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Blutige Küsse und schwarze Rosen

Blutige Küsse und schwarze Rosen

Titel: Blutige Küsse und schwarze Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irina Meerling
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ohne dabei vorwurfsvoll zu klingen, und ging ihnen ebenfalls zur Hand. „Die brauchen wir alle. Es ist einfach zu viel geschehen.“
    „Er hat recht“, stimmte Naferia ihm zu. „Lasst uns am Straßenrand Rast machen. Zumindest für kurze Zeit.“
    Zögernd schaute Elias aus dem Fenster in die Dunkelheit hinaus, die ihn und seine Beifahrer von allen Seiten umschloss. Er hatte schnellstmöglich nach Hause gewollt. Weg aus Cornrowl, weg von dem Vampirzirkel und den dort durchlebten Martyrien. Allerdings konnte er sich nichts vormachen: In seinem jetzigen Zustand würde er keine weiteren Kilometer hinter sich bringen, ohne erneut Unfälle zu provozieren. Dasselbe galt für Nico. Lediglich Naferia schien wieder vollkommen bei Kräften zu sein. Die gesamte Fahrt über war sie hellwach gewesen und hatte mit beinahe kindlich runden Augen in Sânges Büchern gelesen. Aber sie hatte nie zuvor hinter dem Steuer eines Wagens gesessen.
    Resignierend navigierte Elias den Kastenwagen an den Rand der schmalen Straße und würgte den kurzgeschlossenen Motor ab.
    Dann herrschte Stille in der kleinen Fahrerkabine. Jedoch nur äußerlich betrachtet. Denn in seinem Inneren glaubte Elias das Surren seiner Nervenbahnen zu hören. Sie standen regelrecht unter Strom und schienen unter dieser Anspannung zu vibrieren, während ihm erneut die letzten Bilder aus der Eingangshalle in den Kopf stiegen. Wenn Naferia nicht gewesen wäre …
    „Du bist nun also im Besitz von Sânges Kräften?“, fragte Nico und betrachtete die Schrift der Nalmiha, die die Vampirin auf ihren Knien liegen hatte. Sie streichelte den beschädigten Einband wie einen alten, zerbrechlichen Schatz.
    „Die meisten Kräfte müssen sich mir noch erschließen“, erklärte Naferia leicht geistesabwesend. „Ich lese von ihnen und verstehe sie. Nur weiß ich sie bei Weitem nicht alle zu beherrschen. Sânges Wissen und seine Erinnerungen hingegen sind nun die meinen, ja. Wie bei dieser Sprache: Ich kann sie einfach lesen und verstehen, ohne erst darüber nachdenken zu müssen … Und immerhin habe ich mich schon so weit im Griff, dass ich eure Energie nicht mehr abzapfe.“ Sie versuchte zu lächeln, aber ihre Stimme verriet die Traurigkeit in ihr. Schwermütig seufzend strich sie sich eine Strähne ihres kastanienbraunen Haares hinter das Ohr.
    „Das soll der Preis dafür sein, dass ich jemandem das Leben nahm … Wie bei wilden Tieren, die für den ranghöchsten Platz im Rudel töten.“ Eine Träne bahnte sich den Weg über Naferias Wange hinab. „Was für eine Gerechtigkeit ist das, in der ein Mörder für seine Taten belohnt wird?“
    Elias wechselte mit Nico einen kurzen Blick und wusste, dass sie beide dasselbe dachten. Seit Naferia nicht mehr unter Sânges Einfluss stand, kehrte ihr wahres Ich langsam zurück. Das Ich, das stets nach den Werten der Kirche gelebt hatte. Und nun fragte sich dieses Ich, ob es letzten Endes doch so war, dass Vampire böse Geschöpfe waren. So hatte es Naferia zu Beginn ihrer Verwandlung empfunden. Sollte sie jetzt zu diesem Glauben zurückkehren, würde ihr gesamtes restliches – ewiges – Leben aus Selbsthass bestehen.
    „Du hast nicht nur uns vor dem sicheren Tod bewahrt, sondern ebenfalls geholfen, die gefangenen Seelen zu befreien“, äußerte Elias seine und vermutlich auch Nicos Gedanken. „Und dank dir haben die Vampire des Zirkels ihren freien Willen wieder. Sie standen genauso unter Sânges Bannen wie du – und ich. Du hast vielleicht ein Leben geopfert, ja.“ Er achtete sehr darauf, nicht von Tod oder Mord zu reden. „Aber nur, um so viele andere zu retten.“
    Lange sagte Naferia nichts, schaute bloß zu dem Buch auf ihren Schenkeln nieder. Sie wirkte fast abwesend und Elias deutete dies als ein gutes Zeichen. Denn zumindest widersprach sie nicht.
    Dann, und ohne auf das Gesagte einzugehen, fragte Naferia: „Macht es euch etwas aus, wenn ich ein wenig im Wald spazieren gehe? Seit Jahren habe ich nicht mehr als die Bäume um den See herum gesehen.“
    Es fehlte nicht viel und Elias hätte die junge Frau vor den lauernden Gefahren eines abgelegenen Waldes gewarnt. Noch rechtzeitig wurde ihm klar, dass selbst ein Vampir, der nicht im Besitz von Naferias Fähigkeiten war, in diesem und jedem anderen nächtlichen Wald so sicher war, wie ein von Goldfischen umzingelter Hai.
    „Etwas verstehe ich nach wie vor nicht“, meinte Elias, nachdem Naferia aus dem Wagen gestiegen und zwischen den dicht wachsenden Bäumen

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