Blutige Nacht
bist ein richtiges Arschloch, weißt du das?«
Das weiß ich, sage ich aber nicht. »Okay, dann überzeug mich davon. Woher der plötzliche gute Wille und die Nächstenliebe?«
»Weil ich weiß, wie es ist, auf der Straße zu leben. Ich war da. Und da ist es verdammt noch mal nicht lustig.«
»Nein, ich habe nicht angenommen, dass es das sein würde«, sage ich. »Wie hast du sie getroffen?«
Diese Frage trifft sie unvorbereitet. »Häh?«
»Wie habt ihr euch getroffen, Raya und du?«
»In einem Club.«
»In welchem Club?«
»Im Tomb Room. «
»Stehst du etwa auf Gothic?«
»Manchmal.« Sie zuckt mit den Schultern. »Ich stehe auf viele Sachen.«
»Und ich glaube, viele stehen darauf, in dir drin zu sein.«
»Fick dich.«
»Wenn du nur versucht hast, ihr zu helfen, warum hast du dann zuerst verneint, sie zu kennen, als ich dich nach ihr gefragt habe?«
»Warum sollte ich dir helfen? Ich kenn dich nicht.«
»Und die Tatsache, dass ich auf der Suche nach einer vermisst gemeldeten Vierzehnjährigen bin, verschafft mir kein Plus?«
»Nicht bei mir.«
»Das Mädchen hat eine Familie. Sie vermissen sie.«
»Tja, aber vielleicht vermisst sie sie nicht. Schon mal daran gedacht? Wenn man vor etwas wegläuft, gibt es in der Regel einen verdammt guten Grund, warum man das tut.«
»Tatsächlich? Warum ist sie dann vor dir weggelaufen?«
Der durch und durch eisige Blick, den sie mir zuwirft, ist genauso liebenswürdig wie mordlustig. »Fick dich«, wiederholt sie für den Fall, dass ich es in den Fällen davor nicht gehört haben sollte. »Und verschwinde!«
Ich seufze. Mir fällt nichts ein, was ich durch längeres Bleiben erreichen könnte. Was auch immer sie vor mir verheimlicht, es ist der Schlüssel zu all dem hier, das weiß ich, aber das werde ich heute Abend nicht aus ihr herausbekommen. Nicht so. Meine Möglichkeiten sind begrenzt. Ich bin nicht hereingebeten worden, also kann ich meine Fähigkeiten nicht einsetzen, und da sie eine Frau ist, kann ich nicht so rabiat werden wie bei einem Mann. Na ja, ich könnte schon, aber das mache ich bei Frauen nicht; nicht einmal bei solchen wie Callie-Dean, denen ich damit vielleicht sogar einen Gefallen tun würde. Das ist gegen meine Regeln. In Momenten wie diesem wünsche ich, dem wäre nicht so.
»Ich schlage dir was vor: Ich gehe jetzt, aber das hier nehme ich mit.« Ich tausche das Bild auf dem Bett gegen eine meiner Visitenkarten. »Ich gebe dir bis morgen Abend Zeit, um mich anzurufen und mir zu sagen, was du weißt, oder ich gehe zu den Bullen, dann kannst du mit denen reden.«
Ihre Augen schießen hölzerne Pflöcke auf mich ab, als ich die Pistole auf das Fotoalbum lege und mich zum Gehen wende.
»Du bist ein richtiges Arschloch, weißt du das?«
Das weiß ich, sage ich aber nicht.
Kapitel 11
A us der Los Angeles Times, Sonntag, 12. Dezember 1943:
HOLLYWOOD - PRODUZENT TOT AUFGEFUNDEN
TÄTER VOR GERICHT
Weniger als 24 Stunden nachdem der Filmproduzent Roy Mcardle in seinem Haus in den Hollywood Hills zusammengeschlagen und ermordet aufgefunden wurde, hat die Polizei zwei Verdächtige in Gewahrsam genommen. Den Hinweis auf die möglichen Verdächtigen erhielt die Polizei, nachdem ein Nachbar, alarmiert von Schüssen, sah, wie ein Mann und eine Frau Mcardles Haus spät Samstagnacht verließen. Davon ausgehend, dass es nicht mit rechten Dingen zuging, lieferte der Nachbar, der nicht genannt werden möchte, der Polizei eine Beschreibung des Autos des mysteriösen Pärchens, ebenso wie ein unvollständiges Kennzeichen.
Laut der zuständigen Behörde ist das Auto auf einen gewissen Michael Angel, einen zum Junkie gewordenen Ex-Jazzmusiker, zugelassen. Als die Polizei in der Wohnung ankam, die Angel mit seiner Frau, Coraline Desmond Angel, in Venice Beach teilt, fanden sie die Mordwaffe, Drogen und dreißigtausend Dollar in bar, die Mcardle gehörten, vor.
Mcardle, ein langjähriger Hollywood-Insider, dem eine ganze Reihe von Western- und Gangsterfilmen zuzuschreiben sind, war dafür bekannt, Banken zu misstrauen und sein Geld in einem Tresor zu Hause aufzubewahren. Von offizieller Seite wird vermutet, es handle sich um Raubüberfall und Mord.
Das Paar wird früh am Montagvormittag im Zentrum vor Gericht erscheinen.
Das L.A.P.D. brauchte nicht lange, um uns nach der Schießerei ausfindig zu machen. Fünf uniformierte Beamte traten die Tür in Venice Beach ein und weckten uns kurz vor fünf Uhr am nächsten Morgen. Das tatsächliche Verbrechen
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