Blutige Stille. Thriller
Hause bat ich ihn, an Barbereaux’ Haus vorbeizufahren, was er natürlich nicht wollte. Doch ich habe ihn an sein schlechtes Gewissen mir gegenüber erinnert, und er hat nachgegeben. Zu dem Zeitpunkt hatten mein Team, das BCI und die Bundesbehörde das Haus schon gründlich durchsucht. Doch das war mir egal. Zwei Stunden lang nahm ich alles auseinander, zugegebenermaßen mit Hilfe einer doppelten Dosis Vicodin. Erst eine heftige Auseinandersetzung mit Tomasetti führte dazu, dass ich meine sinnlose Suche aufgab, bevor ich zusammenbrach. Trotz meiner Beschimpfungen und Flüche brachte er mich nach Hause.
Unsere Beziehung ist kompliziert, aber ich bin froh, dass Tomasetti zu meinem Leben gehört. Ich bin dankbar, dass ich in dieser Stadt wohne, schätze die Menschen in meiner Umgebung und auch meine Arbeit. Sie gibt mir eine Bestimmung und lässt mich nicht vergessen, warum Gott mich in diese Welt verpflanzt hat.
Im Polizeirevier werde ich erst wieder in ein paar Tagen zurückerwartet. Fahren darf ich mit den vier gebrochenen Rippen und der zerschmetterten Elle, die operiert werden musste und mit einem Titan-Stift zusammengehalten wird, auch noch nicht. Doch Anordnungen zu befolgen war noch nie meine Stärke. Ich parke auf meinem angestammten Platz und stelle den Motor ab. Glocks Streifenwagen steht am Straßenrand. Ich sehe Monas Escort, und Lois, auf deren rotem Cadillac Regentropfen abperlen, ist wie gewöhnlich früh dran. Ihr Mann hat sicher wieder das halbe Wochenende damit verbracht, ihn zu wachsen. Weiter hinten steht Pickles alte Corvette und T.J.s brandneuer Mustang. Ich sammle mich einen Moment, dann betrete ich das Revier.
Lois und Mona stehen in der Zentrale über das Telefon gebeugt und versuchen, das neue Problem zu lösen, mit dem unsere antiquierte Anlage uns wieder einmal beschäftigt.Als ich eintrete, blicken sie auf. »Chief!« Mona kriegt große Augen beim Anblick meines Gipsverbandes und der Schlinge. Außerdem sieht man in meinem Gesicht noch die Spuren des Schrotes, den ich abgekriegt habe.
»Es sieht schlimmer aus, als es ist.«
Lois kommt um die Telefonanlage herum. »Ich dachte, Sie bleiben noch ein paar Tage zu Hause.«
»Das tue ich auch.« Ich gehe auf sie zu. »Jedenfalls offiziell. Ich will nur sehen, was für Anrufe es gibt, und dafür sorgen, dass ihr hier nicht zu viel Spaß habt.«
Mona verzieht das Gesicht. »Der einzige Grund zum Lachen sind die Witze über Skids Schädel.«
»Der Notarzt hat ihm vorne die ganzen Haare wegrasiert«, erklärt Lois. »Der arme Kerl weigert sich, die Mütze abzusetzen.« Sie blickt auf meinen Gipsverband und seufzt. »Wie geht es Ihnen?«
»Der Gips nervt.«
»Dem könnte ein bisschen Graffiti vielleicht Abhilfe schaffen«, höre ich eine Stimme hinter mir sagen.
Ich drehe mich um. Glock, T.J., Pickles und Skid sind aus ihren Boxen getreten und starren mich an wie eine Psychiatriepatientin, die aus ihrer Station abgehauen ist, um dem Polizeirevier einen Besuch abzustatten. Skid trägt seine Painters-Mill- PD -Mütze, unter der an der rechten Schläfe ein Stück Verband heraussieht. Außerdem hat er ein blaues Auge und einen abklingenden Bluterguss an der rechten Wange. Ich verkneife mir ein Lächeln – nun ja, ich versuche es zumindest.
»Sie sehen ziemlich gut aus für einen Mann, dem in die Birne geschossen wurde.« Trotz aller Mühe wird mein Grinsen noch breiter. »Wie geht’s dem Kopf?«
Er grinst zurück. »Offensichtlich nicht kleinzukriegen.«
»Rollen nur Steine drin rum«, knurrt Pickles.
»Die Kugel war so demoliert, dass die Techniker nicht mal alle Teile gefunden haben«, meint Glock. »Eben ein echter Dickschädel.«
Alle lachen, obwohl sie im Moment eher von meinem Anblick fasziniert zu sein scheinen. Ich frage mich, ob ich genauso fertig aussehe, wie ich mich fühle. Und auch, ob sie wissen, dass Barbereaux noch lebte und wehrlos war, als ich ihm die letzte Kugel verpasst habe. Natürlich wüsste ich auch gern, ob Tomasetti ihnen verraten hat, dass ich in Barbereaux’ Haus gewütet habe und er mich regelrecht überwältigen musste, um mich nach Hause zu befördern. Ob man sieht, dass ich ein paar Schmerztabletten zu viel schlucke.
»Und was macht Ihr Arm?«, fragt Glock.
»Tut höllisch weh.«
Skid grinst mich blöde an und zuckt dabei mit den Augenbrauen. »Und wie war die kugelsichere Weste, Chief?«
Ich muss lachen, was fast so schlimm ist wie Husten, denn meine Rippen protestieren spürbar. »Bringen Sie
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