Blutige Seilfahrt im Warndt
hätte Tony immer einen souveränen Eindruck auf sie gemacht.«
»Welches Phantom?« Ann-Kathrin stutzte.
»Dort unten geistert laut Aussagen einzelner Kameraden ein Bergmann herum, der wie Karl Fechter aussieht«, erklärte Schnur. »Nach unseren Ermittlungen ist Karl Fechter aber tot.«
»Und diesen Untoten hat Grewe gesehen?«
»Das kommt mir auch seltsam vor, weil Grewe selbst nicht an dieses Gerede glauben konnte«, meinte Schnur
»Und wir konnten ihn noch nicht danach fragen«, mischte sich Anke ein. »Nachdem die Störung behoben war, hat ihn niemand mehr gesehen. Und oben angekommen ist er auch nicht.«
»Was doch bedeutet, dass dort unten tatsächlich jemand ist – wenn auch nicht unbedingt ein Phantom«, beharrte Ann-Kathrin, womit sie die bedrückte Stimmung noch verstärkte.
»Ich vermute hinter dem Phantom Georg Remmark«, gab Schnur zu verstehen. »Er ist seitdem ebenfalls verschwunden.«
»Und was ist mit Michael Bonhoff? Warum habt ihr den Mann nicht zur Fahndung ausgeschrieben?«, fragte sie weiter.
»Weil er auch noch dort unten ist«, antwortete nun Schnur. »Wir haben alles überprüft. Er ist unter Tage.«
»Aber niemand hat ihn gesehen«, fügte Erik an. »Das haben die Männer aus Remmarks Partie bestätigt.«
»Wo waren die, als wir sie gesucht haben?«, fragte Anke.
»Wohl unter der Dusche. Dort haben sie euch bestimmt nicht hingelassen«, meinte Erik grinsend.
»Und Hans Rach und Paolo Tremante haben wir auch nirgends gesehen. Ihr etwa?«
»Nein!«
Schnur mischte sich ein und sagte: »Sollten die beiden zu dem Komplott gehören, das den Drogenhandel dort unten betreibt, schweben sie in großer Gefahr. Wir müssen nach ihnen suchen lassen und sie zu ihrem Schutz in Gewahrsam bringen.«
»Warum das denn?«, fragte die Staatsanwältin.
»Weil alle Männer, die sich an dem Drogengeschäft beteiligen, tödlich verunglückt sind. Heute wissen wir, dass es keine Unfälle waren, sondern Morde.«
»Und du vermutest, dass Remmark diese Männer ausschaltet, um das Geld für sich alleine zu haben?«
Schnur nickte zögerlich.
»Und wie passt Grewe in dieses Opferbild?«
»Gar nicht. Deshalb ist es ja so schwer herauszufinden, was dort unten schiefgelaufen ist.«
»Kann es sein, dass seine Tarnung aufgeflogen ist?« Mit dieser Frage bohrte die Staatsanwältin noch tiefer in den Wunden.
»Den Verdacht hatten wir auch schon.«
Das Telefon auf Schnurs Schreibtisch klingelte. Er hob ab und machte sofort ein langes Gesicht, als er Buffalo Bills Stimme in der Leitung hörte.
»I have good news and bad news!«
»Die gute zuerst«, murmelte Schnur, dem es zu viel wurde, diesen Mann immer wieder daran zu erinnern, in welchem Land er inzwischen arbeitete.
»Wir haben die DNA-Vergleiche gemacht«, sprach Ollig in Deutsch weiter, als hätte er Schnurs Gedanken gelesen. »Es handelt sich bei dem Toten einwandfrei um Georg Remmark.«
Schnur war über diese Nachricht so erleichtert, dass er das Telefon auf Lauthören stellte und den Mann aufforderte: »Sagen Sie das nochmal!«
Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe. Doch hatte sie auch wieder einen Haken, den Schnur sofort erkannte. Denn er meinte: »Der schlechte Teil daran ist wohl, dass wir damit den einzigen Verdächtigen verloren haben, den wir in diesem Fall je hatten.«
»Nein«, widersprach Ollig. »Die schlechte Nachricht schicke ich dir zu.«
Schnur wollte auflegen, als er ihn durch den Hörer pfeifen hörte. Wütend rief er in den Hörer: »Hey! Sie müssen hier keine Kuhherde zusammentreiben. Also drücken Sie sich gefälligst normal aus!«
»Sorry! Aber das Ergebnis aus Bonhoffs Wohnung könnte wichtig sein.«
»Ich denke, Sie schicken mir den Bericht zu?«
»Vorab kann ich aber schon mal sagen, dass das Einbruchswerkzeug wieder einmal ganz anders war. Dieses Mal hat der Einbrecher das Türschloss aufgebohrt. Und einen solchen Bohrer habe ich in Remmarks Wohnung nirgends gefunden. Und jetzt kommt erst die schlechte Nachricht!«
»Das sind ja zwei schlechte Nachrichten«, brummte Schnur.
»Rufen Sie Ihre E-Mails ab. Dort finden Sie, was auf der Chipkarte war.«
Gegen seine Gewohnheit setzte sich Schnur an seinen PC und öffnete die angekündigte Datei. Darauf war nur ein Foto. Beim Anblick stockte allen der Atem.
Andrea ahnte, was sie erwartete, weil die Kollegin Anke Deister ihr ausführlich von Tim Fechter erzählt hatte. Das war ihr auch in diesem Augenblick ganz recht. Ihre Stimmung war betrübt. Da konnte ihr
Weitere Kostenlose Bücher