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Blutiger Frühling

Titel: Blutiger Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara von Bellingen
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zusammen und spitzte die Lippen zu einem ungeschickten Kuss. »Wenn du meinst, ich hab nur heiße Luft im Sack«, knurrte er, »dann lass dir sagen, Süße: bei mir reicht’s für mindestens drei von deiner Sorte – pro Nacht.«
    Die Frau kreischte ein drittes Mal. Hannes, der so unanständige Reden nicht gewohnt war, senkte den Kopf und versuchte hastig seine Schamröte zu verbergen. In diesem Augenblick traten zwei weitere Männer in das Refektorium ein: ein breit gebauter, vierschrötiger Kerl mit einem mächtigen Brustkasten und großen, muskulösen Händen, der um die vierzig Jahre zählen mochte, und ein größerer, schlankerer, etwas jüngerer Mann, an dem vor allem der kantige Kopf und die heftigen, ruckartigen Bewegungen auffielen.
    Beide waren aufs Feinste gekleidet. Der Vierschrötige trug eine rotseidene Schaube und schwarzweiß gestreifte Hosen, funkelnagelneue Kuhmaulschuhe in blankem schwarzem Leder und ein rundherum mit sorgfältig gekräuselten weißen Straußenfedern geschmücktes blaues Barett, das am Rand die modischen Kerbschnitte aufwies. Der andere, höher Gewachsene dagegen hatte eine Weste aus glänzend gebürsteter gelber Wolle auf dem Leib, die wohl für einen Mann mit mehr Leibesfülle gemacht gewesen war. Denn sie musste mit einem Gürtel aus grellrotem Leder zusammengehalten werden. Die Hosen des Schlanken und Jüngeren waren leuchtend grün. Durch seinen Hut – schwarz und üppig mit gelbroten Federn verbrämt – wurde die Vielfalt der Farben seines Anzugs noch vermehrt. Das Ergebniswar ein papageienhaft bunter Anblick, der einem schon die Sprache verschlagen konnte.
    Hannes starrte hin. Doch sobald die Anwesenden der beiden Neuankömmlinge gewahr geworden waren, brachen sie in wüste Hochrufe aus. »Vivat, Jäcklein«, ertönten Jubelschreie, »Vivat, Metzler-Georg! Unsere Gewaltigen sollen leben!«
    Eine ganze Anzahl Männer sprang von den Bänken auf. Sie umringten Metzler und Rohrbach. Die einen klopften ihnen auf die Schultern, die anderen zogen die Hüte und verbeugten sich tief. Bei fast allen wurde deutlich, dass sie bereits viel zu viel getrunken hatten.
    Plötzlich wich alles von der Tür zurück, und auch Metzler und Rohrbach traten einen Schritt beiseite. Eine Frau hatte sich genähert – eine alterslose, schlanke Gestalt in einem Kleid aus verblichenem rotem Leinen. Sie schritt jetzt ungeniert, straff und mit geschmeidigen Bewegungen in den Kreis der Männer hinein und wählte sich einfach einen Platz am Kopfende der langen Tafel.
    Niemand stellte sich ihr in den Weg oder versuchte, sie vom Tisch der Hauptleute abzuhalten. Ihr dunkles, etwas unordentlich zu einem lockeren Knoten aufgestecktes Haar glänzte im Schein der Kienspäne, die inzwischen angezündet worden waren. Ihre schwarzen, eigenartig unbewegten Augen funkelten.
    Sie war nicht schön, diese Frau, und ihre Kleidung war auch nicht sonderlich auffallend – aber etwas an ihr bewirkte, dass man sie immerfort ansehen musste. Hannes Rebmann stellte fest, dass seine Fäuste sich geballt hatten – so, als müsse er sich gegen irgendetwas wehren. Die Frau mit den schwarzen Haaren hatte den Blick auf ihn geheftet und lächelte ...
    Hannes empfand ihren Blick wie eine unerwünschte Berührung. Er musste wegschauen. Die Haare im Nacken hatten sich ihm aufgestellt. Aber das Refektorium verlassen durfte erjetzt nicht – es ging ja um die Planung des Feldzuges, und er musste doch hören, wie entschieden wurde.
    »Brüder«, tönte eine raue, aber tragende Stimme durch das Gewölbe des Refektoriums, »ich sehe, ihr seid alle vollzählig versammelt und habt auch dem Essen und dem Wein schon kräftig zugesprochen. Das werden der Metzler-Georg und ich jetzt ebenfalls tun. Und dann –« Jäcklein Rohrbach ließ den Blick in die Runde gehen, »dann beraten wir, wo wir sie packen wollen, die adligen Spitzbuben und pfäffischen Heuchler. Es ist so weit ... die uns geplagt und ausgesogen haben, sie müssen nun zahlen! Nicht nur in barer Münze, in Gütern und Vorräten – nein, auch in Blut. Sie sollen uns das Blut der Unsrigen vergelten. Wir müssen unsere Rache haben!«
    Kein Wort mehr von den Zwölf Artikeln. Hannes Rebmann wunderte sich. Seit er mit seinen Leuten im Kloster angekommen war, hatte er immer nur solche Worte gehört, wie Jäcklein Rohrbach sie eben ausgesprochen hatte. Ja, ging es denn nicht mehr darum, den Fürsten die Anerkennung der Zwölf Artikel abzutrotzen? Wie waren Jäcklein Rohrbachs Forderungen

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