Blutige Verfuehrung 4
deinen Teil an Blut bekommen!" Sie blickte auf den Boden und wagte nicht, mich anzusehen. Dann ging sie sofort zur Tür und verschwand.
Ich hatte schon kostbare Zeit verloren. Ich nahm das Leintuch, das ich auf einen Stuhl gelegt hatte und ging an Mimis Bett. Ich zog die Decke von der Schlafenden, die nur noch ein schmales Kind war. Sie wirkte so zerbrechlich, dass mir beinahe die Tränen kamen. Doch ich musste handeln. Ich wickelte sie vorsichtig ein. Überall an den Armen hatte sie Einstiche und auch an ihrem Hals sah ich zwei verräterische Narben. Es musste sie jemand gebissen haben. Das war natürlich eine Katastrophe. Mimi würde irgendwann zum Vampir werden. Trotzdem musste ich jetzt meinen Plan in die Tat umsetzen.
Ich blickte zur Türe hinaus, dann ging ich bis zum Refektorium und lauschte. Es schien niemand darin zu sein. Ich schloss die Tür, ging zurück und holte Mimi aus ihrem Bett und legte sie mir über die Schulter. Dann ging ich so schnell ich konnte mit meiner Bürde in Richtung Ausgang. Ich musste auch die Gruft durchqueren, in der noch immer mein unberührter Sarkophag stand. Inzwischen hatte man den Deckel darauf gelegt.
Es war ziemlich dunkel, doch ich kannte den Weg inzwischen gut genug, um ihn auch in totaler Finsternis zu finden. Ich stolperte mit Mimi auf meiner Schulter den steilen Pfad hinunter. Ich rutschte auch ein paar Mal aus und hätte meine kostbare Fracht beinahe fallen lassen.
Als ich endlich unten an kam, sah ich schon die Scheinwerfer des Maserati am Eingang des Parks. Ich beschleunigte meine Schritte und brachte Mimi zum Auto. Mario war bereits ausgestiegen und wir verfrachteten Mimi wieder in den Kofferraum. Dort waren noch ein Kissen und eine Decke, in die wir sie einwickelten.
"Ich hoffe, dass alles gut geht.", sagte ich und klopfte Mario auf die Schulter. Er stieg wortlos ein und brauste los.
Ich ging wieder zurück in unser Domizil.
6. Die Verschwörung
Auf dem Rückweg fiel mir ein, dass ich Mario nicht gesagt hatte, dass Nicholas inzwischen in Österreich unterwegs war, um seine Schwester zu suchen. Dass er auf der Hut sein musste, um ihm nicht zu begegnen. Doch dann beruhigte ich mich wieder. Es gab so viele Raststätten und eine Begegnung wäre wirklich ein großer Zufall.
Ich kam schon nach ein paar Minuten wieder zurück und stahl mich heimlich durch die Gruft in den Gang vor das Refektorium. Gerade als ich an der Tür vorbeigehen wollte, wurde sie geöffnet. Orlando stand im Türrahmen mit einem triumphalen Lächeln im Gesicht.
"Du glaubst doch nicht wirklich, dass du hier ungesehen ein- und ausgehen kannst.", sagte er und griff nach meinem Arm.
"Du bist schon wieder gesund?", stammelte ich verlegen.
"Na, mit dem hervorragenden Stoff, den mir Mario verabreicht hat, war das keine große Kunst!", sagte er und öffnete demonstrativ sein Hemd. Eine hässliche Narbe, die seine linke Seite in zwei Hälften teilte, kam zum Vorschein. Doch sie war bis auf eine leichte Rötung komplett verheilt. Dann ließ er mich los und ging zwei Schritte zurück. Mit einer weit ausholenden Handbewegung verneigte er sich galant vor mir und sagte:
"Meine Fürstin, ich lege euch mein Leben zu Füßen! Verfügt über mich!" Mir war eigentlich nicht nach Lachen zu Mute, doch Orlandos Benehmen war so komödiantisch, dass ich doch lächeln musste. Aber sein Gesichtsausdruck verfinsterte sich so schnell, dass mir mein Lächeln im Halse stecken blieb.
"Wie kannst du es wagen, die Kleine zu entführen!", fauchte er mich an.
"Ich habe alles aufs Spiel gesetzt, sie hierher zu bringen und du mit deinem kindischen Mitleid machst alles zunichte." Ich sah ihn sprachlos an. So kannte ich ihn noch gar nicht. Seine Augen sprühten Feuer und seine Fangzähne blitzten aus den Mundwinkeln.
"Wie kannst du es wagen, so mit mir zu sprechen?", sagte ich unwirsch. Er hatte wohl noch nicht begriffen, wen er vor sich hatte.
"Ich bin die Fürstin und ich habe Mario erlaubt, Mimi nach Österreich zu bringen, damit sie dort gefunden wird. Sie hat für uns keinen Wert mehr, denn sie ist mehr tot als lebendig. Außerdem ist das die einzige Lösung für mich und Nicholas. Er darf nie erfahren, dass wir seine Schwester gekidnappt hatten. Auch du musst das für dich behalten, falls du ihn einmal siehst."
Doch Orlando war nicht so schnell einzuschüchtern. Er lief wie ein aufgescheuchter Löwe im Käfig umher und blieb dann wieder vor mir stehen:
"Was bietest du mir an, wenn ich den Mund halte?", zischte
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