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Blutiger Frühling

Titel: Blutiger Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara von Bellingen
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Abendstern war kaum noch zu erkennen – Albrecht musste die Augen anstrengen, um seinen schwachen Lichtpunkt auszumachen. Plötzlich sehnte er sich so sehr nach Anna, dass ihm das Gefühl Schmerzen bereitete. »Wie immer dem auch sei, Vetter«, sagte er abrupt zu Florian Geyer, indem er aufstand und die Beine streckte, »mir lastet die Müdigkeit auf einmal wie Blei auf den Lidern. Ich lege mich schlafen.«
    »Recht habt Ihr«, gab der Geyer lächelnd zurück. »Träumt von Eurer Schönen – und nehmt mir meine abfälligen Worte nicht übel. Es sind die Worte eines alten Mannes. Aber Ihr seid jung, Wolf von Weißenstein, und braucht Euch noch nicht drum zu scheren ...«
     
    »Es gibt Regenwetter«, sagte Gertrud und setzte ihr »weises« Gesicht auf, wie Anna Elisabeth es immer nannte. »Über demTeich ist die Luft ganz milchig, und den Himmel kann man kaum noch sehen.«
    »Die Sterne auch nicht«, piepste das kleine Mariechen.
    »Obwohl es doch schon fast dunkel ist«, setzte der Michel hinzu, der sich hin und wieder darin gefiel, noch einmal den kleinen Jungen zu spielen.
    Anna Elisabeth runzelte die Brauen. »Hast du den Stall ausgemistet, wie ich’s dir aufgetragen hatte?«, fragte sie ihn.
    Michel machte ein schuldbewusstes Gesicht. »Schon«, murmelte er, »aber nit so richtig ...«
    »Was denn nun – ist der Stall sauber oder nicht?« Anna Elisabeth ließ es nicht bei einer so ungewissen Antwort bewenden.
    »Halb«, sagte der Michel. »Aber wenn ich jetzt schnell raus- geh und die letzte Eck auch noch ausräum – dann wär’s ganz fertig ...«
    Anna Elisabeth tat, als sei sie bitterböse. »Ich sag dir, Kerl«, begann sie, »wenn du nicht auf der Stelle –«
    »Bin ja schon halb draußen«, unterbrach sie der Michel hastig. »Bloß ...«
    »Bloß – was? Raus ... oder ich mach dir Beine!«
    »Aber ich –«
    »Läufst du jetzt nicht los und tust deine Arbeit, kriegst du später dein Abendessen nicht«, sagte Anna Elisabeth, so ernst sie es fertig brachte.
    Es fiel ihr mittlerweile schwer, ihre Belustigung über den Jungen zu verbergen.
    Der zögerte immer noch. »Ich hab nämlich noch was zu melden«, sagte er mit plötzlich wichtiger Miene. »Wirklich, Anne- lies – was Wichtiges!«
    »Nichts könnte so wichtig sein wie ein sauber ausgemisteter Stall«, entgegnete Anna Elisabeth streng. »Jetzt mach dich hinaus, Michel – bevor ich wirklich böse werde.«
    »Gut«, murrte der Junge, »dann kriegst du die kleine Rolle eben erst später.« Er wandte sich zur Tür. Aber Anna Elisabeth horchte auf. »Was für eine kleine Rolle?«
    Michel blieb stehen, den Rücken ihr zugewandt. »Ich soll doch zuerst den Stall sauber machen ...«, brummelte er.
    »Was für eine kleine Rolle?«, wiederholte Anna Elisabeth ihre Frage.
    Michel drehte sich um. »Also, heute ... da kamen Fahrende vorbei«, fing er an, »und die hielten vorne am Weiher und wollten –«
    Anna Elisabeth wurde ungeduldig. »Wirst du mir wohl meine Frage beantworten?«, forderte sie. »Ich will wissen, von was für einer kleinen Rolle du sprichst!«
    Michel setzte eine schulmeisterliche Miene auf. »Du musst mich schon ausreden lassen, Annelies«, sagte er und stelzte mit einigen gravitätischen Schritten von der Tür in die Mitte des Raums zurück. »Also, diese Fahrenden – die wollten ihr Pferd am Weiher saufen lassen, und ich warnte den Mann, weil das Ufer ja so aufgeweicht ist und das Tier leicht zu tief einsinken könnte. Der Mann war mir auch sehr dankbar, und dann hat er es ausgeschirrt, und ich –«
    »Komm zur Sache, Michel!«
    »Ja, ja.« In Michels Augen blitzte es schelmisch. »Also, wie der Mann mit Tränken fertig war, fragt er mich doch: ›Wohnt hier eine Jungfer mit Namen Anna Elisabeth?‹ Ich sage: ›Ja, so eine wohnt hier.‹ Weil dein wahrer Name ja Anna Elisabeth ist, Annelies.« Er sah sie mit schelmisch funkeldem Blick an und ließ sich Zeit mit der Fortführung seines umständlichen Berichtes. »Und da meinte der Mann«, fuhr er endlich fort, »er hätte etwas an eine Jungfer Anna Elisabeth abzugeben, und wo die Jungfer denn wäre. Ich sagte: ›Die ist auf dem Feld beim Pflügen – das machen in diesem Jahr die Frauen, weil doch die Männer alle –‹«»Um des lieben Himmels willen, Michel«, fuhr ihm Anna Elisabeth in die Rede, »jetzt erzähl mir nicht auch noch, was du dem Fahrenden über die Männer aus dem Dorf berichtet hast! Ich möchte lediglich wissen, was es mit der kleinen Rolle –«
    Michel warf

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