascheln. Er spürte die laue Brise seine Fingerspitzen umstreicheln, roch die Frische der Luft, die von der großen Wiese herwehte.
    Es war, als hätte ihm Nico ein vergilbtes Tuch vom Körper gezogen, das Elias daran gehindert hatte, die Welt um sich herum zu erkennen. Und dies – so fand Elias zum ersten Mal seit seiner Verwandlung – war ein Geschenk. Nico hatte ihn reich beschenkt, hatte seine Welt mit ihm geteilt, hatte ihn überhaupt erst sehen, hören, fühlen, riechen und schmecken gelehrt.
    Und Elias würde das Geschenk zu schätzen wissen. Das hätte er längst tun müssen, anstatt in seinem Kummer zu versinken. Er war nun ein Vampir. Sein Leben hatte sich von Grund auf geändert. Wer aber sagte, dass dies etwas Schlechtes sein musste?
    „Ich konnte in der ersten Zeit auch kaum schlafen, nachdem die Infektion begonnen hatte, Wirkung zu zeigen.“
    Elias schaute über seine Schulter zurück und sah Nico im Fenster stehen.
    „Vielleicht hättest du doch etwas essen sollen?“ Er stieg ebenfalls nach draußen und nahm neben ihm Platz. Anders als er, war Nico vollständig bekleidet.
    Elias schüttelte den Kopf. Er wollte nicht essen. Denn obgleich ihm der Duft des Blutes das Wasser im Mund hatte zusammenlaufen lassen, als Nico es nach ihrer Ankunft getrunken hatte, und obgleich Elias bereits Blut gekostet hatte, so fiel es ihm trotzdem nach wie vor schwer, diese Art von Nahrung für sich zu akzeptieren. Als er vorhin

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