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Blutige Nacht

Blutige Nacht

Titel: Blutige Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trevor O. Munson
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war, dass wir nicht einmal dazu kamen, auch nur einen einzigen Cent von diesem ganzen Geld auszugeben.
    Die Befragung war genau wie im Film, nur ohne das geistreiche Geplänkel und den gerissenen Text. Reale Bullen sind niemals so geistreich oder gerissen. Trotzdem hatten sie einen ansehnlichen Fall beieinander. Sie hatten eine Leiche, in der eine 38er-Kugel steckte. Sie hatten einen 38er mit kurzem Lauf, der auf mich registriert war und den sie für die Mordwaffe hielten. Sie hatten einen Augenzeugen, der ein ebenfalls auf mich zugelassenes Auto dabei beobachtet hatte, wie es den Tatort verließ. Sie hatten die Tasche voll Geld, das dem Opfer gehörte, die zusammen mit dem Revolver unter meinem Bett versteckt war. So, wie sie es darstellten, wurde ihnen mein Arsch auf einem Silbertablett präsentiert. Das Einzige, was ihnen fehlte, war die richtige Person, die das Verbrechen zu verantworten hatte, doch ich sah keinen Grund, warum ich darüber mit ihnen hätte diskutieren sollen.
    Mein Hauptanliegen zu diesem Zeitpunkt galt Coraline. Ein Typ wie ich, dachte ich mir, war wie für das Gefängnis geschaffen – es war verdammt noch mal ein Wunder, dass ich ihm so lange entgangen war –, aber ein Mädchen wie Coraline würde es da drin nicht auf die Reihe bekommen. Sie war so lebenslustig, dass sie dort schnell verwelken und wie eine gepresste Blume zwischen diesen grauen Mauern sterben würde. Das konnte ich nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, denn letzten Endes machte ich mich für all das verantwortlich. Hätte ich sie so geliebt, wie sie es verdiente, geliebt zu werden, wäre nichts davon passiert. Wenn ich ihr nicht erlaubt hätte, den Stoff auszuprobieren. Oder wenn ich sie davon abgehalten hätte, ihren Körper zu verkaufen. Oder wenn ich Roy allein einen Besuch abgestattet hätte. Bei jedem Schritt hätte ich die Dinge ändern können und habe es nicht getan. Ich hatte sie fallenlassen. Ich fand, dass ich ihr etwas schuldig war. Also nahm ich die Schuld auf mich.
    Ich erzählte den Detectives, wie ich Coraline gezwungen hatte, mich zum Haus zu begleiten, wie ich sie zusammengeschlagen hatte, weil sie versuchte, sich zu widersetzen. Ich erzählte ihnen, wie ich ihre Bekanntschaft mit Roy ausnutzte, um ins Hausinnere zu gelangen. Und davon, wie ich ihn umbrachte, nachdem ich seines Geldes habhaft geworden war, damit er nichts weitererzählen konnte. Sie kauften mir alles ab, verschlangen es richtiggehend. Warum auch nicht? Ladys mit einem Gesicht wie Coraline waren zu so etwas nur in Filmen fähig. In der realen Welt wurden diese Dinge von einem Rowdy mit einer Fresse wie meiner ausgeführt.
    Mein Prozess fing im April 1944 an und dauerte nur zwei Wochen. Angesichts meines Geständnisses und des Beweismaterials, das der Staatsanwalt gegen mich gesammelt hatte, kam es mir richtig vor.
    Im Gegenzug für eine Strafminderung und sechs Monate in einer Strafvollzugsanstalt für Frauen war Coraline als Kronzeugin der Anklage geladen, um gegen mich auszusagen. Trotz der Umstände freute ich mich, sie zu sehen. Ich brachte diese Tage damit zu, mir jedes Detail von ihr ins Gedächtnis zu rufen. Die Art und Weise, wie sie die schwarzen Haare nach hinten zusammengebunden trug, wie es mir besonders gefiel. Das Grübchen auf ihrer Wange, das nur zu sehen war, wenn sie lächelte. Die dunkle Sommersprosse ganz unten an ihrem Hals. Wenn ich schon weggesperrt wurde – und es sah ganz unzweifelhaft danach aus –, wollte ich mein Bestes geben, um sie, in welcher Form auch immer, mit mir zu nehmen.
    »Ich wollte nicht dorthin, aber er … er hat mich gezwungen. Er hat mich geschlagen, als ich nein gesagt habe. Ich … ich hatte Angst. Also bin ich mitgegangen. Ich bin mitgegangen und habe gesehen, wie er den armen Roy erschossen hat.«
    Sie war beeindruckend im Zeugenstand. Sie weinte aufs Stichwort und teilte den sympathisierenden Geschworenen mit, was für ein Monster ich wäre, wie verängstigt sie sich gefühlt und wie unfassbar zugerichtet sie nach der schrecklichen Abreibung ausgesehen hätte, wie leid es ihr täte, in all das verwickelt gewesen zu sein. Am Ende ihrer Aussage war selbst ich davon überzeugt, es getan zu haben.
    Die Abstimmung war einstimmig. Schuldig. Das war keine Überraschung. Eigentlich war die einzige Überraschung des gesamten Prozesses diejenige, dass die Geschworenen für die Urteilsfindung nur 28 Minuten brauchten, um sich auf das Todesurteil für mich zu einigen. Das war damals ein

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