Blutiger Frühling
Hannes, wie er errötete. Eine von ihnen trug doch tatsächlich rein gar nichts unter ihrem Mieder; die Spitzen ihrer recht üppigen Brüste lugten unbedeckt über das Geschnür und lagen den Blicken aller Anwesenden offen zutage. Eine zweite Magd – wenn man sie so nennen durfte – hatte sich den Rock so hoch geschürzt, dass Hannes den Ansatz ihres fleischigenlinken Schenkels sehen konnte. Und auch ihr Mieder wahrte kaum ein Geheimnis über die Form und Größe ihrer Brüste. Die beiden Übrigen hielten sich schicklicher und suchten den anderen durch fantastisch anmutenden Federschmuck in den zerzausten Haaren Konkurrenz zu machen. Alle aber warfen Hannes, der im Eingang stehen geblieben war, eindeutig lockende Blicke zu.
Er musste sich zwingen, an den Tisch heranzutreten und seinen Platz zu beanspruchen. Es kostete ihn große Überwindung, die drei, vier Schritte zu tun und einen der Hauptleute ganz unten an der Tafel anzusprechen: »Sagt, Bruder, gestattet Ihr, dass ich mich neben Euch setze?«
Der Mann, ein Hüne mit breiten Schultern, fettigen schwarzen Strähnen und einer gewaltigen Hakennase, dessen Kleidung offenbar ganz aus Rauleder gefertigt war, drehte Hannes nicht einmal das Gesicht zu. »Halt es wie du willst, Bruder«, brummte er gleichmütig. »Platz ist genug – und zum Fressen und Saufen fährt der Jäcklein immer genügend auf. Schließlich ist er Wirt ...«
»Und nicht der Schlechteste«, ergänzte der Mann auf der anderen Seite des Tisches, ein dürrer, ausgemergelt wirkender Kerl mit gelber Haut, die mit ihren vielen feinen Fältchen wie gegerbt wirkte. »Er und der Metzler Georg – das sind Kerle, wie sie für unsere Sach taugen! Die Herren und Pfaffen sollen sich vorsehen, sag ich. Hab läuten hören, dass sich ihrer Hunderte auf Ostern zusammenfinden wollen ... und wenn das wahr ist, dann gnade ihnen Gott!«
Der schwarzhaarige Hüne lachte. »Mich gelüstet’s selber nach einem Tänzchen«, sagte er und bleckte die Zähne in einem raubtierhaften Grinsen. »Wir sind viele – und wir sind stark. Was gilt’s, Pfeifer-Hänslein? Gleich die erste Schlacht gewinnen wir!«
»Keine Frage.« Der Gelbhäutige grinste ebenfalls. »Undwenn es so weit ist, Meinhard ... dann ziehen wir in die Schlösser und festen Häuser ein, und die Herren dürfen mit unseren Hütten vorlieb nehmen. Dann tragen wir Damast und feine Seide, und die vom Adel kriegen, was wir abgelegt haben!«
»Ich seh schon, wie die dicke Edelfrau von Uffenheim in Sackleinen gehen muss!«, kicherte der Riese. »Das grobe Zeug wird sie weidlich jucken ...«
»Genau wie die raue Wolle von unseren heimischen Schafen!«
Die beiden Hauptleute brachen in kindisch anmutendes Gelächter aus. Hannes, der sich mittlerweile bei ihnen auf der Bank niedergelassen hatte, war eigentümlich berührt. War es der Wein, der diese Männer so albern reden ließ – oder hatten sie den Zweck des Krieges ganz vergessen?
»Aber es geht doch darum, bei den Herren die Zwölf Artikel durchzusetzen«, mischte er sich in das Zwiegespräch der beiden Kerle ein. »Wir wollen nicht mehr als recht und billig ist, und im letzten Artikel heißt es, dass wir auf alles verzichten, was die Heilige Schrift verbietet. Demnach also –«
»Bist du etwa auch so einer, der sich ins Hemd macht vor Angst, den lieben Herrlein wehzutun?« Der Riese mit den fettigen schwarzen Haaren musterte Hannes missgelaunt von der Seite. »Die Zwölf Artikel – pah! Man hat doch gesehen, wie unsere gar löbliche Obrigkeit damit verfahren ist! Gelacht haben sie über den Hipler und seine Zwölf Artikel. Und jetzt sind wir mit unserer Geduld am Ende!«
»Am Ende«, echote das Pfeifer-Hänslein.
Meinhard streckte den Arm aus und schlang ihn um eine der Mägde, die mit einem Krug vorbeiwollte. »Das hier«, sagte er mit einem lüsternen Blick auf den wogenden Busen der Frau, »das ist’s, was wir wollen – frei fressen, frei saufen, frei –«
»Schießen«, ergänzte Pfeifer-Hänslein und kniff die Magd in den drallen Hintern. Die Frau kreischte auf. Im gleichen Atemzug zwinkerte sie den Riesen an.
»Richtig, schießen«, sagte Meinhard, »und das richtige Wild ist ja vorhanden.« Damit kniff auch er die Frau.
Die kreischte noch einmal und tat, als sei sie erschrocken. »He, Großer«, flötete sie, während sie Meinhard ein anzügliches Lächeln widmete, »kannst du’s nur mit dem Maul – oder sind auch deine anderen Körperteile zu brauchen?«
Meinhard kniff ein Auge
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