Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Blutiger Frühling

Titel: Blutiger Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara von Bellingen
Vom Netzwerk:
seist, und meinte, ein Wolf müsse eben rechtens von Anbeginn seines Lebens den anderen an Größe voraus sein ...«
    Albrecht biss die Zähne zusammen. »Doch er weinte, als meine Mutter starb?«, fragte er gepresst.
    »Er war ... gefasst«, sagte Magdalene. »Auch er selbst war schließlich ohne Mutter aufgewachsen.«
    »Aus dem gleichen Grund wie ich?«
    Magdalene nickte. »Und sein Vater, den ich noch gekannt habe, nahm gleichfalls keine zweite Frau«, erwiderte sie.
    Die Magd kam wieder die Treppe herauf, einen ältlichen Priester im Gefolge. Dem folgte ein Knabe mit dem liturgischen Gerät und einer langen weißen Wachskerze, die noch nicht angezündet war.
    »Wo bleibt der Christoph?«, herrschte Albrecht die Magd mit unterdrückter Stimme an. »Ich hatte dir doch aufgetragen, ihn herzubestellen!«
    »Ich hab den Bub nirgends auftreiben können«, verteidigte sich das Mädchen erschrocken. »Und da sagte mir der alte Burkart, er hätt in den Wald wollen, um Knüppelholz zu sammeln fürs Feuer im Wachturm ...«
    »Schon gut.« Albrecht zwang sich zur Gelassenheit. »Du kannst ja nichts dafür, dass der Herumtreiber gerade aushäusig ist. Geh wieder nach unten und schick ihn herauf, sobald er zurück ist.«
    Das Mädchen knickste verschüchtert und huschte davon. Inzwischen hatte der Priester die Hand auf die Klinke gelegt und sacht die Tür aufgedrückt. Albrecht folgte ihm ins Krankenzimmer, während Magdalene auf dem Korridor zurückblieb.
    Herr Eberhart lag still da; sein Gesicht war nun beinaheebenso weiß wie das Leinen seiner Kissen. Er regte sich auch nicht, als der Priester an seine Seite trat. »Bin ich zu spät gerufen?«, fragte der Priester im Flüsterton. »Herr – könnt Ihr meine Stimme noch hören?«
    Der Alte öffnete langsam die Augen. »Schreien musst du nicht, Pfaffe«, flüsterte er mühsam, »noch höre ich gut genug ...«
    Die letzten Worte waren mehr einem schmerzlichen Stöhnen ähnlich gewesen. Der Priester neigte sich über den Kranken. »Ihr solltet Eure Seele erleichtern«, sagte er, einen drängenden Unterton in der Stimme. »Ihr werdet ruhiger in die Ewigkeit hinübergehen können, wenn –«
    »Halt’s Maul«, stieß Herr Eberhart hervor. »Mach kein Brimborium ... und erspare mir auch das elende Räuchern ... es nimmt mir den Atem ... und den brauche ich für das, was ich ... noch zu sagen habe ...«
    Er keuchte, rang nach Luft. Albrecht näherte sich seinem Lager von der anderen Seite. »Vater«, sagte er, »wir alle glauben, es geht mit Euch zu Ende. Ihr müsst nun –«
    »Deine Ratschläge brauche ich nicht, Hund«, schnitt ihm Herr Eberhart mit einem verachtungsvollen Blick die Rede ab. Er bäumte sich in den Kissen auf. Mit beiden Händen bekam er die Bettkanten zu fassen, stemmte sich dagegen, schaffte es aber nicht, zum Sitzen zu kommen. Langsam sank er wieder in sich zusammen. »Wo ... ist mein Sohn ... ?«, fragte er, während seine Augen unruhig suchten.
    »Ich bin hier, Vater«, erwiderte Albrecht ruhig, »an deiner Seite.«
    Herrn Eberharts Blick blieb auf Albrechts Antlitz haften. »Du ...«, kam es beinahe unhörbar von seinen Lippen, »du ... bist nicht gemeint ...« Er schaute zur Tür hinüber. »Wo ist ...«
    Seine Stimme riss abrupt ab. Plötzlich trat ein wilder Glanz in seine Augen; sein Mund öffnete sich, er tat einen heulenden Atemzug und versuchte noch einmal, sich aufzusetzen. »Verfluchtsollt ihr sein ... Verräter ...«, stieß er hervor, »zum Teufel mit euch allen ...«
    Der Priester hatte die Hand des Alten ergriffen. »Herr Eber- hart«, fragte er, »bereut Ihr Eure Sünden?«
    »Was ... Sünden ...« Eberhart Wolf von Weißenstein saugte noch einmal heftig den Atem ein. »Weg, Pfaffe ...«, knurrte er, »weiche von mir ... und spar dir deine Litaneien ... ich verlange nicht danach!«
    Der Priester zuckte zurück, doch er gab dem kleinen Ministranten einen Wink. Der Junge zündete an der mitgebrachten Laterne die lange Wachskerze an und reichte sie dem Priester. Der drückte sie dem Kranken in die abgezehrte Hand. »Pater noster – qui es in coelis – sanctificetur nomen tuum ...«, begann er zögernd zu beten.
    Herrn Eberharts Finger schlossen sich wie Krallen um das Wachslicht. Einen weitäugigen Blick warf er auf die flackernde kleine Flamme, dann schleuderte er die Kerze von sich. »Totenvogel«, hauchte er mit letzter Kraft und sah den Priester starr an, »schwarze Krähe ... der letzte Wolf vom Weißenstein ... fürchtet dich

Weitere Kostenlose Bücher