Blutige Tränen (German Edition)
vor, mich länger auf die Folter zu spannen. Er winkte jemanden näher heran.
»Was ...?« Doch die Frage blieb mir im Hals stecken, denn durch die Tür trat – Silk!
»Das kann nicht sein«, entfuhr es mir überrascht. »Das gibt es nicht!«
Silk trat einen Schritt näher. »Das ist eine Überraschung, was?«
Ich versuchte, mich von meinem Schock zu erholen. »Allerdings.«
Brian sah mich verständnislos an. »Wer ist das?«
Ich setzte mich verdattert, rieb mir mit beiden Händen durch das Gesicht. »Verrückt!«
Mit der Hand klopfte ich auf meine Matratze. »Hierher, Dyg – dafür möchte ich auch eine Erklärung.«
Dygwion grinste, kam langsam, elegant zu mir herüber, setzte sich zu mir auf das Bett. »Silk, komm’, setz’ dich zu uns.«
Ich konnte es immer noch nicht glauben. Mehr automatisch sagte ich: »Brian, das ist Silk – Silk, Brian.«
Die beiden nickten sich zu, doch Brian war sichtlich irritiert. Silk hingegen lächelte sein unwiderstehliches Lächeln. Sein blaues und sein bernsteinfarbenes Auge leuchteten in einem unnatürlichen Glanz.
»Du bist ein Vampir«, stellte ich fest. Ich hatte mich noch nicht von meiner Überraschung erholt.
»Das ließ sich leider nicht verhindern«, sagte Dygwion. »Nun, viel zu erzählen gibt es nicht. Ein bisschen Magie, die richtigen Beziehungen zur richtigen Zeit ...«
»Und ein Vampir, der dir noch einen Gefallen schuldet«, warf ich lächelnd ein.
Dygwion grinste. »Ja, natürlich. Es war schwierig, Silk aus Limara herauszuholen – denn immerhin sollten alle weiterhin glauben, dass er tot ist.«
»Vor allem Lance und Isgira.«
Der Elf nickte. »Aber auch der Rat der Seher und Magier. Meine Güte, das ist eine ganz verschrobene Gemeinschaft. Glücklicherweise sind sie ... nun, ich will dir nicht zu nahe treten, Silk, aber sie sind etwas rückständig, in jeder Beziehung. Und so war es möglich, Silk zunächst mit nach Elfame und dann nach Devil’s Castle zu nehmen.«
»Er war schon zu lange tot«, bemerkte ich. Ich erinnerte mich genau an Lances Gebrüll – er hatte gewollt, dass ich aus Silk einen Vampir mache. Doch es hatte nicht in meiner Macht gestanden.
Dygwion zuckte mit den Schultern. »Genaugenommen schon, deswegen habe ich ihn ja auch erst nach Elfame gebracht. Du weißt ja, die Zeit hat dort ... eine andere Bedeutung.«
Und erst jetzt wurde mir klar, wie mächtig Dygwion war. Er grinste breit, und ich nahm an, dass er in meinen Gedanken gelesen hatte.
»Bleibt für ein paar Tage«, bat ich. »Es gibt einige Dinge, die ich gern erfahren würde, aber im Moment bin ich noch so schwach. Ich kann das alles noch nicht wirklich begreifen.«
Der Elf griff nach meiner Hand und hauchte einen Kuss auf meine Handfläche. Das war ein sehr intimes Zeichen seiner Freundschaft, und ich war überrascht über diese Geste.
»Ich lasse Silk bei euch, wenn es dir recht ist. Er muss noch so viele Dinge lernen, die seine neue Existenzform betreffen. – Wir haben noch genug Zeit, um miteinander zu reden.«
Mit diesen Worten stand er auf und verschwand einfach.
»Ich dachte, du könntest dir nicht vorstellen, unsterblich zu sein ...«, sagte Alex am nächsten Abend lächelnd. Sie saßen zusammen in dem großen Salon, der einen wunderschönen Blick auf die Terrasse und den kunstvoll beleuchteten Pool gewährte.
Silk lächelte ihn offen an. »Manchmal kommt es anders, als man denkt. Womit ich nicht sagen will, dass ich das alles schon vollkommen verstanden habe. – Dygwion ist kein guter Lehrmeister, und er ist ja auch keiner von euch.«
»Wie fühlst du dich nun?« fragte Alex neugierig. Diese Welt musste faszinierend und erschreckend für ihn sein. Doch was überwog?
Silk schien ernsthaft über Alex’ Frage nachzudenken. »Es ist noch alles sehr ungewohnt, vor allem ...«, er zögerte, »das Bluttrinken.« Er erhob sich, eine fließende Bewegung voller Eleganz, und ging zu der gläsernen Tür, die einen Spalt weit offenstand. »Dygwion und ich hatten eine kleine Meinungsverschiedenheit zu diesem Thema, ganz zu Anfang.«
»Aber ich vermute, die hat er schnell beigelegt?«
Silk drehte sich um und zog eine Grimasse. »Das kann man so sagen ...«
Alex lächelte. »Blut ist wichtig für uns. Ohne Blut würdest du innerlich verdorren, vertrocknen. Dyg hatte recht damit, dass er sich in dieser Beziehung durchgesetzt hat.«
Der Junge murmelte etwas von: »Das hätte er auch erklären können ...«, und Alex grinste.
Er war grob.
»Er ist
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