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Blutiger Frühling

Titel: Blutiger Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara von Bellingen
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    Albrecht musste an Anna Elisabeth denken. Plötzlich sah er ihr Antlitz vor sich, ihre nachdenklichen dunklen Augen. Hatte der Geyer nicht völlig Recht? War Annas Freiheit nicht gleich seiner? Vielleicht, wenn der Kampf gegen die Fürsten gewonnen werden konnte, brauchte er gar keinen falschen Stammbaum mehr für Anna und konnte sie zum Weib nehmen, ohne ihre wahre Herkunft verschweigen zu müssen. Reiche Bürgerstöchter gingen ja auch in den Adel ein, ohne dass ihre Eheherren dadurch in Schande gerieten.
    Die Tür schwang auf. Herein trat die kleine Küchenmagd, in die Christoph immer noch so schrecklich verliebt war. Sie brachte eine Schüssel mit Geselchtem, einen halben Laib grobes dunkles Brot, einen Krug Bier und zwei zinnerne Becher. Wie hieß das reizende Kind doch gleich ... Hedwig...?
    Albrecht bedeutete ihr, von dem Bier einzuschenken. Hedwig errötete bis in den kraus gelockten Haaransatz. »Sofort, Herr«, flüsterte sie angespannt und stellte schnell das Tablett mit Schüssel, Brot und Bechern auf die Kleidertruhe beim Eingang. Dann tat sie, was ihr befohlen worden war, und reichte Albrecht den Becher zuerst.
    Der runzelte missbilligend die Brauen. »Ist das Gastfreundschaft, Hedwig?«, tadelte er. »Hast du es so gelernt in meinem Haus?«
    Hedwig stand da wie mit Blut übergossen. Sie begann zu zittern, suchte verzweifelt nach einer Antwort.
    »Nun ... gib den Becher zuerst unserem Gast«, sagte Albrechtum vieles milder, in dem Versuch, das zu Tode erschrockene Mädchen wieder zu beruhigen. Hedwig gehorchte bebend. »Ich bitte vielmals um Vergebung«, hauchte sie, während sie mit zierlichen Fingern auch ihrem Herrn einschenkte. Doch als sie ihm den Becher reichte, zitterten ihre schmalen Hände so sehr, dass sie beinahe das Bier verschüttete.
    Albrecht betrachtete Hedwig. Wie wenig auch sie doch von einem Edelfräulein zu unterscheiden war – einmal abgesehen von der ärmlichen, sogar zerlumpten Kleidung, die Hedwig eindeutig als Bauernkind auswies, und natürlich von ihrer unterwürfig demütigen Art. Was die Freiheit wohl aus ihr machen würde?
    Florian Geyer hatte sich ein Stück Brot von dem Laib abgebrochen und sich dazu einen Brocken Fleisch aus der Schüssel genommen. Er biss ab, kaute schweigend, nahm einen Schluck Bier dazu. Und er schien nicht geneigt, die Unterhaltung mit Albrecht fortzuführen, bevor er nicht eine Antwort auf seine letzten Worte erhalten hatte.
    Albrecht schickte Hedwig hinaus und nahm sich ebenfalls Brot und Fleisch. Doch ihm war es plötzlich unmöglich, zu essen. Denn völlig überraschend und für ihn erst einmal auch schwer zu fassen war ein Entschluss in ihm gereift. Es war so plötzlich geschehen, dass ihm diese Tatsache beinahe den Atem benahm.
    »Mir stehen ungefähr sechsundzwanzig gute Männer zur Verfügung«, sagte er ohne Überleitung zu Florian Geyer, »sechs aus dem Dorf, die restlichen von der Burg. Sicher, das sind nicht viele – aber sie sind waffenfähig und durch und durch zuverlässig. Das macht sie wertvoll.«
    Florian Geyer blickte nicht von seiner Mahlzeit auf. Er ließ sich Zeit mit der Antwort. »Ich wusste, ich hatte Euch richtig eingeschätzt, Albrecht«, sagte er schließlich. »Ihr seid aus gutem Stamm und habt ein Hirn, wo so mancher andere Edelmannnur einen hohlen Schädel hat. Wie schnell können Eure Leute reisefertig sein?«
    »Sofort, wenn ich es wünsche«, gab Albrecht zurück.
    »Dann sollten wir den morgigen Tag als Tag der Abreise ins Auge fassen«, meinte Florian Geyer nüchtern. »Ich habe meinen Leuten hinterlassen, ich käme binnen sechs Tagen zu ihnen zurück.«
    »Und wohin soll der Marsch gehen?«, forschte Albrecht.
    »Zuerst nach Würzburg«, erklärte Florian Geyer. »Dort wird immer noch verhandelt, und ich meine, man muss den Parteien genügend Zeit lassen, sich zu einigen. Gelingt es aber wieder nicht, zu einem gemeinsamen Entschluss zu kommen, und trampeln die Herren weiterhin mit Füßen auf den Zwölf Artikeln herum, dann ...« Er unterbrach sich und nahm einen Schluck aus seinem Becher.
    »Was dann?«
    »Dann werden die Bauernheere aus dem Neckartal und Odenwald sich vereinen und gegen Fürsten und Pfaffen in den Krieg ziehen«, sagte Florian Geyer leise. »Dann wird das Osterfest kein Fest des Friedens, sondern der blutigen Entscheidungen werden.«

 
     
     
     
     
    A uf den kleinen Wellen, die von der Mitte des Flusses her wie spielerisch ins sprossende Uferschilf rollten, blitzten letzte

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