Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutige Küsse und schwarze Rosen

Blutige Küsse und schwarze Rosen

Titel: Blutige Küsse und schwarze Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irina Meerling
Vom Netzwerk:
Nico an. Der schien genauso überrascht wie Elias, dass ihre zierlichen Hände solch eine Kraft besaßen. „Das hier bleibt gewiss nicht lange ungehört!“
    Als Nico ohne weiteres Zögern an Naferias Seite trat und ebenfalls damit anfing, das Gestein mit bloßen Händen zu zertrümmern, kniete sich Elias beschämt nieder. Mit anzuschauen, wie die beiden – denen er gleichermaßen sein Leben zu verdanken hatte – sich die Haut bis zum Blut aufschürften, ohne ihnen irgendwie beistehen zu können, ließ ihn weitaus mehr leiden als es verwundete, mit Steinsplittern gespickte Fingerkuppen und Handflächen je hätten tun können. Elias sah die rubinroten Tropfen den Schutt zu Nicos und Naferias Füßen tränken und wünschte, es würde sein eigenes Blut sein. Die zwei hatten doch schon genug Schmerz ertragen müssen …
    Es geschah, als ein großes Stück des gemeißelten Steins sich krachend von der Wand löste und das Geröll unter sich wie eine Lawine über den Zimmerboden rutschen ließ: Von einer Sekunde auf die andere verstummte das Scheppern und Klappern der Fesseln, als die angebundenen Körper sich steif aufrichteten und mit weit aufgerissenen Mündern und Augen in die vollkommene Leere starrten. Ihr röchelnder Atem schwoll ein letztes Mal zu einem einheitlichen Rasseln an, ehe ihre Leiber wie Marionetten ineinander zusammensackten, denen der Puppenspieler die Fäden durchtrennt hatte.
    Dann herrschte absolute Stille.
    Die Ketten waren verstummt und lagen – stählernen Spinnennetzen gleich – über den leblosen Gefangenen, die wie friedlich schlafende Menschen aussahen.
    Endlich hatten sie ihre lang ersehnte Ruhe gefunden.

Kapitel 23
    D ARIA
     
    „Ohne das ganze Zeug hätten wir ja noch eine kleine Chance, unbemerkt zu gehen“, zischte Nico und zog die Arme fester um den Stapel Bücher, den er mit sich trug. Sein Unbehagen war ihm anzusehen. Elias konnte es ihm nicht verübeln. Jede Sekunde wurde die Gefahr größer, dass ihnen ein Mitglied des Zirkels entgegenkam. „Aber so? Das ist mehr als auffällig!“
    Elias spähte über die Schriften in seinen eigenen Händen hinweg den Gang hinunter, den sie entlang eilten. Er lag unendlich weit vor ihnen und wollte einfach nicht enden. Die kreisrunde Eingangshalle schien sich sogar mit jedem Schritt weiter zu entfernen und jede Tür, an der er, Nico und Naferia vorbeiliefen, trieb ihm einen neuen Schweißausbruch über die Haut. Sein Blick huschte von einer der Türen zur nächsten – fast als würde er sich in einem Dschungel von Ast zu Ast schwingen – und er hoffte inständig, sie würde nicht plötzlich von einem Vampir des Zirkels geöffnet werden, der in den Korridor trat.
    „Vielleicht steht in diesen Aufzeichnungen etwas über den Fluch des Macjuahn geschrieben, das uns helfen kann“, erklärte er Nico nicht zum ersten Mal, seit sie zusammen mit Naferia die etwa fünfzehn Bücher in Sânges Schlafgemach eingesammelt und sich auf den Weg nach draußen gemacht hatten.
    Und nicht zum ersten Mal erhielt Elias dafür dieselbe Antwort.
    „Sobald die uns erst erwischt haben, bringen uns diese Aufzeichnungen – von denen wir nicht einmal sicher sind, dass sie überhaupt existieren – gar nichts mehr“, meinte Nico. „Warum hätte Sânge mit einem Fluch leben sollen, den er brechen könnte? Das Risiko, das wir hier gerade eingehen, ist die Sache einfach nicht wert. Zumindest du hättest mit leeren Händen vorausgehen können. Dann wärst du außer Gefahr, jedenfalls fast.“
    Er sah Elias von der Seite her an und die grünen Augen verrieten, welchen Schmerz es Nico bereitete, ihn in Gefahr zu wissen. Doch umgekehrt war es nicht anders. Elias hätte Nico niemals zurückgelassen – Naferia genauso wenig. Und selbst wenn momentan alles dagegen sprach: Solange auch nur der Hauch einer Chance bestand, seinen Freund retten zu können, würde Elias notfalls sein Leben dafür riskieren.
    „Nun wird es ernst“, wisperte Naferia plötzlich so leise, dass nur die zwei sie hören konnten.
    Schwermütig riss Elias sich von Nicos Augen los und wandte sich wieder in Richtung der Halle. Da sah er sie: Eine ganze Traube von Vampiren hatte sich in dem zentralen Raum versammelt. Ihr immer lauter werdendes Stimmengewirr zeugte von Unruhe.
    Sie hatten längst etwas bemerkt.
    Wie viele der Zirkelmitglieder vor ihnen standen, konnte Elias selbst bei der Ankunft in die Halle nicht einschätzen. Bloß, dass es zu viele waren. Aus der Gruppe heraus und zu ihnen

Weitere Kostenlose Bücher