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Blutige Vergeltung

Blutige Vergeltung

Titel: Blutige Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
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kam ein sehr großer und sehr wütender Theron auf mich zugestapft, der sich seinen Weg durch die murmelnde, summende Menge bahnte.
    Sogar die gerahmten Bilder von Filmstars an den Wänden wackelten, Glas und Holz vibrierten. Theron packte mich an den Schultern, musterte mich streng und schüttelte mich zweimal so kräftig, dass mein Kopf vor- und zurückwippte und es in meinen Ohren rauschte.
    Ich ließ ihn. Ein Raunen ging durch die Anwesenden, und dann klopfte man Leon ein paar Mal auf die Schulter. Ein Wervogel hauchte ihm zur Begrüßung ins Gesicht, und Leon nickte grinsend und hielt die Daumen hoch, vor allem, als ihm jemand ein gut gekühltes Bier reichte.
    „Herrgott noch mal, Jill!“ Wieder schüttelte Theron mich. „Was zum Teufel soll ich denn Saul erzählen, hä? Wo warst du? In deinem Haus wimmelt es vor Höllenbrut …“
    „Beruhig dich“, rief ich über den ganzen Trubel hinweg. Carps Akte und die Bücher klemmte ich mir unter den linken Arm. „Wir haben nicht viel Zeit.“
    Das ausgelassene Geplapper ebbte ab, und mir fiel eine kleine Unstimmigkeit auf: Unter all den Werwesen entdeckte ich das Gesicht eines Menschen.
    Gilberto Rosario Gonzalez-Ayala lehnte an der Bar und sah den Werköchen bei ihrem emsigen Treiben in der Küche zu. Als Amalia an ihm vorbeiging, reichte sie ihm eine Flasche Bier, dabei sah der Kleine bestimmt nicht alt genug zum Trinken aus. In diesem Moment drehte sich der Junge um, betrachtete die Einrichtung des Micky’s und erblickte dann mich. „Was zum Teufel hat er hier zu suchen?“
    „Ist einfach aufgekreuzt. Die 51s haben ihn geschickt, um nach uns zu sehen, nachdem man dich auf dem Weg aus ihrem Revier mit einer Brandbombe angegriffen hat. Anschließend sind die Kerle, die dein Auto auf dem Gewissen haben, in den Teil des Barrios gegangen, der den 51s gehört. Geht ganz schön ab, da unten.“
    Scheiße. Wie sollte ich das nun wieder regeln?
    Eins nach dem anderen, Jill. Sosehr ich sie auch verabscheute, aber Bandenkriege waren nicht mein Problem. Ich hatte wahrlich Besseres zu tun.
    Jemand drehte das Türschild auf „Geschlossen“, ich nahm einen Tisch im hinteren Teil des Speisezimmers, weit weg von den Fenstern, in Beschlag, und die Werwesen versammelten sich um mich. „Okay, jetzt mal Ruhe im Salon!“
    Es kehrte Stille ein, und ich atmete tief durch, als ich in die erwartungsvollen Augen blickte. „Ladies und Gentlemen, die Lage ist ernst. In Santa Luz gibt es eine Höllenbrut, die mithilfe einiger Polizisten Scurf in die Stadt einschleust, um sie als Aufräumkommando im Rahmen einer miesen kleinen Organ-Klau-Kampagne zu benutzen. Coyotes schmuggeln illegale Einwanderer über die Grenze, die man dann wie alte Autos ausschlachtet, die Überreste werden entsorgt. Ihre Organe werden auf dem Schwarzmarkt verkauft. Aber die Scurf dienen nicht nur dazu, die Reste aufzufressen. Es finden Experimente statt.“
    Die Stille im Raum war drückend geworden, presste sich auf meine Haut. Ich fuhr fort. „Experimente an Scurf, Experimente mit Scurfgewebe, Experimente, die sich durch diesen Organhandel finanzieren.“
    „Was für Experimente?“ Amalia balancierte ihr Tablett auf gespreizten Fingern, angespannt und wachsam, nicht mal die Federn in ihrem Haar rührten sich.
    „Ich weiß es nicht.“ Ich legte die Rechnungsbücher und Carps unordentliche Aktenmappe auf den Tisch, die aus allen Nähten platzte. Alles in allem zeichneten sie ein ziemlich überzeugendes Bild von Korruption, zumindest was den Organraub betraf. Aber wenn man unter die Oberfläche des Offensichtlichen sah, dann stieß man auf etwas anderes, eine Bedrohung, die wie eine riesige Hand über meiner Stadt schwebte und jeden Augenblick alle wie Ameisen unter sich zerquetschten konnte.
    „Die Bestechungsfälle in den Reihen der Polizei ziehen sich bis nach ganz oben. Wie weit genau, kann ich noch nicht sagen.
    Der Cop, den ich in Verdacht hatte, das Attentat auf mich im Barrio angeleiert zu haben, ist schon seit Tagen tot.“ Ich ließ den Blick über die Köpfe der Werwesen bis zum Rand der Versammlung wandern, wo Gilberto stand und mit der Hüfte an dem langen Frühstückstresen lehnte, an dem die Trucker manchmal saßen – und jeder andere, dem es nichts ausmachte, sein Frühstück wie einen Eishockeypuck zugeschoben zu bekommen. Seine gelangweilten Augen verengten sich.
    Unsere Blicke trafen sich für eine lange Weile. „Senior Gilberto?“ Was weiß dieses Bübchen von der Schattenseite?

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