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Blutige Stille. Thriller

Blutige Stille. Thriller

Titel: Blutige Stille. Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Castillo
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einen Komplizen gehabt.
    Ein sofortiger Anruf bei Chief of Police Kate Burkholder ergab lediglich ein »Kein Kommentar«. Trotzdem konnte The Advocate von einem Insider in Erfahrung bringen, dass ein amischer Junge das Verbrechen beobachtet hat und den zweiten Mann möglicherweise identifizieren kann. In einer ebenfalls anonym zugespielten Videoaufnahme ist ein Junge zu erkennen, der in der Nacht des Verbrechens durch das Türfenster ins Haus sieht.
    Damit konfrontiert, bestätigte Chief Burkholder die Information, ließ The Advocate jedoch wissen, dass die amischen Eltern ihrem Jungen nicht erlaubten, mit der »englischen« Polizei zu sprechen. »Wir glauben trotzdem, dass der Junge in absehbarer Zeit kooperieren und den Komplizen identifizieren wird«, sagte sie gestern. »Aus Sicherheitsgründen wird die Identität des Jungen natürlich geheim gehalten.«
    The Advocate hat versucht, die amischen Eltern ausfindig zu machen, doch bislang ohne Erfolg.
    Vor ein paar Minuten habe ich auf dem Polizeirevier angerufen und erfahren, dass die Lichter der Telefonanlage blinken wie ein Weihnachtsbaum. Die Buschtrommeln von Painters Mill funktionieren perfekt, verbreiten in Windeseile die Nachricht von dem Mörder, der sich noch irgendwo in dieser friedlichen Stadt versteckt hält. Nur hier im Haus der Zooks, wo ich alleine bin, wird es mit dem Frieden wohl bald vorbei sein.
    Im Badezimmer wechsle ich in die Kleider von Alma. Wie die meisten Amischen benutzt sie weder Knöpfe noch Reißverschlüsse, und erst jetzt fällt mir wieder auf, wie umständlich Sicherheitsnadeln sind. Alma ist größer als ich, so dass ich problemlos die Sicherheitsweste drunterziehen kann. Dadurch wird es zwar heiß und unbequem, was aber immer noch besser ist, als eine böse Überraschung zu erleben.
    Da die Amischen keine Spiegel haben, brauche ich Dutzende Nadeln für meine Haare und schiebe die verbliebenen Strähnen mit den Fingern unter die
Kappe
. Auf dem Weg in die Küche habe ich merkwürdige Déjà-vu-Erlebnisse: Als Polizistin bin ich ins Bad gegangen und als Amische wieder herausgekommen – als eine Frau, die ich einmal hätte werden sollen.
    Zurück in der Küche, fühle ich mich in der Kleidung wie auf dem Präsentierteller, und ich drücke aufs Ansteckmikrophon. »Skid, sind Sie in Position?«
    »Korrekt, Chief. Hier stinkt’s wie die Pest.«
    Über diese treffliche Beschreibung muss ich lächeln. Ich habe ihn in der Scheune stationiert, wo er einen ungehinderten Blick auf das Haus, die Einfahrt und den hinteren Hof hat. »Vielleicht ist es oben auf dem Heuboden besser.«
    »Die Sicht wahrscheinlich auch. Ich geh gleich hoch.«
    »Was ist mit Ihnen, T.J.? Irgendwelche Aktivitäten?«
    »Nur von mir und den Moskitos.«
    Da mein Explorer in unserem Fuhrpark das einzige Fahrzeug mit Allradantrieb ist, habe ich T.J. damit auf den kleinen Parkstreifen unter der Painters-Creek-Brücke geschickt, wo die Angler ihre Wagen abstellen. Es ist relativ nahe an der Farm, aber von der Straße her nicht einsehbar. Allerdings kann man auch das Haus der Zooks nicht sehen, was mir weniger gefällt, denn so können wir nur Funkkontakt halten. Aber wenn ich Verstärkung brauche, ist er schnell hier.
    »Haltet die Augen auf.«
    »Verstanden«, erwidert Skid.
    »Glauben Sie wirklich, dass er kommt?«, fragt T.J.
    »Ich hab keine Lust, die ganze Woche in dem Gestank zu verbringen«, schiebt Skid hinterher.
    Doch wir alle wissen, dass der Viehgestank unser geringstes Problem ist. »Hoffen wir das Beste.«
    Ich schalte das Gerät aus, und Stille senkt sich schwer auf mich. Das Vogelgezwitscher vor dem Küchenfenster verklingt langsam, überlässt dem abendlichen Zirpen der Grillen und dem Quaken der Frösche die Bühne. Eine nervöse Energie erfasst mich, die wie Quecksilber durch meine Adern fließt, doch auch Ungeduld und Beklemmung setzen mir zu. Warten war noch nie meine Stärke, doch das muss ich jetzt wohl ändern. Was schwer sein wird, denn mir ist nur allzu bewusst, dass mein Plan auch schiefgehen kann. Dass der Mörder nicht auftaucht.
    Und wieder mordet …
    Ich blicke auf die Uhr. Die Zeitung ist seit drei Stunden auf dem Markt. Ob der Mörder die Geschichte schon gelesen hat, den Köder schluckt? Er muss sich das Video ansehen und das Gesicht im Türfenster identifizieren. Er muss hierherkommen und den einzigen Zeugen zum Schweigen bringen. …
    Es ist nicht leicht, die Denkweise eines Psychopathen zu antizipieren, denn er denkt natürlich

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