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Blutige Vergeltung

Blutige Vergeltung

Titel: Blutige Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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starrte.
    Zum Glück sah es nicht menschlich aus. Naja, nicht zu sehr.
    Du kannst nicht mehr klar denken. Reiß dich zusammen!
    Gerade als ich meine Kräfte sammelte, um genau das zu tun und meinen Geist aus einer psychologischen Sackgasse herauszuholen, erstarrte ich plötzlich und legte den Kopf in den Nacken. Dann blickte ich zu den Neonröhren an der Decke, die träge hin und her baumelten.
    „Jill?“ In Leons Stimme lag ein Anflug von Panik, noch behielt er die Nerven, aber er fühlte sich definitiv unwohl. „Ich will verflucht noch mal wissen, was hier vor sich geht, hörst du!“
    Ich auch. Aber ich glaube, ich hab gerade einen Geistesblitz. „Psst.“ Der Gedanke kreiste in meinem Kopf herum, dann griff ich ihn mir.
    In den Tiefen meines Hirns hörte ich Irenes Stimme. Auf seiner Kreditkarte stand Alfred Bernardino. Ein gelackter Italiener, breit gebaut und stark behaart.
    Dann ertönte das Echo von Carp aus einer Entfernung von einigen Tagen und weiter Dunkelheit: Sie reden weder mit mir noch mit Bernie – seinem Partner. Aber es scheint mir schlecht möglich, dass einer von ihnen Auala erschossen hat.
    Bernie von der Sitte. Ein Italiener, gebaut wie ein Hafenarbeiter und mit einer großen Klappe – was einem bei der Sitte immer gelegen kommt. In seinen kurzen Wurstfingern hielt er stets eine Zigarette ohne Filter. Und er war Pedro Ayalas Partner.
    Auf einmal fiel es mir wie Schuppen von den Augen, die Erleuchtung kam wie in grelles Neonlicht getaucht, das über mir erneut zu flackern anfing. Als die Verpestung durch die Anhänger der Hölle nachließ, wurde die Lagerhalle wieder heller. „Heiliger Bimbam“, hauchte ich. „Leon, ich bin ein Idiot!“ Großmütig, wie er war, sparte er sich einen Kommentar. „Können wir jetzt endlich von hier verschwinden?“
    „Unbedingt. Lass uns zurück zu Galina gehen, ich muss mit Carp sprechen!“

23
     
     
    Der Morgen graute. Ich sah Galina an den Augen an, dass sie völlig übernächtigt war. „Gott sei Dank bist du da“, begrüßte sie mich. „Deinem Detective geht’s gut, aber diese Traderin …“
    Oh mein Gott. Was ist jetzt wieder los? „Muss ich sie umlegen?“ Dabei klang ich abgespannt, kein gutes Zeichen. Leon seufzte, lehnte sich gegen die Tür, und Galina reichte ihm ein gekühltes Bier.
    Der nette Bewahrer von nebenan ist doch einfach durch nichts zu ersetzen! Hat immer da, was du gerade brauchst. „Sie sitzt oben im Gewächshaus und heult. Sie wollte abhauen, aber du hast ja gesagt, dass sie hierbleiben soll. Es geht um irgendeinen Fairfax und …“
    „Ich kann sie umlegen“, bot Leon hoffnungsvoll an, öffnete mit einem Knacken seine Dose und schlürfte ihren Inhalt. Der Eyeliner machte seine Augen zu finsteren Löchern und die Ringe darunter noch tiefer. „Um meiner Nacht wenigstens einen Höhepunkt zu verleihen.“
    Eigentlich heulen Trader nicht, es sei denn, sie erhoffen sich einen Vorteil davon. Trotzdem hatte sie Carp das Leben gerettet. Um ihr eigenes zu schonen zwar, aber immerhin. Ich stieß einen Seufzer aus, vor allem vor Erschöpfung und ein bisschen auch, weil ich genervt war.
    „Noch nicht.“ Zumindest nicht heute Nacht-oder überhaupt heute. Es dämmert ja schon. „Wo ist Carp?“, wollte ich wissen.
    „Im Bett. Ich habe ihm ein Beruhigungsmittel gegeben. Ich glaube, er übersteht es, wenn er die Albträume loswird.“ Auch Galina seufzte. Sie war wirklich eine zarte Seele.
    Manchmal stimmte mich das nachdenklieh. Wenn ich jemals so sensibel gewesen wäre, hätte mich das Leben dann abgehärtet? Hätte ich die Ausbildung zur Jägerin und die Nächte danach überlebt, wenn ich auch nur einen Funken Sanftmut in mir gehabt hätte?
    Kim zentrier dich aufs Hier und Jetzt, Jill. „Kann er sprechen?“
    Galina zuckte mit den Schultern und steckte die Hände in die Taschen ihres grauen Strickpullis. Sie sah aus, als könnte sie selbst eine oder zwei Mützen voll Schlaf gebrauchen. „Kommt drauf an, worüber du mit ihm reden willst. Mathematische Gleichungen wird er zurzeit nicht hinbekommen, aber er ist klar.“
    Oben in dem Gästezimmer über dem Laden lag Carp völlig reglos unter einer altmodischen gelben Tagesdecke. Er war käseweiß, sein rotblondes Haar war verwuschelt, und obwohl Galina das Blut abgewaschen hatte, glänzte die Wunde an seinem Kopf noch immer feucht. Er starrte mich durch das einfallende graue Licht an, während der mächtige Schutzzauber des Refugiums die Fensterscheiben summen ließ. Ich

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