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Blutige Seilfahrt im Warndt

Blutige Seilfahrt im Warndt

Titel: Blutige Seilfahrt im Warndt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
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Für ihn galt das Gleiche. Das war ebenfalls ein ausziehender Schacht«, fügte Bonhoff an.
    »Was ist ein ausziehender Schacht?«, fragte Schnur verdutzt.
    »Das heißt, dass die Wetter in diese Richtung ziehen – also im Warndt in Richtung Lauterbach durch die Grubenräume eingezogen werden und dann aus diesem Schacht nach außen. Einziehende Schächte sind der Warndtschacht und der Gustavschacht 2 in Velsen. Ausziehende Schächte sind in St. Charles und hier.«
    »Ist der Schacht in St. Charles ebenfalls interessant für unsere Ermittlungen?«
    »Nein! Der Förderturm wird schon seit einer Weile nicht mehr genutzt. Er reichte außerdem nur bis zur vierten Sohle. Er ist schon vor Jahren verfüllt worden.«
    »Also haben wir hier die einzige Möglichkeit, unentdeckt die Grube zu verlassen?«
    »Wenn der Maschinist den Mann kennt, den sie suchen, und mit ihm zusammenarbeitet, ja«, meinte Bonhoff.
    »Dazu werden wir ihn befragen müssen«, erkannte Schnur. »Wer ist es?«
    »Siggi, der übernimmt diesen Schacht.«
    »Siegfried Hemmerling?«
    »Genau der?«
    Schnur nickte.
    »Eigentlich wurde dieser Schacht als Wetter-und Materialschacht genutzt«, sprach Bonhoff weiter. »Zur Personenbeförderung war der Korb nie vorgesehen. Doch es können natürlich auch Menschen darin transportiert werden, weshalb hier so manch einer schon mal heimlich aus dem Stollen rausgefahren ist.«
    »Das ist genau das, was wir suchen«, erkannte Kullmann. »Über diesen heimlichen Zugang können doch spielend leicht Drogen transportiert werden.«
    »Auch kann der Mörder hier unbemerkt in den Stollen gelangen«, ergänzte Ann-Kathrin. »Wer weiß, wen Paolo Tremante dort unten gesehen hat.«
    »Um herausfinden, ob an dieser Sache etwas dran sein könnte, ist Anke gerade dabei, Karl Fechters Sohn dazu zu befragen«, erklärte Kullmann.
    »Genauso gut hätten wir Andrea dorthin schicken können«, mischte sich Schnur ein. »Sie hat ein gutes Gespür für die Zwischentöne.«
    »Anke auch! Sie kann heraushören, ob jemand die Wahrheit sagt oder lügt. Sie ist für dieses Gespräch genau die Richtige«, beharrte Kullmann.
    »Ich sagte doch, dass Siggi hier den Korb fährt …«, mischte sich Bonhoff in den Disput der beiden Männer ein.
    »… oder der, der gerade an einen Schlüssel gekommen ist, so wie Sie«, fiel ihm die Staatsanwältin ins Wort.
    »Trotzdem müssen immer zwei Bergleute zusammen sein, um über diesen Schacht ein-oder auszufahren.«
    Er öffnete eine kleine grüne, blecherne Kammer und startete die Maschine. Schon tauchte der Korb aus der Tiefe auf.
    »Die einzige Möglichkeit, hier unbemerkt zu verschwinden, wären die Fahrten im Schacht«, erklärte Bonhoff, nachdem er den kleinen Bedienstand verlassen und die Tür wieder abgeschlossen hatte.
    »Fahrten?«, fragte Ann-Kathrin.
    »Leitern«, erklärte Bonhoff.
    »Der Cowboy muss herkommen und hier alles nach Fingerabdrücken absuchen«, bestimmte Schnur.
    »Welcher Cowboy?«, fragte Kullmann überrascht.
    »Robert Ollig – oder wie der neue Teamchef der Spurensicherung heißt.«
    »Dann muss er sich aber beeilen, es wird bald dunkel«, stellte Kullmann fest.
    »Und wir sollten den Schacht überwachen lassen«, sprach Schnur weiter »Unser gesuchter Mann könnte tatsächlich über diesen Weg unbemerkt in die Tiefe gelangen.«
    »Gute Idee«, stimmte Kullmann zu. »Wenn wir Glück haben, läuft er uns direkt in die Arme.«

    Andrea legte den Telefonhörer wieder auf die Ladestation zurück und überprüfte ihre Notizen. Der einzige Einbruch, der angezeigt worden war, hatte sich bei Uwe Bendrup in der Bergmannssiedlung Dorf im Warndt ereignet. Das betroffene Ehepaar hatte angegeben, dass nichts gestohlen worden sei. Spurensicherung oder ähnliche Maßnahmen seien nicht getroffen worden.
    Soweit war Andrea auch schon gewesen. Warum musste sie diese dämliche Arbeit machen?
    Sie schaute sich um. Sie war allein. Das Büro und der Flur lagen in beängstigender Stille.
    Das Tempo, in dem alle das Gebäude verlassen hatten, war rekordverdächtig. Alle durften in den Außendienst, nur ihr hatte man diese stumpfsinnige Arbeit aufgebrummt.
    Schnur, ihr Chef und Freund, hatte sie zu Tim Fechter schicken wollen. Doch Kullmann hatte das verhindert. Dem Altmeister lag wohl Ankes beruflicher Werdegang sehr am Herzen, denn er hatte Schnur dazu überreden können, Anke diese Aufgabe zu übertragen. Dabei war Anke noch nicht einmal seit Beginn an den Ermittlungen beteiligt. Sie war erst eine

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