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Blutige Seilfahrt im Warndt

Blutige Seilfahrt im Warndt

Titel: Blutige Seilfahrt im Warndt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
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Woche später dazu gestoßen. Und jetzt genoss sie schon Sonderrechte.
    Andrea erinnerte sich gern an Kullmann. Damals hatte sie gelegentlich auch für ihn gearbeitet, als ihr Dienststellenleiter wegen eines Herzinfarkts ausgefallen war. Sofort hatte sie erkannt, dass Kullmann ein gutes Gespür für Menschen hatte. Also konnte Andrea davon ausgehen, dass Anke sich diesen Sonderstatus bei dem Alten verdient hatte. Denn ohne Leistungen zu erbringen, würde sie in Kullmanns Augen keine Achtung genießen.
    Leider hatte Andrea diese Chance niemals bei Kullmann gehabt. Sie war in der Abteilung für »Entführung, Erpressung und Geiselnahme« gewesen und nicht in Kullmanns Abteilung gelangt. Mehrere Bewerbungen hatte sie geschrieben. Aber leider war die Antwort immer dieselbe, nämlich, dass dort keine Stelle frei wäre. Dann hatte sie geheiratet und dem Saarland den Rücken gekehrt. Bis nach Berlin war sie ihrem Mann gefolgt. Lange Zeit hatte sie dort in dem Glauben gelebt, ihre Ehe sei glücklich. Doch dann war sie eines Besseres belehrt worden. Nach ihrer Rückkehr ins Saarland durfte sie zu ihrer großen Überraschung sofort in der Abteilung für Tötungsdelikte anfangen. Und dazu noch mit Jürgen Schnur als Chef. Sie hatte geglaubt, dass es nicht besser kommen könnte. Doch nun erkannte sie, dass alles nicht so einfach war. Solange Kullmann noch in diesem Team mitspielte, war und blieb er der heimliche Chef dieses Reichs.
    Einerseits störte das Andrea nicht. Denn sie mochte Kullmann. Und auch Anke.
    Andererseits sah sie sich dadurch in Gefahr, wieder in eine andere Abteilung versetzt zu werden. Denn so sicher war ihr Posten noch nicht. Sie musste nach der langen Auszeit wieder ganz von vorne anfangen.
    Das Telefon klingelte und riss sie aus ihren Gedanken.
    Es war der Kollege aus dem Drogendezernat. Er berichtete ihr von den vielen dunklen Kanälen, durch die Drogen kamen und das Geld verschwand, so dass es unmöglich sei, festzustellen, wer der Hauptlieferant für den Drogenhandel unter Tage sei – sollte es diesen überhaupt geben.
    Das hatte Andrea noch gefehlt. Wenn Schnur und sein Team von ihrer Expedition zurückkamen, konnte sie ihnen kein Ergebnis liefern. Das gefiel ihr gar nicht.
    Frustriert stützte sie ihren Kopf in die Hände und schaute aus dem Fenster. Der trübe Tag begann allmählich das letzte Licht zu verlieren. Die Tage wurden bald kürzer, die Nächte länger. Hinzu kam, dass die Uhren demnächst um eine Stunde zurückgestellt wurden, wodurch sie abends eine Stunde an Tageslicht einbüßten. Das war eine Zeit, die ihr nicht gefiel. Die Dunkelheit brachte sie zum Grübeln. Seit sie ihr Leben ohne ihre Tochter bestreiten musste, weil diese bei ihrem Vater in Berlin bleiben wollte, war Andrea schwermütig geworden. Doch das würde sie niemals zugeben – weder vor sich selbst, noch vor den Kollegen. Also richtete sie sich ruckartig wieder auf. Dabei rutschte der chaotische Papierberg auf ihrem Schreibtisch auseinander und ein gelber Notizzettel landete direkt vor ihren Augen. Darauf stand: »Peter Demplers Witwe nochmal fragen, was bei ihrem Einbruch gestohlen wurde. Vielleicht gibt sie Auskunft, wenn sie den Schock über den Tod ihres Mannes überwunden hat.«
    Das hätte sie um ein Haar vergessen. Sie sprang vom Schreibtisch auf und machte sich auf den Weg.

    Es war noch dunkel, als sich die Bergmänner trafen und in Gruppen die Schachthalle in Velsen ansteuerten. Leises Gemurmel umgab sie, als wagten sie sich nicht laut zu sprechen, weil der Tag noch nicht richtig wach war.
    Grewe schloss sich Tremante, Rach und Remmark an. Bonhoff hatte er aus den Augen verloren und das war gut so. Von ihrer neu erwachten Beziehung durfte niemand auch nur das Geringste ahnen. Mit gemischten Gefühlen drängte er sich in den Korb und fuhr hinab in die Tiefe.
    Ein neuer Arbeitstag als Bergmann konnte beginnen.
    Kaum im Streb angekommen, verteilten sich die Männer wortlos an ihre Arbeitsplätze. Mit routinierten Bewegungen bedienten sie die großen, schweren und gefährlichen Maschinen. Grewe begann die stützenden Schilde an die Kohlewand ranzufahren, die durch das Abfräsen des Walzenschrämladers stets weiter nach hinten wich. Bonhoff, der Schrämer, tauchte mit zwei Hilfsschrämern auf. Zusammen setzten sie das monströse Stahlross unter tosendem Lärm in Bewegung. Die Schrämwalzen bohrten sich in die Wand, während sich die komplette Maschine im Schritttempo vorwärtsbewegte. Bei dem Anblick erinnerte sich

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