Blutige Verfuehrung 1
lässt. Er hebt die Rotweinflasche hoch und sagt:
"Für mich gibt’s wohl nichts mehr?" Doch Mareike steht auf und holt eine weitere Flasche, die sie unter der Spüle deponiert hat. Dann wendet sich Ikarus an mich:
"Ich habe gehört, dass du jetzt bei uns wohnst, darf ich fragen in welchem Zimmer?" Mareike schaut mich fragend an. Ich antworte:
"In der Besenkammer, oder was hast du gedacht?" Ikarus schöne dunkelblaue Augen weiten sich, werden zu Kraterseen und seine breite Oberlippe, die von einem schmalen Bärtchen geziert wird, kräuselt sich:
"In der Besenkammer", echot er und sieht mich entgeistert an.
"Du weißt doch, dass Lucy-Ferry die Dunkelheit liebt und deshalb habe ich ihr eine Hängematte in der Besenkammer aufgespannt." Ikarus schüttelt den Kopf, sein Lächeln ist schief als er antwortet:
"Da hätte ich etwas Besseres zu bieten!" Ich lege meinen Arm um seine breiten Schultern und sauge seinen intensiven Körpergeruch ein.
"Danke, Ikarus, ich weiß dein Angebot zu schätzen", sage ich und gebe ihm ein kleines Küsschen auf die Wange. Es ist einfach zu gefährlich, wenn ich mich bei ihm einniste, außerdem wären da ja noch Ben und Lukas! Schließlich ist Ikarus ein guter Freund und ich weiß sehr gut, wie schlecht ich mich im Moment im Griff habe. Zum Glück habe ich erst ein Mal genug Blut getrunken und mein Durst kann vorerst auch mit Wein gestillt werden, doch die Versuchung bleibt. Dann erzähle ich auch ihm von meinem Plan, in die Karpaten zu fahren. Doch das ist keine Überraschung für ihn. Mareike hat ihm schon alles anvertraut. Er kommt meiner Frage, ob er auch mit dabei ist, zuvor und erklärt:
"Ich werde mich um den Proviant kümmern. Wenn wir länger als eine Woche unterwegs sind, müssen wir eben dort einkaufen." Ich falle ihm um den Hals.
"Danke Ikarus, ich bin so froh, wenn du mitkommst." Jetzt sind wir zu fünft, das ist fast zuviel für das Auto, doch ich bin trotzdem froh, dass ich so viele Begleiter habe. Meine Angst vor dem Treffen mit meinen leiblichen Eltern verursacht mir schon jetzt Magenschmerzen. Schließlich sind es echte Vampire und ich fühle mich ihnen nicht ebenbürtig. Die paar Mal, wo ich Blut getrunken habe, machen noch keinen Vampir aus mir. Wahrscheinlich lachen sie sich krumm über meine kleinen Abenteuer. Doch diese Bedenken kann ich meinen Freunden nicht begreiflich machen. Sie würden mich für verrückt erklären. Ikarus steht auf, er geht zur Anrichte und holt ein paar frische Feigen heraus, die er auf den Tisch legt, dann sagt er:
"Lasst es Euch schmecken, sie kommen direkt aus Griechenland!" Dann geht er in Richtung Badezimmer, dabei zieht er schon sein T-Shirt über den Kopf und zeigt uns seinen perfekten Oberkörper, denn Ikarus ist nicht nur braun gebrannt, seine Muskeln sind dank seiner Arbeit auf dem Großmarkt sehenswert. Mareike stöhnt leise, als er endlich im Badezimmer ist. Sie sieht mich mit einem resignierten Lächeln an:
"Manchmal tut es mir schon leid, dass ich mich wieder von ihm getrennt habe. Er ist so süß, aber leider ein Mamasöhnchen und elender Macho."
"Da hast du leider recht", sage ich und denke mir, dass mich das eigentlich nicht stören würde. Und zu Mareike hinter vorgehaltener Hand ergänze ich, damit Ikarus es nicht hören kann:
"Das muss dir nicht leid tun, oder hast du vielleicht Lust den Rest deines Lebens in einem griechischen Lebensmittelladen zu stehen und Feigen zu verkaufen? Schließlich wird er den Laden erben und damit ist dann seine Karriere als Schauspieler auch vorbei." Mareike nickt:
"Er glaubt ja selbst nicht an sein Talent, sonst würde er nicht im Großmarkt arbeiten. Außerdem war seine letzte Rolle als Bösewicht nicht gerade ein Erfolg."
Ikarus, der eigentlich Iraklis Galanis heißt, wohnt in Mareikes WG von Anfang an. Er ist mit ihr zusammen eingezogen, weil Mareike unsterblich in ihn verliebt war. Doch bald stellte sich heraus, dass Ikarus nicht nur ein Chaot war und sich an der Hausarbeit auf keinen Fall beteiligte, er war ein Macho erster Güte, der von seiner Mutter verwöhnt wurde. Sie brachte ihm frische Wäsche vorbei und putzte von Zeit zu Zeit sein Zimmer. Mareike war darüber so entrüstet, dass es dauernd Streit gab. Doch Ikarus war nicht zu beeindrucken. Er war der Meinung, dass es die Aufgabe der Frau war, ihm das Leben so angenehm wie möglich zu machen. Es kam wie es kommen musste. Mareike erklärte Ikarus, dass sie nicht die Putzfrau eines Egomanen sein würde und trennte sich
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