Blutige Seilfahrt im Warndt
kann«, antwortete Anke. »Makla gibt es nur in Frankreich, in kleinen, runden Dosen. Es werden immer zehn Makladosen als Rolle verpackt und ausgeliefert. Der beste Trick dabei ist, die äußeren beiden Dosen mit dem herkömmlichen Makla zu füllen und nur in den inneren die Droge zu verstecken.«
Schnur schaute Anke an, als ewartete er noch etwas. Bis Anke wusste, was sie vergessen hatte. Schnell fügte sie an: »Vermutlich handelt es sich dabei um Crystal Meth, weil das in unempfindlicher Kristallform geliefert wird und diese Transportmethode unbeschadet übersteht.«
»Aber Todesopfer gab es bisher immer nur in Remmarks Partie. Also liegt dort das Motiv«, präzisierte Kullmann.
»Sieht sich unser Mörder als Richter und Henker, der diesen Drogenhandel unterbinden will?«, fragte Erik.
»Ich glaube eher, dass er sich für etwas rächt, was mal dort vorgefallen ist.«
»Sagt uns das, dass er noch nicht fertig ist?«, fragte Anke erschrocken.
Kullmann nickte.
»Du meinst, dass er erst aufhört, wenn er alle erwischt hat?«, hakte Schnur nach.
»Klingt erschreckend, aber durchaus logisch«, meinte Kullmann.
»Und welche Bedeutung hat der Drogenhandel deiner Meinung nach?«, fragte Schnur, der seine Zweifel an dieser Theorie hatte.
»Vielleicht ist das der Auslöser für diese Morde«, spekulierte Kullmann. »Wissen wir überhaupt, ob Karl Fechter daran beteiligt war?«
»Nach Angaben seines Sohnes hatten sie nicht viel Geld. Ein Einbruch hätte sich bei ihnen nicht gelohnt«, berichtete Anke.
»Das sagen alle.«
»Nur mit dem Unterschied, dass bei den anderen Opfern herauskam, dass dort Geld im Spiel war. Bei Karl Fechter nicht.«
»Was die Theorie vom herum spukenden Geist widerlegt«, reagierte Schnur darauf. »Ich glaube nicht an Rache und Sühne und Strafe. Ich glaube an das profanste Motiv aller Zeiten: Gier! Remmark hat den Handel in Schwung gebracht und kriegt den Hals nicht voll. Er ist das Phantom!«
»Klingt plausibel«, gab Kullmann zu. »Vielleicht ist die Lösung am Ende einfach, während wir uns hier die kompliziertesten Gedanken machen.«
»Es fällt mir auch schwer zu glauben, dass ein Mann elf Jahre unter Tage lebt, nur um Rache zu üben«, gestand Erik. »Das hat so was von Freddy Krüger.«
Eine Weile schwiegen sie, bis Schnur schimpfte: »Die Fälle liegen zu lange zurück. Akten haben wir nur bruchstückhaft. Die Aussagen sind entweder unvollständig oder schlichtweg falsch. Wie sollen wir es schaffen, nach so vielen Jahren Ordnung in ein Chaos zu bringen, wo niemand unsere Einmischung wünscht?«
»Dafür haben wir Anton Grewe runter geschickt«, erinnerte Kullmann. »Hätten wir freie Hand, wäre das nicht nötig gewesen.«
Schnur nickte.
Andrea atmete plötzlich erschrocken aus und sagte: »Sollte Remmark wirklich der Täter sein und alle ausschalten, die sein Vermögen schmälern könnten, wäre Grewe eigentlich gar nicht in Gefahr …«
»Aber?«, hakte Erik nach.
»Wenn er herausfindet, warum Grewe wirklich dort ist – nämlich als Spitzel der Polizei …«
Eine Weile schwiegen alle betroffen, bis Schnur den Telefonhörer schnappte und Grewes Handynummer wählte. Es läutete durch. Also wartete er. Doch nach wenigen Minuten hörte er eine bekannte Stimme sagen: »Der Teilnehmer ist zurzeit nicht erreichbar. Versuchen Sie es später noch einmal.«
Frustriert legte er auf.
Die rasante Fahrt in die Tiefe drehte Grewes leeren Magen um. Er hatte keine Zeit für ein Frühstück gehabt, was er jetzt bedauerte. Von den Kameraden keine Spur, was ihn nicht wunderte. Als er den Korb verließ, suchte er trotzdem unter den vielen Männer nach bekannten Gesichtern. Vergebens.
Nach der Zugfahert steuerte er mit schnellen Schritten die Kulibahn an, die ihn zum Streckenvortrieb bringen sollte. Als er dort eintraf, stellte er fest, dass er der Letzte an diesem Morgen war, der zur Arbeit antrat. Die Blicke, die er einfing, drückten Missbilligung aus. Vermutlich hatte niemand mehr mit ihm gerechnet. Er schaute sich um und sah, dass alle Maschinen schon liefen. Es wirkte so, als sei sein Einsatz überhaupt nicht nötig.
Als erstes richtete er seine Aufmerksamkeit auf die Steuerung des Walzenschrämladers, in der Hoffnung, Bonhoff zu sehen. Dort standen die beiden Hilfsschrämer und ein Fremder.
»Wo ist Mimose?«, fragte er den Steiger.
»Nicht zur Arbeit erschienen.«
Grewe riss die Augen weit auf vor Erstaunen. Doch Remmark entgegnete ungehalten: »Willst du hier
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