Blutige Seilfahrt im Warndt
Arbeit wie ein pflichtbewusster Bergmann gemacht«, fügte Schnur an.
Männer sind Schweine, duldete es fröhlich durch das Büro. Alle lachten – nur Schnur nicht. Er zog das Handy hastig aus der Hemdtasche und nahm das Gespräch an. Es war die Staatsanwältin.
Nachdem er das Gespräch beendet hatte, fragte Erik: »Haben wir jetzt plötzlich neben den beiden aktuellen Fällen auch noch einen Doppelmord von vor elf Jahren aufzuklären?«
»Sieht ganz so aus.« Schnur nickte. »Die Staatsanwältin hat gerade mitgeteilt, dass die Grubenwehr damit einverstanden ist, die Steine aus der Gezähekammer zur KTU zu bringen. Dort finden wir heraus, ob jemand diese Wand von der Innenseite aus bearbeitet hat. Und was sagt uns das?«
Anke und Andrea stöhnten.
»Das kann heiter werden, weil wir die bisherigen Fälle nicht richtig bearbeiten dürfen«, brummte Erik.
»Glaubst du, dass unser gesuchter Serienmörder auch für den Tod dieser beiden Männer verantwortlich ist?«, fragte Anke.
Schnur überlegte eine Weile, bis er endlich sagte: »Das können wir nicht ausschließen.«
»Und du hältst Remmark für den Serienmörder?«
»Zumindest weiß er etwas. Aber ob er wirklich für alle diese Morde verantwortlich gemacht werden kann …«
»Suchen wir also einen Mörder oder mehrere?«
»Wenn ich das wüsste«, gab Schnur zurück. »Versuchen wir doch zuerst mal, einen zu schnappen. Das wäre doch ein guter Anfang. Dann können wir ihn fragen.«
Erik fügte grinsend an: »Und er wird uns alles sagen, was wir hören wollen.«
»Und so arbeiteten sie weiter, bis an ihr fröhliches Ende«, setzte Schnur den Smalltalk fort.
»Fröhlich scheint ihr beiden ja zu sein«, murrte Andrea. »Aber von Arbeiten sehe ich gerade nichts.«
»Kennst du Sokrates’ Ehefrau?«, fragte Schnur mit einem verschmitzten Grinsen.
Andrea wich zurück, weil sie nichts Gutes hinter dieser Frage ahnte. Sie schüttelte den Kopf.
»Das war Xanthippe – heute nennt man auch eine zänkische Frau so.«
»Ich heiße zum Glück Andrea!«
Erik und Anke hatten Mühe, ein Lachen zu unterdrücken, weil sie spürten, dass Andrea diesen Spaß nicht verstand.
»Immer, wenn du zänkisch wirst, hast du etwas auf dem Herzen, was du loswerden willst«, sprach Schnur weiter.
Das war die Erlösung für alle im Raum, denn damit hatte er Andreas gute Laune wieder hergestellt.
»Okay. Peter Demplers Witwe war gestern gesprächiger als bei unserem ersten Besuch.«
Zehn Uhr! Auf die Uhr schauen musste Grewe nicht, denn das untrügliche Zeichen dafür war, dass die Kameraden zu ihren Jacken in der Kopfstrecke gingen, um dort ihren Proviant herauszunehmen. Seit sechs Uhr in der Frühe arbeiteten sie schon, das machte hungrig. Verstohlen schaute sich Grewe um und konnte gerade noch sehen, wie sich Rach, Remmark und Amore in Richtung fünfte Sohle davonschlichen, anstatt mit ihrer Stulle an den Arbeitsplatz zurückzukehren. Er hielt nach Bonhoff Ausschau. Doch der war nirgends zu sehen.
Vermutlich war das auch besser so.
Verdrossen schüttelte Grewe den Kopf. Ging das schon wieder los? Das ständige Hoffen und Bangen, wenn Bonhoff in seiner Nähe war. Nur war es dieses Mal anders – intensiver. Sie beide verband ein Geheimnis. Er war auf Bonhoffs Loyalität angewiesen – auf Gedeih und Verderb. Aber konnte er Bonhoff wirklich blind vertrauen? Er hatte ihn damals verletzt – auch wenn es unwissentlich geschehen war. Doch verletzte Gefühle fragten nicht nach den Hintergründen. Sie prägten sich negativ in die Erinnerungen ein. Und nicht nur das. Seine leichthin gemachte Bemerkung hatte Bonhoffs Arbeitsleben unter Tage stark erschwert. Er stöhnte. Seit ihrem Gespräch am Vortag in seinem Auto vor der Landespolizeidirektion konnte er an nichts anderes mehr denken. Er machte sich Vorwürfe, weil er damals so emotional gewesen war. Aber er musste darüber hinwegkommen, wenn er seine Arbeit hier gut machen wollte. Und das wollte er.
Er bediente weiterhin die Schilde, damit sie dem Walzenschrämlader im gleichen Tempo folgten, als ihm ein Gedanke kam. Rasch überließ er die Arbeit dem zweiten Schildführer und folgte den Männern. Inzwischen wusste er ja, wo sie sich immer versammelten. Also machte er sich auf den Weg. Er war nicht hier unten, um Kohle abzubauen, sondern um einen gefährlichen Mörder zu entlarven.
Um den Männern nicht direkt in die Arme zu laufen, wählte Grewe den Weg über die Fußstecke zur sechsten Sohle, um von dort über Bandberg II
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