Blutige Stille. Thriller
an.
»Ich bin nicht allein.«
»Du hast einen Anfänger und einen Trinker zur Unterstützung. Hältst du das für gute Polizeiarbeit? Das ist reiner Wahnsinn!«
»Es sind gute Polizisten, und es ist ein guter Plan.«
»Manchmal ist es egal, ob etwas gut ist. Kapierst du das nicht?« Inzwischen schreit er. »Und wenn der Kerl mitten in der Nacht kommt und es an deinen Leuten vorbeischafft? Dann steckst du bis zu den Ohren in der Scheiße.«
»Ich bin bewaffnet. Ich trage eine Schussweste –«
»Das wird dir ne Menge nützen, wenn er auf deinen Kopf zielt!«
»John, du übertreibst.«
»Was zum Teufel willst du beweisen, Kate?«
»Ich will den Scheißkerl erwischen, der sieben Menschen umgebracht hat!«
»Oder du willst endlich Vergeltung für das, was dir passiert ist. Vielleicht willst du beweisen, dass die Amischen doch keine so leichte Beute sind. Vielleicht bläst du dem Kerl einfach das Hirn weg, sobald er zur Tür reinkommt.«
Ich kann es kaum fassen, was er da sagt. »Das ist Psycho-Scheiße, Tomasetti.«
»Ich hab recht, und das weißt du! Und jetzt muss ich hier sitzen und zugucken, wie du und womöglich noch einer deiner Officer umgebracht werden. Denkst du auch manchmal an andere und nicht nur an dich selber? Bist du überhaupt mal auf die Idee gekommen, dass ich mir Sorgen machen könnte? Dass ich dabei sein will?«
»Du arbeitest nicht mit an dem Fall!«, schreie ich.
»Und genau so willst du das auch haben, stimmt’s?«
Seine Worte treffen, das Ausmaß seiner Wut schockiert mich. Schlimmer noch, sie säen Zweifel in mir. An dem Plan, meinen Gründen. An meinen Fähigkeiten als Polizistin. »Das muss ich mir nicht anhören.«
»Offensichtlich doch.«
»Ich muss jetzt Schluss machen.«
»
Leg jetzt bloß nicht auf!
«
Ich klappe das Handy zu. Seine Worte hallen in meinem Kopf nach, eine ganze Minute lang. Und ich frage mich, was da gerade passiert ist.
Ich stelle das Telefon aus, stecke es in die Schürzentasche und gehe ins Wohnzimmer. Der Blick aus dem Fenster sagt mir, dass es nicht mehr lange dauert, bis draußen tiefschwarze Dunkelheit herrscht. Doch noch sehe ich die Jersey-Kühe auf der Weide grasen. Der lange, schmale Schotterweg liegt ruhig da. Die Straße ist nicht sichtbar, dafür hat Skid sie vom Heuboden aus voll im Blick. Er wird mir sagen, wenn jemand auftaucht.
Trotzdem, das Farmgrundstück ist groß und bietet Dutzende Möglichkeiten, sich ungesehen zu nähern. Zum Beispiel über die hintere Weide. Oder er könnte sich auf dem Grünstreifen am Bach entlang anschleichen. Auch das Maisfeld bietet guten Schutz. Da also die Möglichkeit besteht, dass ich beobachtet werde, nutze ich das letzte Licht des Tages, um mich zu zeigen.
27 . KAPITEL
Der Garten ist ein Füllhorn voll mit Herbstgemüse und Beeren. Ich stehe in der Abenddämmerung und bewundere die schnurgeraden Reihen mit Mais, Tomaten, Kürbissen, Gurken und grünem Paprika. Am hinteren Ende stehen üppige Brombeersträucher mit reifen Früchten. Im nächsten Frühjahr wird es hier Erdbeeren geben und mit ihnen den immerwährenden Kampf gegen die Vögel, die die Früchte stehlen.
In meiner Jugend hatten wir auch so einen Garten. Ich habe mich oft heimlich reingeschlichen und die Erdbeeren gleich in den Mund gesteckt, manchmal bevor sie richtig reif waren. Die Erdbeersaison ist lange vorbei, doch die Brombeeren sind wunderbar reif. Ich gehe zu den Sträuchern, pflücke wegen der Stacheln vorsichtig ein paar Beeren ab und esse sie.
Obwohl ich die Früchte wirklich genieße, vergesse ich keine Sekunde die .38er in meiner Schürzentasche, die am Oberschenkel befestigte .22er und das Messer in meinen knöchelhohen Stiefeln. Auch meine Sinne sind geschärft. Es ist so still hier, dass ich sofort hören würde, wenn ein Fahrzeug den Weg entlangkommt. Doch ich glaube nicht, dass der Mörder die Straße benutzt, wenn er kommt. Er wird warten, bis es stockfinster ist, heimlich durch die Hintertür ins Haus schleichen und den Jungen suchen, ohne die ganze Familie zu wecken. Kurzen Prozess mit ihm machen.
Da hier alles ganz normal erscheinen soll, rupfe ich ein wenig Unkraut und befühle die Wäsche an der Leine, die auf meinen Wunsch hängen geblieben ist. Beim Überqueren des Hofes geht mir Tomasetti durch den Kopf, doch ich verscheuche die Gedanken an ihn sofort, darf mich durch nichts ablenken lassen.
Als es ganz dunkel ist, gehe ich zurück ins Haus. Ich mache die Laterne auf dem Küchentisch an, und der Raum wird
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