Blutige Küsse und schwarze Rosen
mit ihm zu spielen.“
„Dann hatte ich diese Ekstase also dir zu verdanken?“ Sânge schmunzelte und wandte sich erklärend Elias zu: „Wie du sicher mitbekommen hast, lösen die Regungen der Menschen, von denen ich mich stärke, ebenso in mir gewisse Gefühle aus. Und meine kleine Naferia hier ist dafür bekannt, die sterblichen Herren um den Finger zu wickeln. Sie ist die jüngste unseres Zirkels und genießt die Anziehungskraft, die sie auf Menschen ausübt, in vollen Zügen. Dabei vergisst sie allerdings des Öfteren unsere Regeln.“ Er richtete das Wort von vorn an seine Untergebene: „Zum Beispiel, dass ich während des Festes nicht gestört zu werden wünsche.“
Naferia blieb von dem Nachdruck in der Stimme unbeeindruckt. „Darf ich ihn nun mitnehmen oder nicht?“
Ein resignierender Seufzer entfloh Sânge. „Also fein. Nimm ihn nur nicht zu hart ran … Ach, und Kleines? Sei so gut und geleite meine Gäste in ihren Schlafraum. Bald wird die Sonne aufgehen und wir wollen schließlich nicht, dass aus einem von ihnen ein Aschehaufen wird.“
Noch ehe Elias etwas entgegnen konnte, kehrte Sânge ihnen den Rücken und entledigte sich seines um die Hüften gebundenen Handtuches. Er warf es beiseite und entblößte den Rest seines durch und durch perfekten Körpers.
„Ich sehe schon, dass es heute nichts mehr mit meiner ungestörten Energieaufnahme wird“, meinte er und suchte sich seelenruhig seine Kleidungsstücke zusammen, die auf einem der Diwane abgelegt waren.
Elias und Nico zögerten, außerstande zu widersprechen. Wenn sie jetzt zum Wagen zurückkehrten, war völlig ungewiss, ob sie ein zweites Mal den Vampirzirkel würden betreten dürfen. Doch ihre Aufgabe hier war noch lange nicht getan, also folgten sie Naferia durch den langen Korridor zurück in die große Eingangshalle und von dort aus in einen der weiteren Gänge. Dieser besaß, anders als der vorherige, mehrere Türen. Sie waren alle verschlossen und ließen die Schönheit der dahinter gelegenen Zimmer nur erahnen.
Niemand sprach und so war lediglich der zum Spielzeug ernannte junge Mann zu hören, dessen dümmlich klingendes Staunen über die unterirdische Wohnung nicht abbrechen wollte. Elias wunderte sich darüber, dass die Vampire ohne Weiteres einen Menschen in ihre versteckt gehaltene Behausung ließen, entschied sich aber gegen jede unnötige Frage. Anders als Nico.
„Was geschieht mit dem Kerl, wenn du mit ihm fertig bist?“, wollte er von Naferia wissen. „Lässt du ihn einfach so gehen?“
„Wohl kaum“, erwiderte sie in einem gut gelaunten Singsang. „Sobald er wieder nüchtern ist, würde ja die halbe Menschheit von unserer Existenz erfahren. Natürlich darf ihm auch nichts zustoßen. Das würde viel zu viel Aufmerksamkeit auf unsere Feste und unser Versteck ziehen. Ich werde ihn zu Sânge bringen, der dann alles erledigt. Und am kommenden Tag wird mein Süßer hier mit einem schrecklichen Kater am See erwachen und keinerlei Erinnerungen mehr an seinen Spaß mit mir haben – was eigentlich eine Schande ist, wenn ihr mir dieses Selbstlob gestattet.“
„Sânge kann also Erinnerungen manipulieren?“, hakte Nico nach und allmählich begriff Elias, was er vorhatte.
„Sânge ist noch zu weitaus mehr imstande“, meinte Naferia voller Ehrfurcht. „Mehr als die Meisten zu wissen glauben. Anderer Leute Verstand zu vernebeln ist für ihn in etwa so anstrengend wie ein Fingerschnippen.“ Sie warf Nico einen kurzen Seitenblick zu. „Übrigens solltest du auf deinen Freund nicht so wütend sein. Wenn Sânge will, dass sich jemand zu ihm hingezogen fühlt, kann sich keiner dagegen wehren. Und Sânge will ihn – um das zu begreifen, braucht man keine besonderen Fähigkeiten.“
Hellhörig sah Elias auf. Er hatte zwar bemerkt, dass Nico sich seltsam verhielt – jeden Augenkontakt zu ihm mied –, doch hatte er dies auf die Umstände ihres Besuches hier zurückgeführt. Daran, dass er womöglich eifersüchtig war, hatte Elias keinen einzigen Gedanken verschwendet.
Eine Reaktion seitens Nico wurde zu seinem Bedauern aber überflüssig, als Naferia vor einer der vielen Türen stehen blieb und sagte: „Dieses Zimmer ist groß genug für euch beide. Fühlt euch wie zu Hause. Und sollte euch Hübschen langweilig werden …“ Ein breites Lächeln zeichnete sich auf ihren Lippen ab. „Ihr findet mich und meinen Spielgefährten drei Zimmer weiter.“
Mit einem bedeutungsvollen Zwinkern wandte sich Naferia ab und führte
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