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Blutige Seilfahrt im Warndt

Blutige Seilfahrt im Warndt

Titel: Blutige Seilfahrt im Warndt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
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Mühe zu machen, händeringend nach Rechtfertigungen für seine Rolle in diesem Spiel zu suchen. Dieser Mann hatte schon lange durchgeblickt.
    Krampfhaft hielt er sich an den Streben der Schachtleiter fest. Er war stark. Er würde es ihm nicht leicht machen.
    Doch kaum hatte er den Gedanken zu Ende gedacht, kam eine Stärke auf ihn zu, die ihn total überraschte. Er versuchte, sich an der Halterung festzuhalten, doch seine Hände schafften es nicht.
    Der starke Sog zog ihn in den Schlund des Schachtes hinein. Seine Füße verloren den Halt auf der Eisensprosse. Seine Hände öffneten sich wie von allein und ein Gefühl des Schwebens setzte ein. Er sah nichts, hörte nichts – er spürte nur, wie sein Herz raste, der Adrenalinspiegel in Sekundenschnelle in die Höhe schoss und einen unbändigen Druck in seinem Kopf auslöste. Er konnte sich nicht bewegen, nicht atmen, nicht schreien. Schwerelosigkeit überkam ihn, bis er in der rettenden Bewusstlosigkeit versank.

    Schnur sprang von seinem Stuhl auf, schnappte sich seine Jacke und rief: »Anke, Erik, Norbert, auf geht’s – nach Velsen! Andrea, du bleibst hier und sprichst mit Tim Fechter.«
    Stöhnend fragte Andrea: »Was verpasse ich? Was ist passiert?«
    »Etwas nicht sehr Schönes«, meinte Schnur. »Glaub mir. Es gibt einen Toten in Velsen.«
    »Hat es Grewe erwischt?«
    »Das weiß niemand!«
    Mit dieser Ungewissheit ließ er die Mitarbeiterin im Büro zurück und eilte auf den Fahrstuhl zu. An der geschlossenen Tür holten ihn Anke, Erik und Norbert ein. Schnur wirkte fahrig und nervös. Erste Bartstoppeln bildeten sich bereits auf seinem Kinn. Doch er schien es nicht zu bemerken.
    »Aber es gibt einen Toten?«, hakte Erik nach.
    »Ja! Und zwar auf dem Dach des Personenförderkorbs«, erklärte Schnur.
    »Wie kam er dorthin?«
    »Vermutlich abgestürzt.«
    »Wie kann man auf das Dach des Korbs fallen?«
    »Keine Ahnung – Unfall vielleicht«, antwortete Schnur frustriert. »Ist aus Versehen in einen Schacht gegangen, in dem gerade kein Korb stand.«
    »Das glaubst du doch selbst nicht«, schimpfte Kullmann. »Lass dir doch nicht jedes Wort aus der Nase ziehen. Wer hat gerade bei dir angerufen und was hat er gesagt?«
    Die Fahrstuhltür öffnete sich, sie stiegen ein. Während die Kabine in die Tiefe fuhr, schauten alle unwillkürlich nach oben auf das Dach.
    »Hast du vergessen, dass die Schachttüren mit automatischen Kontrollen versehen sind? Wer die ohne Anmeldung öffnet, löst einen Alarm aus.«
    »Nein, habe ich nicht«, meinte Schnur. »Und um auf deine Frage zurückzukommen: Der Anrufer war ein Kollege der Polizeiwache Gersweiler-Klarenthal. Sie sind als erste angerufen worden, und der Fall ist ihm eine Nummer zu groß. Deshalb hat er mir Bescheid gegeben. Von der Bergpolizei wusste er nichts.«
    »Was hat er gesagt?«, drängte Anke weiter.
    »Dass er sich sicher ist, so einen komplizierten Fall uns melden zu müssen.«
    »Kompliziert?«
    »Der Tote sieht nicht mehr so gut aus.«
    »Hat ihm jemand gesagt, wer der Tote ist?«
    »Nein. Er meinte, der Tote wäre in einem Zustand, in dem ihn sogar die eigenen Kumpel nicht erkennen können.«
    »Warum das denn?«
    »Er muss aus einer gewaltigen Höhe auf das Dach des Förderkorbs aufgeschlagen sein.«
    »Also ist es nicht sicher, dass Anton der Tote ist?«, bohrte Anke weiter.
    »Nein!«
    Die Fahrstuhltür öffnete sich. Im Eiltempo verließen sie das Gebäude, steuerten einen Dienstwagen an und machten sich auf den Weg nach Velsen.
    Dort bot sich ihnen ein bereits bekanntes Bild. Viele Männer in Bergmannskluft versammelten sich auf dem großen Platz zwischen dem Erlebnisbergwerk und dem Fördermaschinenhaus. Weiter kamen sie nicht, weil Polizeibeamte das Gelände dahinter komplett abgesperrt hatten.
    Die Ankunft der Polizeibeamten wurde sofort mit Argwohn registriert. Als Erik versuchte, mit dem Dienstwagen näher an das Absperrband heranzufahren, blieben die Männer stur stehen, sodass er gezwungen war, den Wagen auf halber Strecke abzustellen. Sie stiegen aus.
    Niemand sprach sie an, während sie sich der Schachthalle näherten. Die Blicke der Männer waren feindselig. Noch konnten sie sich nicht ausmalen, was sie erwartete. Auch nicht, wen es erwischt hatte.
    »Meine Güte«, murmelte Erik. »In welches Gruselkabinett haben wir Anton nur geschickt?«
    »Hoffentlich hat es nicht ihn erwischt«, fügte Anke schaudernd an.
    Endlich hatten sie das Gebäude erreicht, das aussah, als sei es mit

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